Martin A. Mayer
Ein Zivi im Asylbewerberheim
BRD - DDR - EUROPA (1986 - 2016)
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel Martin A. Mayer Ein Zivi im Asylbewerberheim BRD - DDR - EUROPA (1986 - 2016) Dieses ebook wurde erstellt bei
Ein Zivi im Asylbewerberheim Ein Zivi im Asylbewerberheim Ein Zivi im Asylbewerberheim BRD – DDR ‒ Europa (1986 – 2016)
2 2 Kurz nach dem Abflug des Rettungshubschraubers war auch der Leiter der Gemeinschaftsunterkunft wieder eingetroffen. Zusammen mit Osman, einem Familienvater aus Kurdistan und Hayle, einem Asylbewerber aus Äthiopien war er zum Großeinkauf in einem Nachbarort gewesen. Runde zwanzig bis fünfzig Kilogramm Nahrungsmittel beförderte er zwei- bis dreimal wöchentlich in seinem VW Passat Kombi in die Gemeinschaftsunterkunft. Wobei das Hauptgewicht die Milch- und Fruchtsaftkartons sowie Wasser- und Limonadenflaschen aus Aldi und Lidl ausmachten; teilweise stammten sie auch von Edeka oder REWE oder einem anderen Laden. Osman hatte vier Kinder und eine Frau. Die Frau aus Sri Lanka hatte drei kleine Kinder und einen Mann. Eine Asylbewerberin aus Polen hatte eine Tochter. Sowie einen Freund, oder Bekannten, der sich mit dem Mann aus Sri Lanka, dem Ehemann der Tamilin wohl nicht so gut verstand – wie der Zivi irgendwann später, Tage nach dem Abflug des Helikopters vom Heimleiter und der Küchenfrau erfuhr. Der Äthiopier war dagegen ledig und schien sich weder für polnische noch asiatische Frauen zu interessieren. Hayle beschäftigte sich am liebsten mit Büchern – was ihn von den meisten Bewohnern der Gemeinschaftsunterkunft unterschied. Diese beherbergte etwa fünfundzwanzig Personen – aus drei Kontinenten. Sieben Polen und ein ungarisches Ehepaar repräsentierten Europa. Ein jüngerer Mann aus Bangladesch, die fünfköpfige Familie aus Sri Lanka und die Türken bzw. Kurden vertraten Asien bzw. Kleinasien bzw. Anatolien. Der belesene Äthiopier und ein Südafrikaner stellten die kleine afrikanische Fraktion. Aber den Asylbewerber aus Südafrika bekam der Zivi nur ganz selten zu Gesicht. Auch Hadschi, der wie Osman aus Kurdistan bzw. der Türkei stammte, war eher selten in der Gemeinschaftsunterkunft zu sehen. Ebenso wie jener Pole, der der Lebensgefährte bzw. Freund der Polin mit dem schulpflichtigen Kind war. Und sich irgendwann wohl einen Faustkampf mit dem „Tiger“ aus Sri Lanka, dem Gatten der Tamilin geliefert hatte. Aber das geschah vor der Ankunft des Zivi. Und es war in den knapp fünf Monaten, seit der Zivi in der Asylbewerberunterkunft seinen Dienst verrichtete, auch nie ein Thema gewesen.
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Impressum neobooks
Ein Zivi im Asylbewerberheim
Ein Zivi im Asylbewerberheim
BRD – DDR ‒ Europa
(1986 – 2016)
Ein Zivi im Asylbewerberheim
BRD ‒ DDR ‒ EUROPA
(1986 ‒ 2016)
Der Rettungshubschrauber landete neben der Gemeinschaftsunterkunft. Die Frau aus Sri Lanka lag ruhig auf einer Trage und war ansprechbar.
Für die Kuhwiese in dem Dorf war es vermutlich die erste Landung eines Hubschraubers.
Für die tamilische Asylbewerberin vermutlich der erste Flug in ein Krankenhaus.
Und der deutsche Zivi hatte soeben die erste große Tat seines Zivildienstes vollbracht.
Nun folgte die zweite ‒ nicht ganz so großartige ‒, die darin bestand, die Asylbewerberin aus Sri Lanka samt der Trage über einen Weidezaun auf die Wiese zu befördern, da sich der Rettungshubschrauber diesen Platz wenige Minuten zuvor zur Landung ausgesucht hatte.
