„Sie war ein wunderbarer Mensch und sah immer nur das Gute in allen Menschen. Wahrscheinlich ist sie deshalb auf einen Schwächling ohne Rückgrat wie meinen Vater hereingefallen. Er ist schwach und tut alles, was sein grössenwahnsinniger Bruder von ihm verlangt. Mein Onkel Carmine ist das inkarnierte Böse und sein Sohn Gabe, eigentlich Gabriele, ist nach dem Erzengel Gabriel benannt. Luzifer wäre wohl eine passendere Wahl gewesen.“ Er sass nachdenklich da und nach ein paar Minuten begriff Gregory, dass Aiden wohl gedanklich irgendwohin abgedriftet war.
„Hallo, Erde an Aiden!“ Er bewegte seine Hand vor Aidens Gesicht hin und her.
„Was also genau erwartet ihr von mir?“, fragte er.
Aiden zuckte zusammen. „Du wirst sie daran hindern, ihre Schandtaten zu begehen, sobald du die Elemente beherrschst. Wir werden ihnen immer einen Schritt voraus sein. Das Wichtigste ist, dass wir Carmine und Gabe ausschalten und sie überführen.“
„Aber du hast doch gesagt, dass die Cops auch auf ihrer Seite sind“, kam der Einwand von Gregory.
„Nur sehr wenige und es sind alles Akandos, also keine Black Vultures. Die meisten von ihnen sind aber in Ordnung. Wir müssen nur die beiden wichtigsten Leute ausschalten, danach haben wir freie Bahn.“
„Was ist mit den Black Vultures in Italien?“
Aiden zuckte mit den Schultern. “Irgendwo müssen wir ja wohl anfangen, oder?“
Gregory war zwar nicht wirklich überzeugt, aber zuerst galt es ja nun wirklich die Kontrolle über seine Eigenschaften zu erlangen.
Aiden stand auf, wischte sich die Hände an seiner Hose ab und holte eine Schachtel Streichhölzer aus seinem Rucksack. Er winkte Gregory und Mila zu sich herüber und setzte sich auf eine kleine Mauer neben dem Kraftort seiner Mutter. „Ich möchte, dass du dich mir gegenüber setzt und dass Mila sich neben dich setzt. Holt euch zwei dieser Plastikstühle da drüben und setzt euch mir gegenüber hin, ungefähr im Abstand von einem Meter zueinander. „Warum setzt du dich auf keinen Stuhl“, maulte Mila. „Weil ich hier beim Kraftort meine Kräfte besser unter Kontrolle habe, du wirst mir noch dankbar sein.“ Mila verzog das Gesicht, holte aber einen Stuhl wie angeordnet. Sie bildeten ein Dreieck und jeder hatte ein Streichholz vor sich.
„Nun Gregory, die erste Übung ist das Entzünden einer Flamme und sie wieder auszulöschen. Mit einem Streichholz ist dies einfacher, darum fangen wir damit an.“
Mila fragte: „Aber was habe ich damit zu tun, ich habe doch mit Feuer nichts am Hut?“
Aiden brachte sie mit einer Handbewegung zum Schweigen. Sie rollte die Augen zum Himmel und ergab sich ihrem Schicksal.
„Also“, sagte Aiden. „Ich zeige euch, was ich damit meine und Gregory versucht es danach.“ Er fixierte das Streichholz mit seinen fast schwarzen Augen und augenblicklich gab es eine kleine Flamme, dann fixierte er es erneut und die Flamme erlosch. Gregory hob fragend die Augenbrauen. “Soll ich es jetzt versuchen?“
„Schnauze!“, hörte er Aidens unwirsche Stimme, „Ich bin noch nicht fertig. Haltet eure verdammten Streichhölzer fest.“ Er schloss die Augen und alle drei Streichhölzer entzündeten sich gleichzeitig. Mila schrie auf, hielt aber ihr Streichholz nach einem genervten Seitenblick von Gregory weiter fest. Aiden öffnete die Augen und die drei kleinen Flammen schossen in gigantischen Stichflammen in die Höhe und loderten gefährlich. Diesmal hätte Gregory auch beinahe aufgeschrien und Mila lachte schadenfroh. Dann schloss Aiden die Augen wieder und die Flammen erloschen.
„Ach du heilige Scheisse“, entfuhr es Gregory und Mila schauderte. „Ja verdammt, obwohl ich es ja schon kenne, kriege ich trotzdem jedes Mal noch eine Gänsehaut!“ Sie lachte.
Aiden gab ihnen neue Streichhölzer, sie waren länger als die letzten.
„Nun, mein Freund, bist du an der Reihe und vergiss nicht, du hast es in dir! Konzentrier dich zuerst auf dein Streichholz, stell dir die kleine Flamme in deiner Hand vor. Gregory richtete den Blick auf sein Streichholz und konzentrierte sich, aber irgendwie wollte es ihm nicht so recht gelingen und das machte ihn wütend.
Er schloss die Augen und stellte sich mit aller Kraft eine grosse Flamme vor und plötzlich ging ein grosser Busch hinter Mila in Flammen auf. Sie schrie auf und flüchtete zu Aiden.
