Peter Urban
Marattha König Zweier Welten Teil 2
Nimmukwallah
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Inhaltsverzeichnis
Titel Peter Urban Marattha König Zweier Welten Teil 2 Nimmukwallah Dieses ebook wurde erstellt bei
Kapitel 1 Kriegstreiben
Kapitel 2 Erste Gefechte
Kapitel 3 Die Belagerung von Seringapatam
Kapitel 4 Armageddon
Kapitel 5 König zweier Welten
Kapitel 6 Kalis Fluch
Kapitel 7 Die Ehre eines Soldaten
Kapitel 8 Des Königs Salz
Marattha Glossar
Historische Anmerkungen
Impressum neobooks
Oberstleutnant John Sherbrooke hatte das 33. Infanterieregiment von Oberst Wesley übernommen und von Madras nach Wallajabad geführt. Henry Harvey Ashtons 12. Regiment unter Major John Picton stand bereits bei Arnee in der Nähe des Baramahal. Die beiden Kommandeure der Einheiten waren zum Stab von General Lord Harris abkommandiert worden. Während Ashton sich anschickte, die Probleme der Eingliederung einer elftausend Mann starken Armee des Nizam von Hyderabad zu lösen und mit dem verbündeten Herrscher zu einer Übereinkunft zu gelangen, was Kommandostruktur und Subordination der indischen Offiziere betraf, erfüllte Arthur die gleichen Aufgaben wie bei der Vorbereitung der Operation gegen Penang. Gemäß der britischen Order of Battle war er erneut Generalquartiermeister, doch für jeden, der sich ein wenig mit der verschlüsselten Sprache kämpfender Truppen auskannte, bedeutete dies, dass er den militärischen Nachrichtendienst leitete.
Außer seinem ältesten und bewährtesten Netzwerk um Lutuf Ullah verfügte er inzwischen auch über mehrere »hirrcarrahs« – indische Berufsagenten und Meldereiter, die der Kaste der Brahmanen angehörten. Arthur hatte sich Lutuf Ullahs Rat über die Sprachunterschiede im Lande zu Herzen genommen und ausschließlich Männer im Karnataka und an der Grenze zu Mysore rekrutiert. Seine eigenen Sprachkenntnisse – wenngleich seit der langwierigen Operation gegen Spanisch-Manila erheblich verbessert – reichten noch nicht aus, um alleine zu arbeiten. Da Montstuart Elphinstone in anderem Auftrag unterwegs war – er organisierte die Versorgung des Expeditionskorps und warb »brinjarries« an – kastenlose Getreide- und Viehhändler, die der Truppe mit ihren Vorräten und Herden folgen sollten –, gestattete er Charlotte, ihn zu begleiten. Wie stets bei solchen Ausflügen trug sie Landestracht und verkleidete sich als Mann. Arthur war nicht ganz wohl dabei, seine junge Verlobte Gefahren auszusetzen; ihm wäre es lieber gewesen, wenn sie bei den Smith-Schwestern geblieben wäre, um sich in Madras zu vergnügen, statt ihn auf halsbrecherischen Ritten über Land zu begleiten und oftmals die Nächte unter freiem Himmel zu verbringen. Doch die Logik der jungen Frau hatte ihn überzeugt: Er brauchte Informationen und Agenten. Die Männer, die am interessantesten für ihn waren, würden sich einem Mann wie ihm niemals anvertrauen, den sie auf den ersten Blick als »pardesi« erkannten, als Fremden. Deshalb musste er von jemandem begleitet werden, der die Rolle des Einheimischen so überzeugend zu spielen vermochte, dass niemand misstrauisch und verschlossen reagierte.
Charlotte hatte Arthur überredet, die rote Uniform abzulegen und sich ebenfalls zu tarnen. Überdies ließ er Eochaid im Stall und wählte ein unauffälligeres Reittier. Sie hatte ihn sogar dazu gebracht, seinen männlichen Stolz und die Soldatenehre hintan zu stellen und es ihr zu überlassen, sich in den schaurigen Spelunken und finsteren Serais umzuschauen, während Arthur sich meist darauf beschränkte, das Gold von »John Company« zu zücken, wenn Charlotte ihm Zeichen gab, oder drohend die Hand an die Waffe zu legen, wenn man ihnen irgendwo zu nahe kam.
