Finn Jacobsen
Berührungspunkte des Progressive Rock mit artifizieller Musik in den Sechziger und Siebziger Jahren
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Inhaltsverzeichnis
Titel Finn Jacobsen Berührungspunkte des Progressive Rock mit artifizieller Musik in den Sechziger und Siebziger Jahren Dieses ebook wurde erstellt bei
Berührungspunkte des Progressive Rock mit artifizieller Musik in den Sechziger und Siebziger Jahren Berührungspunkte des Progressive Rock mit artifizieller Musik in den Sechziger und Siebziger Jahren © Copyright by Finn Jacobsen Liebfrauenstr. 12 40591 Düsseldorf finn.jacobsen@gmx.de www.popwart.de www.rockundklassik.de Alle Rechte vorbehalten Fotocredit (Creative Commons) Gibson SG: John Tuggle, https://flic.kr/p/7LGh63 Violine: Butz.2013, https://flic.kr/p/m3cEgu
Einleitung
I. Motivation
II. Realisationsformen
III. Rezeption
Quellenverzeichnis
Impressum neobooks
Berührungspunkte des Progressive Rock mit artifizieller Musik in den Sechziger und Siebziger Jahren
© Copyright by
Finn Jacobsen
Liebfrauenstr. 12
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Fotocredit (Creative Commons)
Gibson SG: John Tuggle, https://flic.kr/p/7LGh63
Violine: Butz.2013, https://flic.kr/p/m3cEgu
Die vorliegende Arbeit soll sich mit einem Phänomen beschäftigen, das etwa in der Mitte der sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts in der anglo-amerikanischen Rockmusik aufgetaucht ist. Um 1965 begannen Rockgruppen, Momente artifizieller Musik in ihre Songs zu integrieren, woraus eine zunehmende Rezeption und Auseinandersetzung dieser Rockmusiker und ihrer Hörer mit artifizieller Musik resultierte.
Im Laufe einer stilistischen Aufsplitterung der Rockmusik nach 1965 in viele verschiedene nebeneinander bestehende Richtungen, wurde um 1968 der Terminus Progressive Rock (1) von der Musikpresse und der Schallplattenindustrie dazu benutzt, um diese Ausrichtung von anderen Stilen zu unterscheiden. Diese Begriffsbildung in der damaligen Zeit lenkt den Blick auf die generelle Problematik der Terminologie im Bereich der Popularmusik, die für diese Arbeit relevant sein wird. Im Titel ist die Rede von Progressive Rock und artifizieller Musik. Beide Begriffe wurden gewählt, um den zu benennenden Gegenstand adäquat zu fassen. Die Spezialisierung auf den Terminus Progressive Rock soll den so allgemeinen und wenig treffsicheren Ausdruck Rockmusik daraufhin präzisieren, dass es tatsächlich nur um einen kleinen Ausschnitt aus dem vielschichtigen und breitgefächerten Spektrum musikalischer Phänomene geht, das umgangssprachlich als Rockmusik bezeichnet wird.
Nun ist aber bereits die hier stillschweigend vorgenommene Unterscheidung zwischen Rock- und Popmusik heikel. Die Verwendung der Ausdrücke erfolgt in der Sekundärliteratur sehr unterschiedlich. Eine Erklärung dafür ist nach Jerrentrup „der Sprachgebrauch, der in den verschiedenen Ländern zu unterschiedlichen Bezeichnungen geführt hat“. (2) Der Ausdruck Rockmusik bietet offensichtlich die Möglichkeit, ganz subjektive Sichtweisen, Einschätzungen und persönliche Vorlieben als Definitionsgrundlage auf ihn zu projizieren, die wenig überprüfbar und damit weder verifizierbar noch falsifizierbar sind. Für die vorliegende Arbeit wird der Begriff Rockmusik als übergreifender Bereich verwendet, der die Bezeichnung Popmusik mit einbezieht, wobei eine mögliche besondere Bestimmung oder Unterscheidung beider Termini hier nicht weiter fortgesetzt werden soll, da es in erster Linie um die Differenzierung von Rockmusik und artifizieller Musik geht. In dieser Abgrenzung stehen sich Rock- und Popmusik als untergeordnete Bezeichnungen in der Popularmusik wiederum zu nahe, um hinsichtlich musikalischer wie instrumentaler Merkmale sinnvoll und unwidersprüchlich von einander getrennt werden zu können. Allerdings ergibt sich hier bereits das nächste Problem: So präzisierend der Begriff Progressive Rock nun auch sein soll, er ist es leider nicht.
