1 ...6 7 8 10 11 12 ...18 Ihr Gesicht schien immer näher zu kommen und der Kuss schien kurz bevorzustehen, als in der Küche über ihnen etwas scheppernd zu Boden fiel. Leyla kam zu sich wie aus einem Traum und stand auf. Sie war verlegen und trat von einem Fuss auf den anderen. Sie wusste nicht mehr, was sie sagen wollte.
Gregory ging es wohl ähnlich, er hätte dies aber niemals zugegeben.
Er lehnte sich gegen die Wand und sah sie kühl an. „Welchem Umstand verdanke ich übrigens die Ehre deines Besuches?“ Er sah sie an und trotz seiner uninteressierten Maske, konnte er sich einen Seitenhieb nicht verkneifen: „Du hattest wohl ein wenig zu viel Swag“, er zeigte auf ihr T-Shirt, “vorhin auf der Treppe, dass du mich zu Boden oder besser gesagt aufs Bett geworfen hast mit deinem Gewicht. Scheint heute zum guten Ton zu gehören, dass man mich niederschlägt. Ist das eine alte kanadische Sitte, um Neuankömmlinge zu begrüssen?“ Leyla funkelte ihn böse an. “willst du damit etwa andeuten, dass ich fett bin? Ich habe dir dein verspätetes Geburtstagsgeschenk mitgebracht, du unfreundlicher Kerl.“ Sie griff nach dem am Boden liegenden Hockeyshirt, das noch in Geschenkpapier eingewickelt war, und warf es nach ihm. Als er sich bückte, um es aufzuheben, nahm sie ein paar Kissen und warf sie auf ihn. Er ging mit seinem Geschenk hinter dem Sofa in Deckung. “Nein, du bist nicht fett, aber unfähig, eine Treppe herunter zu kommen.“ Schon kam das nächste Kissen angeflogen und traf ihn voll auf die schon havarierte Nase, er heulte auf. Leyla kam mit dem nächsten Kissen in der Hand angerannt.
„Uii, das tut mir aber leid, das wollte ich wirklich nicht.“ Sie schien sich ernsthaft Sorgen zu machen und gab ihre Deckung auf, da streckte er sie mit einem der grossen Sofakissen nieder und rief triumphierend: „Touch down, oder was auch immer.“ Sie blieben beide prustend und nach Atem ringend auf dem Boden sitzen. Die Luft war geklärt, jedenfalls für den Moment.
Das Knistern und auch die Feindseligkeit waren verschwunden. Sie hob die Hände. “Waffenstillstand?“ Er grinste. „Klar doch, ich bin sowieso viel zu stark für dich, gegen mich hättest du keine Chance.“ Er nahm die Position eines Bodybuilders ein und präsentierte seinen Bizeps. Leyla bekam einen Lachanfall. „Pack das Geschenk aus, Arnold Schwarzenegger.“
Er riss das Paket auf und schien sich auch tatsächlich über das Shirt zu freuen. Er umarmte sie und küsste sie völlig überraschend auf die Wange. Leyla machte Anstalten, ihn auch auf die Wange zu küssen, aber da war er schon wieder weg. Sie küsste also ins Leere. Das war schon etwas peinlich, aber zum Glück hatte er es nicht bemerkt. Er riss sich sein T-Shirt vom Leib und zog das Hockey Shirt an. Leyla sah ihm dabei zu und staunte nicht schlecht, da waren ja tatsächlich Muskeln unter seinem T-Shirt. Anscheinend hatte er in den letzten drei Jahren regelmässig trainiert. Sie kriegte beinahe den Mund nicht mehr zu.
Davon merkte Gregory allerdings nichts, da er gerade mir seinem neuen Shirt beschäftigt war. Leyla räusperte sich. “Gregory, ich muss etwas mit dir besprechen.“ Er strahlte sie an und seine Nase leuchtete wie ein Regenbogen.
Sie bemühte sich, ernst zu bleiben, obwohl seine Nase wirklich zum Schreien aussah.
„Ich muss mit dir über das Feuer reden.“
Seine Miene verfinsterte sich augenblicklich und er sah sie verschlossen an.
„Ich weiss nicht wovon du sprichst.“
Er zog das Hockey Shirt wieder aus und legte sich nur mit seiner schwarzen Trainingshose bekleidet aufs Bett. Er verschränkte die Arme hinter dem Kopf und sah sie düster an.
Leyla setzte sich neben ihn. “Wenn du denkst, dass du mich so schnell wieder loswirst, hast du dich geirrt. Es ist wichtig, dass du mir jetzt zuhörst. Es könnte sogar lebenswichtig sein. Möchtest du nicht die Kontrolle über dein Tun haben? Ist das nicht der Grund, warum du in Kanada bist?“
Anscheinend hatte sie nun doch sein Interesse geweckt. Er schenkte ihr aber einen Blick voller Ironie und lächelte süffisant.