Was man dem Piloten des Helikopters keinesfalls verübeln konnte. Im Gegenteil, es war nicht nur der nächstliegende Platz – keine 50 Meter von der Gemeinschaftsunterkunft entfernt –, sondern auch der sicherste: der Zaun der Kuhwiese war nicht mit schwachem Strom geladen, auch nicht sonderlich hoch und hatte keine stacheldrahtigen Strukturen. Und die Kühe, ein gutes Dutzend schwarz-weiß-gefleckte Holstein-Rinder, grasten seit der Vorwoche auf einer anderen Weide; nicht mehr neben, sondern hinter dem Haus.
Zudem war es ein trockener, sonniger Mittwochnachmittag im Mai – und so gelang es dem Zivi, einer Ärztin, dem Piloten und einem Rettungssanitäter die Tamilin sicher über den Zaun und in den Hubschrauber zu befördern, der wenig später gen Kiel abhob.
Kurz nach dem Abflug des Rettungshubschraubers war auch der Leiter der Gemeinschaftsunterkunft wieder eingetroffen. Zusammen mit Osman, einem Familienvater aus Kurdistan und Hayle, einem Asylbewerber aus Äthiopien war er zum Großeinkauf in einem Nachbarort gewesen. Runde zwanzig bis fünfzig Kilogramm Nahrungsmittel beförderte er zwei- bis dreimal wöchentlich in seinem VW Passat Kombi in die Gemeinschaftsunterkunft. Wobei das Hauptgewicht die Milch- und Fruchtsaftkartons sowie Wasser- und Limonadenflaschen aus Aldi und Lidl ausmachten; teilweise stammten sie auch von Edeka oder REWE oder einem anderen Laden.
Osman hatte vier Kinder und eine Frau. Die Frau aus Sri Lanka hatte drei kleine Kinder und einen Mann. Eine Asylbewerberin aus Polen hatte eine Tochter. Sowie einen Freund, oder Bekannten, der sich mit dem Mann aus Sri Lanka, dem Ehemann der Tamilin wohl nicht so gut verstand – wie der Zivi irgendwann später, Tage nach dem Abflug des Helikopters vom Heimleiter und der Küchenfrau erfuhr.
Der Äthiopier war dagegen ledig und schien sich weder für polnische noch asiatische Frauen zu interessieren. Hayle beschäftigte sich am liebsten mit Büchern – was ihn von den meisten Bewohnern der Gemeinschaftsunterkunft unterschied. Diese beherbergte etwa fünfundzwanzig Personen – aus drei Kontinenten.
Sieben Polen und ein ungarisches Ehepaar repräsentierten Europa. Ein jüngerer Mann aus Bangladesch, die fünfköpfige Familie aus Sri Lanka und die Türken bzw. Kurden vertraten Asien bzw. Kleinasien bzw. Anatolien.
Der belesene Äthiopier und ein Südafrikaner stellten die kleine afrikanische Fraktion. Aber den Asylbewerber aus Südafrika bekam der Zivi nur ganz selten zu Gesicht. Auch Hadschi, der wie Osman aus Kurdistan bzw. der Türkei stammte, war eher selten in der Gemeinschaftsunterkunft zu sehen.
Ebenso wie jener Pole, der der Lebensgefährte bzw. Freund der Polin mit dem schulpflichtigen Kind war. Und sich irgendwann wohl einen Faustkampf mit dem „Tiger“ aus Sri Lanka, dem Gatten der Tamilin geliefert hatte.
Aber das geschah vor der Ankunft des Zivi. Und es war in den knapp fünf Monaten, seit der Zivi in der Asylbewerberunterkunft seinen Dienst verrichtete, auch nie ein Thema gewesen.
Die meisten Nahrungsmittel musste der Leiter des Asylbewerberheimes nicht selbst einkaufen: sie wurden geliefert. Vor allem von einem Gastronomiegroßhändler. Zudem von einem Bauern aus dem Nachbarort, der mit seinem alten, weiß-cremefarbigen Diesel-Mercedes die Kartoffeln in die Unterkunft brachte.
Zudem kam wöchentlich der Brotmann. Wobei der Brotmann eigentlich kein richtiger Bäcker war, sondern ein recht freundlicher Herr mittleren Alters, der einen LKW-Führerschein und einen kleinen Sprachfehler besaß und täglich Brote und Backwaren für seinen Arbeitgeber, eine mittelgroße Bäckerei ausfuhr. Und eben einmal in der Woche auch die Gemeinschaftsunterkunft ansteuerte. Um wenige Minuten später - mit einer neuen Bestellliste für die nächste Woche in der Hand – die Asylbewerberunterkunft wieder zu verlassen: also wieder vom Hof fuhr - auf die Dorfstraße und weiter.
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