Ähnlich vielfältig wie die übergeordneten Bezeichnungen der einzelnen Rockmusikstile zeigt sich auch die Untergliederung dieses einzelnen Begriffs. Dabei werden aus sehr individuellen Eigenheiten bestimmter Gruppen und Musiker wie Herkunft, Besetzung oder Zeitpunkt des größten kommerziellen Erfolges oberflächliche Etikette geschaffen. So sieht man sich Benennungen gegenüber, deren Aussagekraft recht gering und bei einer wissenschaftlichen Gliederung nicht hilfreich ist. Eine wirklich wissenschaftliche Benennung wie die der artifiziellen Musik gibt es für den Bereich der Rockmusik nicht. Der Begriff Progressive Rock wurde von der Musikpresse benutzt, um, und darin stimmen die verschiedenen Definitionen (3) schließlich überein, eine bestimmte Rockmusik zu kennzeichnen, die den Charakter des Ungewohnten, Neuen und Außergewöhnlichen für sich in Anspruch nahm. Dabei erfüllt der Terminus Progressive Rock eher eine Wertungsfunktion als eine Definition. Dieser neue Stil der Rockmusik konnte für sich das Qualitätsmerkmal in Anspruch nehmen, transkategorial orientiert zu sein, was als progressiv und damit der bisherigen Rockmusik überlegen angesehen wurde. Prägend wurde dabei eine Erweiterung des herkömmlichen Repertoires der Rockmusik in instrumentaler und musikalischer Weise durch die Verwendung von Entlehnungen aus Versatzstücken artifizieller Musik oder auch anderer Rockbands, Collagen aus Klängen verschiedener Herkunft wie Straßenlärm, Sprachklang und musikalischer Partikel sowie der Einsatz rockfremder Instrumente und durch einen Synthesizer elektronisch erzeugter Klänge angesehen. Darzustellen, inwieweit diese Charakteristika wirklich neu und außergewöhnlich waren und worin sie im einzelnen bestanden, soll ein Ziel der folgenden Untersuchungen sein. Hier offenbart sich ein weiteres Problem der Begriffsfelder: Die Beschreibung musikalischer Vorgänge und Phänomene ist im Bereich der Rockmusik alles andere als einheitlich. Alle Versuche, die unternommen wurden, bestimmte Charakteristika und Fachtermini aus der Rockmusik zu extrahieren und glossarisch zu erklären, sind wenigstens unzureichend, teilweise einander gegenläufig und in einigen Fällen schlicht falsch. (4) Erst in den letzten Jahren erschienen Sachlexika zur Rockmusik, die als verläßliche Quellen in Betracht kommen. (5)
Der Begriff artifizielle Musik dagegen soll hier nicht dazu dienen, wie oben nur einen kleinen, bestimmten Ausschnitt zu benennen, sondern ganz im Gegenteil eine musikalische Tradition und Sphäre kennzeichnen, die sich seit dem Entstehen der Mehrstimmigkeit im 9. Jahrhundert auf einen Zeitraum von etwa 1000 Jahren ausdehnt. Es soll vermieden werden, den umgangssprachlichen Begriff der klassischen Musik, im Sinne einer Unterscheidung zwischen so genannter U- und E-Musik, zu verwenden, weil dieser, ähnlich dem Begriff Rockmusik, einer genauen Betrachtung nicht standhält. Schließlich geht es nicht nur um den musikwissenschaftlich damit gefassten Zeitraum der Wiener Klassik, sondern um den gesamten Bereich der Kunstmusik als distinkten Komplex gegenüber der Rockmusik. Um nun eine ähnliche Ungenauigkeit der Terminologie wie in der Rockmusik zu vermeiden, wird in dieser Arbeit ausschließlich die Benennung artifizielle Musik verwandt. Der äquivoke Begriff ‚klassische Musik‘ findet sich im folgenden nur in Äußerungen von Rockmusikern, die sich damit von der anderen musikalischen Sphäre im Sinne eines ‘Wir’ gegen ‘Nicht-Wir’ zu distanzieren suchen, und dadurch ganz bewußt eine antagonistische Haltung einnehmen.
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