Damit die Kritiker nicht übermäßig viel Schadenfreude entwickeln können, kontrolliert die Auftragsverwaltung vor Beginn jeder Planfeststellung sehr sorgfältig jeden Baustein aller Planungsteile. Und zwar auf vielen Ebenen der Verwaltung selbst, über Checklisten von Vorgesetzten und dann abschließend oft noch von privaten Fachbüros, die zuvor an der Planung nicht beteiligt waren. Rechtlich schwierige Fachfragen werden von Juristen der eigenen Verwaltung und meist noch von externen Juristen genau unter die Lupe genommen.
All das schließt nicht die Spitzfindigkeit der kritischsten Oberkritiker aus, die in Deutschland je ein Autobahnprojekt aufs Korn genommen haben. Die nutzen zwar ein gesetzlich verbrieftes Recht, doch ist es sehr unredlich, die Planaufsteller einer nachlässigen Arbeit zu bezichtigen. Auch der Observer sagt, dass man derartiges selbst denjenigen "grünen" Planungsbeteiligten nicht unterstellen darf, deren Identifizierung mit dem Projekt manchmal etwas fragwürdig wirkte.
Schon gar nicht dürfen das Scheinbeteiligte, Halb- und Viertelbeteiligte tun, deren eigene „Beiträge“ sich im Nachhinein als kontraproduktiv (für das Projekt) erwiesen haben. Um nicht gleich zu sagen, dass sie die eigentlichen Hauptverursacher der falschen Weichenstellungen waren. Allein aus diesem Grunde ist es wichtig, die weithin unbekannten Hemmnisse öffentlich zu benennen. Dumm ist allerdings, dass nur eine Romanfigur das wirklich Notwendige sagen darf. In der Fiktion macht es nichts, wenn etwas so klingt wie bei Starwars, als ob Luke Skywalker zum Yedimeister sagt "ich traue der dunklen Seite der Macht nicht, sie will die Menschheit versklaven".
Saumseligkeit bei den Verantwortlichen?
Seit Urzeiten gibt es unerwünschte Verzögerungen bei vielen menschlichen Aktivitäten. Schon der alte Sisyphus, Held der griechischen Mythologie, beklagte sich über die Transportprobleme in den gebirgigen Gegenden von Hellas, als er einen großen Stein über einen Berg rollen wollte. Immer wenn er nach großer Kraftanstrengung glaubte, dass er mit der schweren Last nun endlich „über den Berg“ sei, kam erneut der „Stein ins Rollen“ und zwar rückwärts. Diese Geschichte lebt bis heute in geflügelten Worten weiter.
Auch im neuzeitlichen Alemania gibt es Beispiele, die nach einem ähnlichen Grundmuster ablaufen. Heute allerdings ohne Einflussnahme von Göttern, jedenfalls keinen echten. Gleichwohl erinnern die Bremsvorgänge bei der Durchsetzung vieler großer Infrastrukturprojekte oft an Sisyphus. Manchmal auch an die Echternacher Springprozession, wo jeweils nach drei Vorwärtsschritten zwei zurück gehüpft werden.
Bekanntlich sollen nach Abschaffung der Autos alle Menschen wieder Rad fahren dürfen, können, müssen. Doch sollte sich darauf niemand zu früh freuen. Auch dies hat seine Tücken. Wegen Überfüllung der Autobahnen durch Fahrräder kommen dann Tandems, Dreiräder, Tretroller und ähnliche Gefährte mit noch mehr Beifahrern wieder in Mode. Manch scheinbarer Umweltaktivist wird dann vielleicht merken, dass auch nicht wenige Pedalritter viel zu schnell zwischen den Fußgängern hindurchfegen. Außerdem dürfte es einigen unangenehm auffallen, dass Fahrräder und Tandems gar keine Motoren haben und dass sie auf längeren Strecken und besonders bergauf nur mit ziemlich großer Mühe in Bewegung gehalten werden können.
Schon öfter soll es vorgekommen sein, dass bei Tandemfahrten steil bergauf, der vordere Pedalritter schwer keuchend über das anstrengende Treten klagte, währenddessen das Gefährt trotzdem immer langsamer wurde. Darauf soll der Hintermann erklärt haben, dass er sogar ständig habe bremsen müssen, damit das Tandem nicht noch rückwärts rollt. Irgendwie erinnert das an die Planung von …. aber ach, lassen wir das.
