Karl von Holtei - Kriminal- und Schauererzählungen

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Kriminal- und Schauererzählungen: краткое содержание, описание и аннотация

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Karl (bis ca. 1860: Carl) von Holtei führte ein höchst bewegtes Leben als Theaterdirektor, Schauspieler, Vorleser, Lyriker (u.a. in schlesischer Mundart), Dramatiker und Prosaautor. Zu seiner Zeit durchaus geschätzt, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gehörte er zu den populärsten Gestalten der deutschsprachigen Literatur, wurde er von der Nachwelt weitgehend vergessen. Sehr zu Unrecht, vor allem, was seine Leistungen als Autor von Kriminalromanen und -novellen betrifft.
Einige, zum Teil voluminöse Erzählungen sind jetzt als PDFs verfügbar.
Dieser Sammelband umfasst folgende Erzählungen:
? Bella
? Der Handkuss
? Die Kröten-Mühle
? Der Taubstumme
Karl von Holtei, geboren am 24.1.1798 in Breslau, gestorben am 12.2.1880 in Breslau.
Holtei entstammte einer Offiziersfamilie. Er wuchs in Breslau auf, besuchte das Gymnasium, war Landwirtschaftseleve, nahm als Freiwilliger an den Befreiungskriegen teil und studierte schließlich in Breslau Jura. Schon in jungen Jahren betätigte er sich als Schauspieler, Dramaturg, Regisseur und Bühnendichter. Engagements und Gastspielreisen führten ihn auf die bedeutendsten Bühnen Deutschlands; jahrelang leitete er größere Theater in Breslau und Berlin. Ab etwa 1850 widmete er sich vor allem der Herausgabe seiner Theaterstücke und versuchte sich erfolgreich als Romanautor.

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Karl von Holtei

Kriminal- und Schauererzählungen

Dieser Sammelband umfasst folgende Erzählungen: - Bella - Der Handkuss - Die Kröten-Mühle - Der Taubstumme

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Inhaltsverzeichnis Titel Karl von Holtei Kriminal und Schauererzählungen - фото 1

Inhaltsverzeichnis

Titel Karl von Holtei Kriminal- und Schauererzählungen Dieser Sammelband umfasst folgende Erzählungen: - Bella - Der Handkuss - Die Kröten-Mühle - Der Taubstumme Dieses ebook wurde erstellt bei

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Impressum neobooks

Kapitel 1

I. Bella

(1828.)

I.

Am Gesundbrunnen zu R. stellte sich vor einigen Jahren ein junges Paar ein, welches die Aufmerksamkeit

sämmtlicher Badegäste auf sich zog. Der Mann ein bleicher, düsterer Dreißiger mit scheuem Blick und verlegenem

Benehmen! die Frau vielleicht zehn Jahre jünger, ein Bild der sittsamsten Anmuth, doch sicher und frei in ihrem Wesen.

Beide waren sichtbar krank, auch trotz einer gewissen Zierlichkeit in Tracht und Haltung ziemlich dürftig. Man sah

sie nur des Morgens am Brunnen, sonst in keinem geselligen Kreise. Desto höher steigerte sich das Interesse, welches

Männer und Frauen für Frau und Mann nährten. Diesem Interesse gesellten sich bald Neugierde und – Argwohn. Die

jungen Leute schienen sich sehr zu lieben; ja, oft glich ihr Verhältniß mehr einer eben geschlossenen glühenden

Verbindung, als einer seit Monaten bestehenden Ehe. Dann aber sah man sie wieder verstimmt, kalt und unfreundlich

neben einander her gehen.

Das Unglück lag auf ihnen und breitete sich über sie wie ein schwarzer Schleier, durch den, nur umhüllt, die

Schönheit der Frau, der unsichere Feuerblick des Mannes strahlte. Wohl fehlte es nicht an jungen Damen, die jenem

Feuerblicke gern begegnen und sich unter dem Fremden (wir nennen ihn Hugo) einen sehr geistreichen Mann denken

mochten. Aber noch größer war die Zahl junger und älterer Bewunderer, die an Natalien's Bewegungen hingen und im

Salon ziemlich unverhohlen gestanden, daß sie den geselligen Zusammenkünften sehr fehle. Jede Bemühung, das Paar

dorthin zu locken, blieb fruchtlos. Beide wiesen alle Einladungen zurück, erwiederten keinen Besuch und schnitten so

den hoffnungslosen Verehrern die Aussicht auf nähere Bekanntschaft ab. Daß es mir gelang, der Freund Hugo's zu

werden, verdank' ich einem Zufall. Ich würde darüber, so wie über das ganze Ereigniß, meinem Worte getreu, ewiges

Stillschweigen beobachten, hätte nicht der Tod, dieser Entbinder von so mancher treu bewahrten Pflicht, mich auch

meines Versprechens entbunden. Erst vor Kurzem empfing ich aus Paris die Nachricht von Hugo's Tode. Mit ihr

zugleich ein Briefchen von ihm, kurz vor seinem Ende geschrieben, in welchem er mich geradezu auffordert, seine

Geschichte zu erzählen. Er nimmt in diesen mit zitternder Hand geschriebenen Zeilen einen recht rührenden Abschied

vom Leben und mir; deutet, wenn gleich unklar und schwankend, die Hoffnung an, mit geliebten vorangegangenen