„Und du, die grosse Meisterin des Feuers, kannst mir natürlich dabei helfen, nehme ich an.“
„Ach komm doch von deinem hohen Ross runter“, konterte Leyla. „Wir sind keine Kinder mehr, das ist kein Spiel. Es geht hier nicht mehr um Cowboys und Indianer.
Du kannst mich nicht immer abschiessen, wenn dir etwas unangenehm ist. Das hier ist die Realität und ich versuche, dir zu helfen.“
Er zielte mit dem Zeigefinger auf sie und sagte: „Bang, Bang!“ Dann blies er den scheinbar rauchenden Colt aus.
Sie warf sich erbost auf ihn. „Du bist so ein Idiot, Gregory!“ Sie hämmerte mit beiden Fäusten auf ihn ein.
Er sah sie nur schelmisch an und hielt ihre Hände fest. Da war es wieder, dieses verflixte Knistern. Sie verlor sich in der Tiefe seiner blauen Augen und konnte wieder einmal nicht mehr klar denken. Aber so ging das nicht mehr weiter, sie schüttelte den Kopf und stand auf. Sie brauchte nun einen klaren Kopf und musste ernsthaft mit ihm reden, anstatt sich immer wieder zu fragen, wie es wohl wäre, wenn er sie küssen würde. Er lag immer noch auf dem Bett und sah sie selbstgefällig an. „Du hättest mich ruhig küssen können, Lela. Du scheinst ja inzwischen Übung darin zu haben, mit all den Typen, die du am Start hast. Also wird dich wohl so ein kleiner Kuss von deinem von weither angereisten Stiefcousin nicht so schnell aus der Bahn werfen.“
„Genug!“ Sie machte eine abweisende Bewegung. „Was faselst du da, welche Typen?“
Er sah sie weiterhin herausfordernd an, aber sie ging nicht darauf ein.
„Was immer du auch damit sagen willst, wir müssen jetzt über deine Probleme reden und nicht über mich. Die Fakten sind, du hast heute ein Feuer entfacht und Jasons Kleider haben gebrannt.“
Sie seufzte. „Ok, Jason ist ein Arsch, aber deshalb kann man ihn nicht einfach anzünden. Das ist ethisch nicht vertretbar. Wenn ich jeden anzünden würde, der mich nervt, wären wir von Fackeln umgeben.“
Gregory setzte ein schiefes Grinsen auf, das schien ja interessant zu werden.
Er nickte. “Du solltest wirklich Anwalt oder Staubsaugerverkäuferin werden, mit dieser Inbrunst und Überzeugungskraft.“
Sie sah ihn ratlos an und schenkte ihm einen vernichtenden Blick.
„Wie auch immer, du musst es unter Kontrolle bringen, abstreiten ist zwecklos. Ich weiss, dass du es warst.“ Er zuckte resigniert die Schultern. „Und, euer Ehren, hast du auch eine Idee, wie ich das anstellen soll?“
Leyla setzte sich wieder vorsichtig neben ihn und versuchte, nicht auf seine nackte Brust zu starren.
„Stell dir vor, ich kenne da tatsächlich jemanden, der dir wahrscheinlich helfen könnte.“
Sie erzählte ihm, was sie von Aiden gehört hatte. Leider konnte sie sich nicht mehr an alles erinnern, vor allem mit dieser Stammesgeschichte brachte sie einiges durcheinander. Auch die Namen waren ihr entfallen, aber an das Wesentliche konnte sie sich noch erinnern.
Gregory sagte nichts dazu, er war wohl ganz einfach sprachlos und sah sie nachdenklich an. Nach einer Weile sagte er: „Du meinst, es gibt noch andere wie mich? Dann war es wahrscheinlich dein Aiden, der Jason angezündet hat.“
Leyla riss langsam der Geduldsfaden, “Gregory, denk mal nach. Es war nicht Aiden und er ist schon gar nicht mein Aiden. Er hat das Ganze nämlich unter Kontrolle, ganz im Gegenteil zu dir, mein Lieber.
Übrigens hat er mich wegen dir angesprochen und nicht um mir seine unendliche Liebe zu gestehen. Er hat nicht das geringste Interesse an mir.“
Gregory war immer noch misstrauisch. „Und wie willst du wissen, dass er das Feuer unter Kontrolle hat?“
„Er hat es mir gezeigt und anhand eines Streichholzes demonstriert. Er hat das Streichholz mit reiner Willenskraft entzündet und dann auch wieder ausgelöscht.“
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