Sie waren ein sonderbares Gespann in diesen Tagen, doch irgendwie schien der Plan aufzugehen; General Harris erfreute sich eines Informationsflusses aus Mysore, den die anderen Stabsoffiziere kaum bewältigen konnten. Barrak ben Ullah war bereits weit hinter den »feindlichen« Linien. Als Sohn des größten Pferdehändlers auf dem Subkontinent konnte er ungehindert durchs Land reisen. Dass er genau in dem Augenblick in Seringapatam eintraf, da die Briten und der Nizam sich anschickten, gegen Tippu zu ziehen, verwunderte keinen. Für den Krieg brauchte man Pferde, und die besten Pferde bekam man von Lutuf Ullah. Allerdings gehörte die Herde, mit der er in Mysore eintraf, nicht seinem Vater, sondern der britischen Armee. Über den Residenten des Hauses Ullah in Seringapatam, N Govinda Bhat, sprach Barrak beim Sultan vor und wurde herzlich empfangen. Tippu schätzte es, die Pferde des Afghanen zu kaufen – gute Tiere zu fairen Preisen –, und einmal im Jahr kam der Händler ohnehin nach Mysore. Mit vor der Brust gekreuzten Armen verbeugte Barrak sich tief vor dem Herrscher. Dem »heresi« in französischer Uniform, der neben Tippu stand, schenkte er keinen Blick. »Salam aleikkum! Ich überbringe dem Sultan die ehrerbietigen Grüße meines Vaters und ein Geschenk des Hauses Ullah. Möge Allah Euch gewogen sein, Herr, und Euch Reichtum und Gesundheit im Übermaß schenken.«
Der junge Afghane klatschte in die Hände, und einer seiner Diener eilte mit einer prachtvollen, mit Perlmutt und Silber verzierten Kiste herbei. Barrak öffnete sie, und der Sultan blickte zufrieden auf ein edles, afghanisches Schwert, dessen Scheide und Knauf über und über mit kostbaren Steinen eingelegt waren.
»Du bringst gute Pferde und hoffst, mir alle Tiere zu verkaufen, ibn Ullah. Die Ungläubigen bereiten einen neuen Kriegszug gegen Mysore vor. Dein Vater hat seine Augen und Ohren überall und schickt dich im richtigen Augenblick. Ich hoffe, ihr lasst euch von den üblen Absichten der >heresi< nicht dazu verleiten, Tippu zu betrügen und überhöhte Preise zu fordern.«
Die Stimme des Herrschers klang vergnügt. Das Geschenk hatte ihn gefällig gestimmt, und er wusste, dass die Männer aus Afghanistan immer nur die besten und teuersten Tiere in sein Reich trieben.
Barrak verbeugte sich erneut tief vor dem Sultan. »Herr, die Preise entsprechen wie immer der Qualität unserer Tiere. Lutuf Ullah hat Euch noch nie betrogen.«
Munter schlug Tippu dem jungen Afghanen auf die Schulter. »Wenn er es je versucht hätte, mein Freund, würdest du deinen klugen Kopf nicht mehr auf den Schultern tragen ... Sprich morgen bei meinem Dewan Purneah vor. Er wird einen Offizier schicken, um Pferde für meine Kavallerie auszuwählen.« Tippu klatschte in die Hände und gab Barrak ben Ullah damit zu verstehen, dass die Audienz beendet war. Ein Offizier begleitete ihn aus dem Dowluth Baugh. Vor dem Palast des Sultans herrschte reges Treiben. Einheimische Soldaten und europäische Truppen tummelten sich in der brütenden Hitze; Geschütze rollten vorbei, schwerbeladene Proviantwagen bewegten sich auf das Fort zu, das sich etwa eine halbe Meile östlich bedrohlich gegen den gleißenden Sommerhimmel abhob.
Barrak gab vor, sich nicht sonderlich für diese Dinge zu interessieren. Doch während er munter mit dem Offizier plauderte und dabei überschwänglich die Schönheit und Qualität seiner Pferde rühmte, registrierten seine Augen jeden Wagen, jede Waffe, jede Regimentsfahne. Morgen würde er seinen Handel mit dem Dewan zu einem Abschluss bringen. Anschließend wollte er – aus Gründen der Tarnung – noch ein paar Tage in Seringapatam verbringen und die Offiziere des Sultans zu teuren und ausschweifenden Abendessen einladen. Dann musste er sich so schnell wie möglich auf den Weg nach Madras machen. Wesley hatte ihn wissen lassen, dass die Truppenkonzentrationen am Baramahal und zwischen Arnee, Vellore, Arcot und Wallajabad fast abgeschlossen waren.
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