Wesen wieder vereinigt zu werden, und erinnert mich in tiefer Wehmuth an die Tage, wo wir uns fanden! – In meinem

Gedächtniß hatten jene Tage und ihre Begebenheiten nur noch dunkel gelebt. Neuere, frischere Lebensbilder hatten sie

schnell verdrängt. Aber Hugo's Zeilen riefen sie mächtig wieder hervor. Das Blatt war von seinen Händen gefaltet,

diese Züge von seiner Feder geschrieben, diese Lettern von seinen Thränen verwischt. Und so sah ich ihn denn vor

mir, wie damals in R., als ich sinnend und schwermüthig über strauchbewachsene Felsen kletternd plötzlich mit ihm

zusammen traf. Wir hatten uns seit drei Wochen täglich in der Brunnen-Allee gesehen; jetzt staunte ich ihn an, als

kämen wir uns zum ersten Male entgegen.

Retten Sie mich, rief er mir zu, retten Sie mich vor dem Alten, er verfolgt mich noch immer! Und mit diesen in

höchster Angst ausgestoßenen Worten warf er sich in meine Arme.

Welcher Alte?

Der Mann mit dem grauen Barte, sprach er und deutete in den Abgrund hinab, aus dem er emporgeklettert war.

Ich folgte seiner Hand mit den Augen und erblickte Niemand.

Unter dem Namen »der Alte mit dem Barte« war ein Franzose im Bade bekannt, der sich schon früher dort

eingefunden hatte, als irgend Jemand von der ganzen Gesellschaft.

Man sagte, er halte in einem abgelegenen Bauernhäuschen eine kranke Tochter verborgen; doch wußte Niemand

etwas Genaues von ihr, und Niemand hatte sie gesehen. Sein Aeußeres war nur abschreckend, deshalb bekümmerte

man sich nicht um ihn; auch ihm schien es gleichgültig, was im Orte vorgehe; ja er verweigerte der Gesellschaft sogar

recht absichtlich die gewöhnlichsten Höflichkeitsbezeugungen. Was er mit diesem Alten zu schaffen habe, war natürlich

meine erste Frage an Hugo.

Was ich mit ihm zu schaffen habe? Was ich mit ihm zu schaffen habe? Weiß ich's, den er verfolgt wie ein

Gespenst? – Was haben Sie mit einem Traume zu schaffen, der Nacht für Nacht Sie ängstigt und endlich sogar am

Tage, in Gottes heiterm Sonnenlichte vor Ihnen aufsteigen will? – Ich kenne ihn nicht, ich weiß Nichts von ihm! und

doch wird mir bange, wenn ich ihn sehe. Heute, von häuslichem Kummer belastet – meine arme Frau ist wieder krank

– benütze ich einen ruhigen Augenblick, wo sie sanfter schlief, um frische Bergluft zu schöpfen. Kaum bin ich im

Freien, seh' ich ihn hinter mir, und je schneller ich laufe, desto näher ist mir der Widerwärtige. Zuletzt muß es nur sein

Schatten gewesen sein, der zauberhaft an den meinen gebunden ist; denn eben, als ich Sie sah, glaubte ich ihn dicht

hinter mir – und nun sind wir zu Zweien. O verlassen Sie mich nicht und erlauben Sie mir, mit Ihnen zurückzukehren.

Ich faßte den Arm des Geängstigten, und wir traten langsam den Rückweg an. Welche Besorgniß, nahm ich

endlich das Wort, kann Sie, einen starken jungen Mann, zur Flucht vor dem thörichten Greise anspornen? Haben Sie

Gründe zu glauben, daß er Ihnen ein Leid zufügen will? Kennen Sie ihn denn gar nicht? Haben Sie niemals in einem

Verhältniß mit ihm gestanden? – Ich muß, begann Hugo mit mehr Fassung als zuvor, ich muß ihn schon einmal im

Leben gesehen haben. Aber fragen Sie nicht wie, wann und wo? Ich selbst würde glauben, daß auch eine Schuld

gegen ihn auf mir laste, deren Bewußtsein mich in Furcht jagt, wenn ich mich nur auf irgend einen, auch den kleinsten

Umstand besinnen könnte. In Frankreich war ich allerdings früher; – dort habe ich meine Frau kennen gelernt. Dort

auch kann ich das Schreckbild, welches mich hier peinigt, schon gesehen haben. Aber niemals bin ich mit ihm in

Berührung gekommen. Ich müßte es ja wissen! Ich bin ja noch nicht wahnsinnig! Ich weiß ja zu genau, was um mich

her, fühle, ach! zu tief, was in mir vorgeht! Mein Gedächtniß ist nur zu gut; denn oft würde ich mein halbes Leben

darum geben, daß die Vergangenheit minder hell vor mir läge! Warum also schreckt mich der Alte? Sein Blick ist mir

drohend. Wenn er vor meiner Wohnung auf- und abgeht, wag' ich nicht aus der Thür zu treten. Wenn er hinausblickt,

zieh' ich mich vom Fenster zurück. Und Natalie – –

Kennt diese vielleicht ihren Landsmann?

Meine Frau ist eine Deutsche. Aber auch sie fühlt sich beängstigt, wenn er uns begegnet.

Hier brach er ab. Es schien ihm in diesem Augenblick unangenehm, Natalien genannt zu haben, und unser

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