Er stand auf machte eine Handbewegung und richtete seinen Blick auf den Busch, der augenblicklich erlosch. Gregory sass immer noch völlig verdattert auf seinem Stuhl und hatte sein immer noch unversehrtes Streichholz in der Hand.
Aiden grinste. „Das habe ich mir doch gedacht, du machst das ein paar Nummern grösser als wir, aber das mit dem Auslöschen müssen wir wirklich noch üben.“
Gregory war wie versteinert, er war wirklich zu nichts fähig. Nicht einmal mit einem Streichholz wurde er fertig. Er hörte Aidens Stimme. „Hey Grosser, das war das erste Mal, wirf nicht gleich die Flinte ins Korn, du schaffst das schon noch. Komm, wir versuchen es nochmal, ich werde dich unterstützen.“
„Und diesmal wollt ihr Irren wohl mich abfackeln anstatt des Buschs.“ Mila war nicht begeistert. „Jetzt hab dich nicht so, Mila“, sagte Aiden. „Wie viele Male habe ich deine undefinierbaren Gebräue getrunken bevor du den Dreh raus hattest? Ich erinnere mich an ein rosa Gesöff, nach dem ich zwei Tage lange nicht mehr aus dem Scheisshaus rauskam.“ Mila lächelte schräg. „Ok, du hast ja Recht, also fangen wir an.“ Diesmal setzte sich Aiden neben Gregory und gab ihm Instruktionen, wie er atmen und fokussieren sollte und es ging tatsächlich besser. Am Ende des Nachmittags war Gregory fähig, sein Streichholz anzuzünden und wieder auszulöschen. Das mit dem Augenschliessen und der Stichflamme schien etwas mehr Zeit in Anspruch zu nehmen. Er hatte es bis jetzt noch nicht geschafft die Stichflamme zu kontrollieren, sie schoss jeweils mehrere Meter hoch in die Luft und Mila weigerte sich, weiter mitzumachen. Sie hatte ein Gebräu gegen ihre Brandblasen eingenommen und wollte nicht mehr weiterüben. Da es inzwischen schon dunkel wurde, waren Aiden und Gregory einverstanden, den Heimweg anzutreten. Gregory war schon sehr zufrieden, dass er das mit dem Streichholz geschafft hatte. Rom war schliesslich auch nicht an einem Tag erbaut worden.
Auf dem Heimweg herrschte eine ausgelassene Stimmung und Leyla staunte nicht schlecht, als sie Gregory aus Aidens Wagen steigen sah und sich die beiden wie alte Kumpels verabschiedeten. Mila hatten sie vorher abgesetzt, sonst hätte sich Leyla wohl noch mehr gewundert.
Ein verhängnisvolles Konzert
Gregory kam irgendein Lied summend ins Haus und traf Leyla auf der Treppe.
Er begrüsste sie gut gelaunt und erzählte ihr, ohne dass sie ihn danach gefragt hätte, dass es super gelaufen sei mit Aiden und er auf dem besten Weg sei, das Feuer unter Kontrolle zu kriegen. Überhaupt war er anscheinend voller Begeisterung für Aiden und Leyla sagte ihm, dass sie froh sei, dass er einen Freund gefunden habe.
Bliebe wohl abzuwarten, wie Jason auf die neue Freundschaft reagieren würde.
„Deine Nase sieht ja fast wieder wie vorher aus, “ stellte Leyla überrascht fest.
„Stell dir vor, Mila aus meiner Klasse gehört auch zu dem Stamm und sie ist eine Heilerin. Sie hat mir ein Gebräu gegen die Schwellung gegeben, es ist fast wie Magie.“ Er geriet ins Schwärmen. Leyla fühlte einen Stich in der Brust, wenn sie an das schöne Mädchen dachte. Da schien ja allerhand Konkurrenz auf sie zuzukommen.
Er war den ganzen Abend glänzender Laune und sie sassen zusammen auf der Gartenveranda und warfen für Rogan Stöckchen, er raste wie wild hin und her und schien die ungewohnte Zuwendung zu geniessen.
Leyla hatte noch etwas auf dem Herzen. „Gregory, ich habe da ein Problem und hoffe, dass du mir helfen kannst.“ Er strahlte sie an und ihr Herz machte einen Hüpfer. „Alles, was du willst, Liebes.“ Nun war sie komplett aus dem Konzept und wusste nicht mehr, wo sie anfangen sollte. „Also, du kennst doch meine Freundin Brooklyn.“ Er nickte. „Sie hat mich vorhin angerufen. Heute hat sie doch eine neue Cheerleaderin ausgewählt, da Anne Sophie sich das Bein gebrochen hat.“ Er sah sie fragend an. „Also, morgen Abend ist ein Konzert im Rogers Center und Brooklyn hat vom Vater des neuen Mädchens 4 Tickets geschenkt gekriegt. Sie möchte unbedingt mit mir dorthin gehen, aber meine Eltern lassen mich nicht mit ihr alleine hingehen. Wenn du aber mitkommen würdest, dürfte ich hingehen.“ Sie sah ihn hoffnungsvoll an: „Biiiiiittte …!“ Sie verschränkte die Hände, als würde sie beten. Er konnte ihr nichts abschlagen, nicht heute. Er strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht, „Klar Kleines, mache ich doch gerne und wen nimmt Brooklyn mit, ich hoffe, es ist nicht Jason.“
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