Cristina Zehrfeld - Der exzentrische Maestro Carl

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Maestro Carl ist genial und exzentrisch. Normen sind ihm ein Gräuel. Selbst bei scheinbar alltäglichen Begebenheiten überrascht der Maestro immer wieder durch seine ganz abstrusen Verhaltensweisen. Des Maestros Offenherzigkeit gegenüber Fremden ist hemmungslos, seine Übertreibungen sind maßlos, seine Manieren sind gewöhnungsbedürftig. Maestro Carl bringt Kellner zur Verzweiflung, erhebt sein nachlässiges Äußeres zum Selbstzweck und stellt bedenkenlos die Realität einer CD-Aufnahme in Abrede, um sein eigenes Klangideal zurechtzumischen.
In sechsundsechzig Miniaturen werden Episoden aus allen Lebensbereichen erzählt: Es wird berichtet, wie der Maestro komponiert, wie er den Ich-Erzähler spätabends in seiner Wohnung einfach vergisst oder wie sich der Maestro vor den Augen von dreihundert Konzertbesuchern umzieht …

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Cristina Zehrfeld

Der exzentrische Maestro Carl

Skurrile Begegnungen mit einem Genie

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Inhaltsverzeichnis Titel Cristina Zehrfeld Der exzentrische Maestro Carl - фото 1

Inhaltsverzeichnis

Titel Cristina Zehrfeld Der exzentrische Maestro Carl Skurrile Begegnungen mit einem Genie Dieses ebook wurde erstellt bei

1. Begegnungen mit Maestro Carl 1. Begegnungen mit Maestro Carl Maestro Carl ist ein Genie. Er ist der beste Organist, den die Welt je gesehen hat, allerdings auch der verrückteste. Deshalb ist es in Kreisen des musikalischen Establishments strengstens verboten, den echten Namen von Maestro Carl auch nur zu erwähnen. Zuwiderhandlungen werden soweit ich weiß mit dem Tode bestraft. Wer den Namen nicht vorsätzlich, sondern nur versehentlich in den Mund genommen hat, kommt unter Umständen mit einer abgeschnittenen Zunge davon. Das hat mir jedenfalls ein Herr ohne Zunge auf einen Zettel geschrieben. Mein erstes Gespräch mit Maestro Carl führte ich in der Pause eines Konzertes in der D.-er Kirche. Das Gespräch dauerte fünfundzwanzig Minuten und damit länger als die ursprünglich auf zehn Minuten angesetzte Pause. Ich war in dieser Zeit die allerbeste Freundin des Maestros und seine uneingeschränkte Vertrauensperson. Nach diesen fünfundzwanzig Minuten kannte ich den Maestro besser als meine Großmutter. Ich wusste mehr Details über seine Gesundheit als sein Arzt. Ich kannte seine finanziellen Verhältnisse besser als meine eigenen. Der Maestro hatte mir sein Vertrauen geschenkt. Er hatte seine Sorgen und Nöte mit mir geteilt. Nur ein verschämter Blick in meinen Ausweis hat mich davon überzeugt: Nein, wir sind noch keine vierzig Jahre miteinander verheiratet. Einen Blick auf die Uhr musste ich nicht werfen. Das taten ja bereits die Leute um uns herum, die mich inzwischen zunehmend verärgert musterten. Ich wusste also nur zu gut, dass alle auf Maestro Carl und mich starrten, denn das Konzert hätte bereits vor fünfzehn Minuten weitergehen sollen. Aber obwohl Maestro Carl fast alles kann, konnte er sich damals doch nicht mit mir unterhalten und gleichzeitig die zweite Hälfte des Konzertes spielen. Deshalb mussten wir unser vertrautes Gespräch an dieser Stelle jäh unterbrechen. Ich habe Maestro Carl inzwischen öfter gesehen. Und dabei ist mir eine ungeheuerliche Vermutung zur Gewissheit geworden: Den Maestro kennt man in der ersten Sekunde, oder man kennt ihn niemals. Mit jeder zusätzlichen Begegnung rückt der Maestro ein bisschen mehr in die Ferne. Mit jedem Gespräch wird er fremder. Ich bin sicher: Wenn ich ihn nur noch wenige Mal auf der Straße treffe, werde ich mir seines Namens nicht mehr ganz sicher sein.