Nun ja, die vielen Bremsmethoden in Echternach, auf dem Olymp oder zwischen der Söhre und dem Ringgau mögen zur Selbstbeschäftigung und zur Erheiterung gewisser Sportsfreunde amüsant sein, aber wo das auf Kosten des Steuerzahlers und zum Nachteil ganzer Regionen geht, sollte der Spaß eigentlich aufhören. Leider lassen sich unsere „Alt-68er“ und deren übereifrige Schüler, Kinder und Enkel als Quer- und Freidenker solche Späße nicht so einfach verbieten. Gerade solche Späße nicht, wo es vermeintlich um nichts Geringeres als die Rettung der Erde und damit der gesamten Menschheit geht. Oder geht es vielleicht nur um das Selbstbildnis der Retter?
Ob die Erlösung des Erdballs durch die Verhinderung eines bestimmten Infrastrukturprojektes in Nordosthessen wirklich erreicht werden kann, ist dabei nur eine lästige Detailfrage. Deren Klärung gehört in die Niederungen, die man den Superexperten in den mittleren Etagen mancher Behörden nicht zumuten kann. Deshalb fällt ihnen auch nicht auf, dass sie im messianischen Übereifer stets glauben, den Olymp zu erklimmen, währenddessen Leute mit gesundem Menschenverstand sehen, dass die Eiferer nur am Fuße von Maulwurfshügeln herumkrebsen.
Ungeziefer wird bekämpft
Ob es nun die außerirdischen Kakerlaken in Hollywoodfilmen sind, Ratten im Keller oder Blattläuse auf dem Gemüse im Garten. Die meisten Mitmenschen sehen sie als Schädlinge oder Ungeziefer an. Zu nichts nutze und noch dazu eklig, obwohl auch sie in der Schöpfung dasselbe Lebensrecht haben wie die Menschen, als Krone der Schöpfung. Aber als Schädlinge oder Gefährder des menschlichen Daseins werden sie bekämpft. Mit Laserkanonen, Rattengift oder Biozidspray. Schnecken werden mit Schneckenkorn bekämpft, Stubenfliegen mit giftigen Kontaktplättchen, Ameisen mit Giftpulver. Auch die alle vier Jahre in größeren Schwärmen auftretenden Maikäfer werden als Schmarotzer angesehen, wenn sie Wälder bedrohen. Sobald Menschenwerk bedroht wird, ist man schnell bei der Hand, die Krabbelviecher mit Chemie zu bekämpfen.
Aber nicht nahe der A44. Würde man in der Söhre oder auf dem Ringgau eine Art antreffen, die als selten gilt, fände man sicher ganz schnell etwas, womit man sie als schützenswert umdefinieren könnte. Wenn der Meloe cicatricosus, der Narbige Maiwurmkäfer, sonstwo auch schädlich wäre, träfe man ihn im Planungsraum der A44 an, würde er dort sofort geadelt. Er wäre dann so nützlich wie eine lila Milchkuh auf der Ringgaualm, weil man damit die Planungen an der ungeliebten Autobahn verzögern kann. Um diesem Zweck zu dienen, muss die gerade in Mode stehende Art gar nicht mal selten sein. Einen Aufstand ihrer Anwälte erreicht man ganz leicht auch mit Allerweltsarten, wie z.B. Kammmolchen, Fledermäusen oder den blauen Schmetterlingen mit dem schönen Namen Maculinea.
Es dreht sich nämlich nur scheinbar alles darum, ob eine Art selten ist und darum als bedrohte Art aufzufassen ist. Deshalb heißt die „Bedrohung“ im Juristendeutsch auch etwas anders. Zur Abgrenzung von den ungrünen Laien klingt die Erörterung dieser Umstände dann nicht mehr so profan und allgemeinverständlich. Aber seien Sie versichert liebe Leser und Landsleute, es ist im Prinzip das gleiche. Tatsächlich reichte es für die Definition „selten“ schon aus, wenn nur „die Gefahr“ bestand, dass die besondere Art nach dem Autobahnbau wahrscheinlich nicht mehr auf jedem straßennahen Quadratmeter angetroffen werden „könnte“. So ist das tatsächlich! Sie lesen das akzentuiert in diesem Roman, so stünde es aber sicher auch in jedem kompetenten Sachbuch, wenn sich jemand trauen würde, ein solches ohne Verschleierung wichtiger Tatsachen zu schreiben.
Die Umweltgesetzgebung ist knallhart. Wenn infolge einer Straßenbaumaßnahme vielleicht irgendeine Tierart von irgendeinem halben Quadratmeter vertrieben werden könnte und nachher womöglich ein wenig ungleichmäßiger über die Erde verteilt vorkäme, würde das den Tatbestand der Beeinträchtigung schon erfüllen. Was denn, Menschen gibt es auch nicht überall in gleicher Besatzdichte? Das macht nichts, Menschen stehen ja auch nicht in der roten Liste der bedrohten Arten. Aber lassen Sie uns mal über die Besiedlung der Erde nachdenken und das wieder in einem ernsthafteren Grundtenor.
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