Unter Roms vornehmen Geschlechtern fand sich auch nicht ein Mann, der zum Heerführer taugte, und das Reich der Welteroberer wäre schon damals zusammengestürzt, hätte nicht Cajus Marius gelebt: Ein Mann aus dem Volke, aber tapfer, klug, und von großer Kriegserfahrenheit.
Furchtbare Gerüchte hatten die Zahl der anrückenden Feinde als unermesslich angegeben; wirklich soll sich dieselbe auch – ohne Weiber und Kinder – auf 300.000 rüstige Männer und Jünglinge belaufen haben. Der römische Senat sandte eiligst den Konsul Papirius Karbo gegen sie ab. Bei Noreia ( Noreia war ein antiker Ort im östlichen Alpenraum) , in der heutigen Steiermark unter den Judenburger Alpen trafen die Kimbern und Römer zusammen.
Die Teutonen hatten einen andern Weg genommen, und sich anfänglich gegen den Rhein gewendet, um dort neue Wohnsitze zu suchen.
Der Anblick der wilden Riesengestalten, ihre blitzenden Augen und seltsamen Waffen brachten unter den römischen Legionen die größte Bestürzung hervor, und diese wurde noch vermehrt durch den grässlichen Schlachtruf, in welchen sich das Getön der Schilder und Schwerter mischte.
Die Römer wurden nach kurzem Widerstand besiegt, aber die Kimbern verfolgten den Feind nicht; sie plünderten und zerstörten Noreia. Hierauf zogen sie den Teutonen entgegen, vereinigten sich mit ihnen, verheerten Gallien, Belgien und die meisten rheinischen Landschaften.
Von den damals noch gar mutigen Belgiern wurden sie jedoch zurückgetrieben, und auch von den Keltiberern in Hispanien, denn bis in dieses Reich hatten sie sich mit ihren Waffen Bahn gemacht. (Keltiberer: Im engeren Sinne eine Gruppe von Stämmen, die in vorrömischer Zeit im zentralen und nördlichen Spanien bzw. im Übergangsgebiet zwischen den iberischen Stämmen entlang der Mittelmeerküste der Iberischen Halbinsel und den keltischen Stämmen im Innern der Halbinsel lebte. Im weiteren Sinne ist damit fälschlich die Gesamtheit aller antiken keltischen und iberischen Stämme auf der Iberischen Halbinsel gemeint. Quelle Wikipedia).
Obgleich die Kimbern und Teutonen bei ihren Kriegsfahrten manchen Verlust erlitten, so gewannen sie doch immer wieder neue Stärke durch Stämme, die sich mit ihnen verbanden. Dies taten unter andern auch die Ambronen und Tiguriner, die damals in Helvetien (um das heutige Bern und Basel) ihre Wohnsitze hatten.
Vier Jahre lang dauerten die Drangsale, welche diese streifenden und schweifenden Scharen über einen Teil von Germanien und Gallien brachten.
Da fiel ihnen wieder das schöne Land Italien ein, und schnell wurde der Entschluss gefasst, sich dort bleibend niederzulassen. Doch wollten sie diesmal nicht gleich Gewalt brauchen, sondern die Römer freundlich um Gewährung ihres Wunsches begrüßen.
Sie ordneten eine Gesandtschaft ab an den Konsul Silanus ( Marcus Iunius Silanus entstammte der römischen Adelsfamilie der Junier und amtierte 109 v. Chr. als Konsul ), der bereits gegen sie im Feldlager stand, und an den Senat.
Wir wollen des römischen Volkes Bundesgenossen sein, lautete der Antrag, und mit ihm im Frieden leben, wo fern es uns einiges Land abtritt, wo wir uns niederlassen können.
Rom wies den Antrag zurück, und die Teutonen samt ihren Genossen griffen zu dem Schwert. Zuerst wurde der Konsul Silanus geschlagen, und später, von den Tigurinern, Lucius Cassius, dem die Römer nach der ersten Niederlage den Oberbefehl vertraut hatten. (Lucius Cassius Longinus († 107 v. Chr.) war ein römischer Senator der späten Republik und im Jahr 107 v. Chr. Konsul).
Der größte Teil des römischen Heeres blieb diesmal auf der Wahlstätte liegen, und der Rest, der gefangen ward, musste schwere Lösung geloben.
Jetzt rückte Skaurus mit dem dritten Heere ins Feld, und erfuhr das Schicksal seiner beiden Vorgänger. (Marcus Aurelius Scaurus († 105 v. Chr.) war ein römischer Politiker und General). Er wurde gefangen, und vor die Deutschen Häuptlinge geführt.
