Heinrich Düllmann
Mordsriecher Tatort Böblingen
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Inhaltsverzeichnis
Titel Heinrich Düllmann Mordsriecher Tatort Böblingen Dieses ebook wurde erstellt bei
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Impressum neobooks
Es war ein milder Frühlingsabend. Dirk Schnabel schlenderte über den Bürgersteig vor einem Hochhaus in Böblingen und spielte auf seinem iPhone OnlineFussballManager . Plötzlich schrie ein Kind aus einem der oberen Stockwerke, was ihn kaum in seiner Konzentration störte. Vielmehr schmunzelte der dreifache Vater sogar über die Lärmbelästigung, um die er sich ausnahmsweise nicht kümmern musste. Er genoss es, ungestört spielen zu können. Zu Hause konnte er sich selten konzentriert dem Strategiespiel widmen. Da er bei der Arbeit keine Gelegenheit hatte, sich um das Spiel zu kümmern, wollte er das unbedingt vor der Rückkehr erledigen.
Er setzte sich auf eine Bank und merkte bei den umfangreichen Einstellungen nicht, dass das Kind aufgehört hatte zu schreien.
Plötzlich riss er blitzschnell den Kopf hoch und sprang auf, weil ihn ein schriller Hilferuf aufschreckte.
»Friediiiiiiiii«
Er sah eine Frau mit einem Kind über die Brüstung eines Balkons fallen. Die Krone eines Baumes federte den Sturz nur wenig ab. Beide krachten durch die Äste und landeten auf dem Rasen der Grünfläche. Für Sekunden stand Schnabel starr vor Schreck einfach nur da. Die Frau lag auf dem Rücken, das Kind auf ihr.
Als er die Unglücksstelle erreichte, bewegte sich das Kind, das drei oder vier Jahre alt sein mochte. Es ertastete ein Stofftier, das unter dem Kopf hervoräugte. Daraufhin öffnete es die Augen, hob den Kopf und flüsterte:
»Mama, Friedi ist auch da!«
Hilflos blickte es auf das Gesicht der Mutter, die stumm und regungslos blieb.
»Mama, Mama! Was ist los?«
Verzweifelt schüttelte das Kind die Mutter an den Schultern, dennoch reagierte sie nicht. Daraufhin krabbelte es von der Mutter hinunter, um sich dann ganz dicht an sie zu schmiegen, sodass es ihr direkt ins Ohr flüstern konnte:
»Aufwachen, Mama! Mama, aufwachen!«
Doch sie wachte nicht auf. Das Kind weinte und streichelte ihre Wange.
Wie ein Lauffeuer hatte sich das Unglück herumgesprochen und sofort viele Leute angelockt. Es herrschte eine beklemmende Atmosphäre. Fassungslos starrten die herbeigeeilten Personen auf die Unfallstelle. Einige Schaulustige zeigten jedoch wenig Anteilnahme, sondern gafften die Verunglückten einfach nur aus nächster Nähe an. Ein junger Mann fotografierte sogar die beiden Körper mit seinem Handy.
Dirk Schnabel kam sich in der Menschenansammlung verloren vor. Immer mehr Leute strömten herbei und drängten ihn unsanft zur Seite, um schneller voranzukommen. Da stand unvermittelt ein Mann neben ihm, der sich erkundigte, was denn geschehen sei.
»Eine Frau ist mit einem Kind vom Balkon gestürzt. Sieht nicht gut aus!«, stammelte Schnabel und zeigte auf den vierten oder fünften Stock.
»Wo? Von dort oben?«, fragte der andere Mann fassungslos.
»Nicht auszudenken, wenn das unsere Wohnung ist!«, sagte er leise vor sich hin. Dann drehte er sich blitzschnell um und schrie in die Menge hinein:
»Lassen Sie mich durch! Macht Platz! Das ist meine Familie!«
Er machte sich so durchdringend bemerkbar, dass die Leute bereitwillig eine Gasse bildeten, durch die er sich drängte.
»Oh, mein Gott!«, klagte der zu Tode erschrockene Mann und schlug sich die Hände vors Gesicht, nachdem er seine Frau und Tochter erblickt hatte. Völlig aufgewühlt trat er dicht an sie heran und bückte sich zu ihnen hinunter.