2. Wichtige Antworten auf unwichtige Fragen 2. Wichtige Antworten auf unwichtige Fragen Maestro Carl ist ein viel beschäftigter Mann. Immer hat er extrem wichtige Dinge zu tun. Immer hat er Dinge zu tun, die keinen Aufschub dulden und deren Unterlassung unweigerlich zum Untergang der Welt, vermutlich sogar zur Auslöschung des Universums führen würden. Maestro Carl ist sich dessen bewusst. Deshalb lamentiert er ganz fürchterlich, wenn er mit Sachen behelligt wird, die womöglich gar nicht lebensnotwendig und unaufschiebbar sind. Er kann, so sagt Maestro Carl, seine Zeit nicht mit irgendwelchen Nebensächlichkeiten vertrödeln. Als ich mich mit einer äußerst wichtigen Frage an ihn wenden wollte, überlegte ich deshalb erst lange hin und her. Doch schließlich entschied ich, dass es wichtig genug war. Ich griff zum Telefon, und ich hatte enormes Glück. Ich erreichte den Maestro, und er nahm sich Zeit für mich. Allerdings ist der Maestro ein sehr höflicher Mensch. Er ist keiner, der einfach eine kurze Antwort gibt, und dann schnell wieder auflegt. Wir pflegten also zunächst etwas Konversation. Wir kamen von einem zum anderen, vom anderen zu etwas ganz anderem, und schließlich verplauderten wir uns etwas. Wie ernst Maestro Carl unser Telefonat nahm, kann man daran ermessen, dass er während unseres Gesprächs drei andere Anrufer auf einen späteren Rückruf vertröstete. Bei einem weiteren telefonischen Störenfried beendete er nach einer Viertelstunde das Gespräch mit dem Hinweis darauf, dass er noch einen Gesprächspartner am anderen Telefon hat. Mich! Auch die Entgegennahme eines Postpaketes und die Einweisung eines Monteurs an einem tropfenden Wasserhahn beendete unser Gespräch nicht. Nach zwei Stunden und zehn Minuten verabschiedeten wir uns, und ich legte auf. Wir hatten über alles gesprochen. Über fast alles. Den Hörer noch in der Hand, bemerkte ich überrascht: Eine Antwort auf meine Frage hatte ich nicht bekommen. Natürlich nicht, denn ich war gar nicht dazu gekommen, meine Frage zu stellen. Mehr noch: Inzwischen konnte ich mich beim besten Willen nicht mehr entsinnen, was ich Maestro Carl hatte fragen wollen.

3. Es gibt kein falsches Leben im richtigen Leben

4. Geschüttelt. Nicht gerührt.

5. Fahrstuhl zum Schafott

6. Die Perlen des Soprangesangs

7. Einhundertfünftausendeinhundertzwanzig Anrufe im Jahr

8. Die Live-Aufnahme in St.

9. Besuch bei Freunden

10. Maestro Carl setzt Zeichen

11. Maestro Carl komponiert

12. Der Cousin des Schwagers der Managerin

13. Es gibt keinen Anstand mehr

14. Vorm Konzert

15. Kleine Anleitung zur Beifallsbekundung

16. Von nördlich nach südlich von Leipzig

17. Im Glockenturm

18. Umzug nach R.

19. Die Grenzen des Multitaskings

20. Das Navigationsgerät

21. Nur dreihundertzwanzig Besucher

22. Unumstößliche Wahrheiten

23. Liebe Konzertbesucher!

24. Der freie Tag

25. Mit freundlichen Grüßen

26. Die Freundin des Maestros

27. Zwei Steinways

28. Die heilende Wirkung der Musik

29. Beim Wunderheiler

30. Das Stille Gebet

31. Der Tag, an dem der Maestro mich vergaß

32. Im Rosengarten

33. Wahre Größe

34. N.

35. Wai gait?

36. Thüringer Klöße

37. Bei Rot musst du warten, bei Grün darfst du starten

38. Der Flur

39. Die Weihnachtskrippe

40. Das Lagerfeld-Syndrom

41. Von der Redekunst

42. Erstes Zitat: Die Antwortverweigerungsantwort

43. Zweites Zitat: Der Lateiner

44. Drittes Zitat: Reden können sie alle

45. Hausfrauen- und sonstige Qualitäten

46. Das wäre etwas für mich!

47. Wie man sich bettet

48. Valentinstage

49. Die Verschwendung

50. Verliebt, verlobt ...

51. Riechen Sie mal!

52. Der Autokauf

53. Isoldes Liebestod

54. Wie ich mich mit Maestro Carl über Maestro Carl unterhielt

55. Die Carl’sche Philosophie des Absurden

56. Die Negation der negierenden Negation

57. Wie Maestro Carl meinen astrologischen Horizont erweiterte

58. Nehmen Sie’s mit

59. Der Tag, an dem ich nicht mit zum Konzert gefahren bin

60. Der undankbarste Job der Welt

61. Moritzburg bei Nacht

62. Wie ich mich endgültig mit Maestro Carl überworfen habe

63. „Der Name ist ein Stück des Seins und der Seele.“ (Thomas Mann)

64. Maestro Carl ist tot, es lebe der Maestro!

Impressum neobooks

1. Begegnungen mit Maestro Carl

Maestro Carl ist ein Genie. Er ist der beste Organist, den die Welt je gesehen hat, allerdings auch der verrückteste. Deshalb ist es in Kreisen des musikalischen Establishments strengstens verboten, den echten Namen von Maestro Carl auch nur zu erwähnen. Zuwiderhandlungen werden soweit ich weiß mit dem Tode bestraft. Wer den Namen nicht vorsätzlich, sondern nur versehentlich in den Mund genommen hat, kommt unter Umständen mit einer abgeschnittenen Zunge davon. Das hat mir jedenfalls ein Herr ohne Zunge auf einen Zettel geschrieben.

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