Hier benahm er sich mit altrömischem Trotz, der dem schmählich Überwundenen wenig ziemte, und sprach drohend: „Die Alpen möcht ihr wohl übersteigen, aber nie die Römer besiegen“.
Solcher Übermut verdross die Deutschen, und einer ihrer Führer, Bojorik mit Namen, durchstach den Römer mit dem Schwerte.
Zu Rom wurden nun zwei neue Heere ausgerüstet, und unter den Feldherrn Cajus Manlius und Servilius Cäpio den Feinden entgegen gesandt. Beide Führer waren uneins, und dies gereichte ihnen zum Verderben.
Die Teutonen und ihre Kampfgenossen boten nochmals Frieden an. Cäpio verweigerte ihn, und die Römer erlitten die schrecklichste Niederlage. Ihrer achtzigtausend deckten mit ihren blutigen Leibern das Schlachtfeld, beide römische Lager wurden erobert, und alles der Vernichtung geweiht.
Die Sieger in ihrer Wut zerrissen die römischen Gewänder, töteten die erbeuteten Pferde, mordeten die Gefangenen, und warfen alles Gold und Silber, alle Kostbarkeiten, die ihnen in die Hände fielen, in die Rhone ( ein Fluss von 812 km Länge ).
Jetzt kam bleiches Schrecken über Rom, und später nannte man daselbst jede solche Angst eine Kimbrische. Auch war es wirklich um die Weltherrn geschehen, wenn nicht – sichtbar genug – eine höhere Hand den Untergang des Römerreichs noch aufgehalten hätte.
Gaius Marius kam zu dieser Zeit als Sieger aus Afrika zurück, und wurde zum Konsul und Feldherrn ernannt. Wie nach der Schlacht bei Noreia versäumten die Kimbern und Teutonen auch diesmal die Gunst des Augenblicks, denn wenn sie ohne Zaudern über die Alpen gingen, so war Rom ohne Rettung verloren. Aber sie rasteten einige Tage, und dann plötzlich, als ob die unsichtbare, welche die Schicksale der Länder und Völker wägt, ihnen den Sinn verwirrt hätte, wendeten sie sich zum zweitenmale nach Spanien, und gaben dem Marius Zeit, sich zu rüsten, und seine Krieger zu ordnen und zu üben.
Als sich jene nun wieder den Alpen näherten, eilte der Römer mit seinen Scharen an die Rhone, wo er ein festes Lager bezog. Zu ihrem Unglück trennten sich die Kimbern und Teutonen abermals; jene wollten durch Norikum brechen, wo der zweite Römerkonsul Lutatius Katulus stand, diese aber zogen gegen den Marius, der jedoch klüglich ein Treffen vermied, damit sich seine Soldaten erst an den furchtbaren Anblick der Feinde und ihrer Waffen gewöhnen möchten.
Die Teutonen versuchten manchen Angriff auf die römischen Verschanzungen, jedoch ohne Erfolg, und ohne dass die Römer aus ihrer guten Stellung hervorkamen. Den Deutschen erschien dies als Verzagtheit.
Lassen wir!, riefen sie, lassen wir die Memmen hinter ihrer Brustwehr und ihren Gräben stehen, und nehmen unterdessen ihre Stadt und ihr Land in Besitz.
Treu diesem Vorsatz brachen sie auch wirklich auf, und nahmen ihren Weg am römischen Lager vorüber, und fragten die Römer spottend, ob sie etwas nach Rom zu bestellen hätten, an ihre Weiber und Kinder?
So groß war die Macht der Teutonen, dass ihr Zug am Lager vorüber sechs Tage dauerte. Marius folgte ihnen aber mit großer Vorsicht nach, und so kamen beide Heere bis Aquä Sertiä, dem heutigen Air in der Provence. Die Alpen liegen in geringer Entfernung von diesem Ort, darum wollte Marius es nun auf eine Entscheidung ankommen lassen und des günstigen Augenblicks wahrnehmen.
Die Deutschen lagerten an einem Flusse, die Römer aber mangelten des Wassers. Als sie nun murrten, zeigte Marius auf die Feinde hin und sagte: „Dort ist welches zu holen!“
Viele Haufen seiner Soldaten zogen nun, bewaffnet, zu dem Flusse. Die Ambronen machten die Vorhut der Teutonen – sie hatten das Ufer besetzt, und eine große Zahl derselben badete sich im Strome, denn sie dachten an keinen Angriff, weil Marius so lange gezaudert hatte, und sie zu fürchten schien. Jetzt entspann sich aber ein Kampf, der bald allgemein wurde.
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