»Papa«, flüsterte das Mädchen kraftlos. Die Kleine ergriff einen Zipfel seines Pullovers und zupfte vorsichtig daran. Daraufhin half er ihr vorsichtig auf und prüfte, ob sie verletzt war. Behutsam nahm er sie in die Arme. Sie schien wohlbehalten.
»Linda! Dir ist nichts passiert«, sagte er erleichtert.
»Gott sei Dank.«
Als sein Blick jedoch auf seine Frau fiel, stellte er seine Tochter wieder auf dem Boden ab und ging in die Hocke.
»Mama redet nicht.«
Die Kleine blickte weinend ihren Vater an, der wie versteinert auf den leblosen und blutverschmierten Körper starrte. Urplötzlich berührte eine Hand seine Schulter, und bevor er etwas sagen konnte, sprach ihn eine männliche Stimme entschlossen von hinten an:
»Ich bin Sascha Kienle, der Notarzt. Ich bitte Sie, zurückzutreten, damit wir ungestört arbeiten können!«
»Aber ... das ist ... Clara ... das ist doch meine Frau«, stotterte er entschuldigend.
»Wir tun jetzt das Menschenmögliche für sie«, sagte der Arzt und zog ihn ohne weitere Diskussion vom Unglücksort weg. Gert Kunkel pendelte hin und her oder stellte sich auf Zehenspitzen, um die Rettungsmaßnahmen zu verfolgen. Aber er sah nur wenig. Das machte ihn noch ohnmächtiger. Am liebsten hätte er jetzt seine Angst herausgeschrien.
»Ich will zu Mama«, protestierte Linda und wollte sich von ihm lösen.
»Ach, Linda«, seufzte er und drückte sie an die Brust:
»Das geht jetzt nicht. Mama wird gründlich untersucht! Da stören wir!«
Linda versuchte, sich aus der Umklammerung zu befreien. Gert überlegte kurz, ob er sie vom Unfallort wegbringen sollte, um ihr den Anblick zu ersparen. Er verwarf jedoch diesen Gedanken, weil er seine Tochter kannte. Mit allen Mitteln hätte sie sich dagegen zur Wehr gesetzt, gestrampelt oder geschrien. Deshalb packte er sie kurzerhand und setzte sie auf seine Schultern.
»Siehst du etwas?«
Linda stützte sich an seinem Kopf ab und streckte sich nach oben, sodass ihr Vater sie besonders gut festhalten musste.
»Ja, Papa, ich sehe Mama.«
»Das ist gut«, erwiderte er.
Ein zweiter Notarztwagen und ein Polizeiauto waren eingetroffen. Jetzt gelang es der Polizei, die Unfallstelle großräumig abzusperren und die Schaulustigen zurückzudrängen. Vater und Tochter sahen gebannt zu, wie die Rettungskräfte, umgeben von unzähligen Schläuchen, Flaschen und Geräten, sich um die Schwerverletzte kümmerten. »Was ist los, Knuddel?«, fragte Gert seine Tochter, die es heftig durchzuckte.
Sie reagierte nicht. Nach einer Weile begann sie zu zittern und wurde unruhiger. Der Vater sicherte verstärkt mit beiden Händen ihren Sitz.
»Was ist los, mein Knuddel?«
»Alles gut, Papa!«, antwortete sie prompt, um ihn zu beruhigen. Aber sie selbst war völlig durcheinander und fragte sich verwundert, was passiert sei. Und wieso sie viele Worte verstand, die um sie herum gesprochen wurden. Vielmehr als früher. Sie schüttelte mehrmals den Kopf und schaute sich um, weil sie es nicht glauben konnte. Noch nie hatte sie so gebannt auf die Mundwinkel der Menschen geschaut und auf deren Worte geachtet wie in diesem Augenblick. In der Tat erfasste sie unmittelbar die Bedeutung der Aussagen. Sie konzentrierte sich auf das Gespräch zweier Frauen.
»Das wäre ein Wunder, wenn sie überlebt!«
»Ich frage mich, was da oben passiert ist. Das war kein Unfall. So unvorsichtig ist keine Mutter!«
»Denkst du an Mord?«
»Ja, warum nicht?«
»Ich finde, du siehst zu viele Krimis im Fernsehen. Wer kann so herzlos sein und eine Mutter mit ihrem Kind in den Tod stürzen!«
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