Leider baumelte sie nicht allzu lange, denn schon nach zwei Stunden Erholungsaufenthalt kam der Poolaufseherrobot auf ihn zugerollt. Es war ein kleines Modell auf vier Vollgummirädern, mit einer silbernen Trommel als Körper und einen zusammengepressten, schnabeltierähnlichen Kopf, der über einen ultraflachen Lautsprecher eine hohe Piepsstimme ausspuckte. „Sir, ich habe Sie die ganze Zeit beobachtet, seit Sie sich hier an den Pool gelegt haben“, brachte der Roboter die Tatsachen ohne Umschweife auf den Tisch.
„Ja, das stimmt. Ich habe hier gelegen“, gab Old Bob vollkommen relaxt zu. „Nach sieben anstrengenden Tagen habe ich mir einen kleinen Urlaub redlich verdient.“ Er wandte wieder den Blick von dem kleinen Roboter ab und lachte über eine akrobatische Einlage eines Kleinkindes im Poolabschnitt für Kinder. Er mochte Kinder und liebte es, daheim auf der Erde mit seinen Enkelkindern zu spielen. Eines Tages würde er sie wiedersehen und dann ...
„Das mag schon sein, Sir“, fuhr der Poolaufseherrobot unbeirrt fort und unterbrach somit Old Bobs Gedankengänge, „aber darf ich dann bitte schön Ihren Club-Mitglieds-Ausweis sehen?“
Old Bob hob erstaunt den Kopf. Mit so einer Frage hatte er nicht gerechnet. „Welchen Club-Mitglieds-Ausweis?“
„Aha, Sie geben also zu, dass Sie kein Mitglied sind und sich hier unberechtigterweise aufhalten?“ Der kleine Roboter fuhr aufgeregt hin und her. Es schien fast so, als ob er sich freue, dass er endlich mal etwas zu tun bekam.
„Äh ...“, äußerte sich Old Bob verlegen. „Ich brauche aber jetzt meine Ruhe! Ich bin auch ganz friedlich hier und störe niemanden.“ Old Bob hoffte, dass seine diplomatische Antwort den Roboter besänftigte.
„Das ist mir egal“, fuhr der Robot ungebremst fort. „Sie sind kein Mitglied unserer Anlage, also müssen Sie jetzt gehen und Ihren Platz für die anderen Mitglieder freimachen.“
„Welche anderen Mitglieder?“ Old Bob erhob sich erneut und sah sich um, konnte aber genügend freie Liegeplätze entdecken, denn bis auf ein paar Liegen, die von Familien benutzt wurden, waren fast alle Plätze rund um den Pool noch zu haben. „Hier ist doch niemand!“
„Die Mitglieder unseres Clubs, die jetzt nicht hier sind, aber hier sein könnten, weswegen Sie jetzt das Feld räumen müssen!“ Der Robot fuhr dicht an Old Bob heran, und aus der silbernen Trommel kamen kleine Greiferchen heraus. Mit ihnen zerrte er an Old Bobs Liege.
„Nein, lass das gefälligst, du miese Rostlaube!“, keifte Old Bob plötzlich lautstark. Er verpasste dem Roboter ein paar Schläge, sodass dieser sich außerhalb Old Bobs Reichweite in Sicherheit bringen musste. „Du Schrotteimer! Ich will meine Ruhe und ich will sie jetzt!“ Er konnte es nicht fassen, dass es außer Hank und Johnny noch jemanden gab, der ihn so auf die Palme bringen konnte, aber dieser Roboter sollte sich noch wundern! Er würde in ihm seinen Meister gefunden haben.
Einige Besucher sahen dem Treiben am Pool interessiert zu.
„Nein, Sie müssen jetzt gehen, sonst muss ich den Sicherheitsdienst rufen!“, bestand der Roboter weiterhin auf seinem Recht und zerrte an einer anderen Stelle von Old Bobs Liege.
„Ich will aber nicht!“, protestierte Old Bob weiterhin trotzig und trat mit einem Fuß nach ihm.
Dieses Mal schaffte es der Robot, rechtzeitig aus der Bahn zu fahren. „Dann müssen Sie Mitglied des Clubs werden und Geld für Ihren Liegeplatz bezahlen!“ Der Poolaufseherrobot hörte auf, an Old Bobs Liege zu rütteln, und öffnete ein kleines Fach an seinem Körper, wo man Geld reinstecken konnte.
„Was? Ach, daher weht der Wind!“, schimpfte Old Bob aufgebracht. „Ich soll auch noch Geld dafür bezahlen? Ich ruhe mich doch bloß ein paar Minuten hier aus. Außerdem habe ich kein Geld bei mir, denn ich wurde entführt! Da hebt man nicht noch mal eben ein paar hundert Dollar am Automaten ab, vor dem der Entführer geduldig wartet!“
„Ein paar Stunden sind keine Minuten, Sir!“, erwiderte der Robot mit Grabesstimme, dann klappte er beleidigt das Fach wieder zu. „Na, dann haben Sie jetzt eben ein Problem.“ Er trillerte laut mit seiner eingebauten Poolaufseherpfeife nach dem Sicherheitsdienst.
„Das werden wir ja sehen!“, schimpfte Old Bob und klammerte sich stur an die Liege. Niemand würde ihn von hier vertreiben können. Das würden sie nicht wagen, wer immer ‚sie‘ auch waren.
Johnny, der Weltraumpirat, war mittlerweile am Strand von Cranberry Island angekommen. Der Strand sah wie jeder x-beliebige Strand in der irdischen Südsee aus. Es gab hier Palmen, einen scheinbar unendlichen Sandstrand, eine super bräunende Sonne und kristallklares Wasser, so weit das Auge blicken konnte. Eine bildschöne Urlaubsidylle. Hier gab es definitiv nichts, das ihn seinem Ziel näher gebracht hätte.
Ein Einheimischer ging an ihm vorüber. Johnny spielte kurz mit dem Gedanken, ihn auszurauben, einer inneren Eingebung folgend, ließ er es jedoch sein. Der Einheimische trug nämlich nur einen Lendenschurz. Er würde garantiert kein Geld oder gar Kreditkarten bei sich haben.
Johnny verschränkte die Arme vor der Brust und blickte sich um. Ein paar Kinder spielten mit ihren Eltern im strandnahen Wasser. Johnny fand diese Idylle einfach nur zum Kotzen. Etwa zwanzig Meter weiter vor ihm sonnten sich mehrere braungebrannte Schönheiten. Diese ließen sein Herz etwas aufgehen. Vielleicht sollte er mal zu ihnen rüberstapfen, überlegte er sich. Möglicherweise ergab sich die Chance zu einem heißen Flirt. Dem Scharm eines gefürchteten Weltraumpiraten würden sie bestimmt erliegen!
Plötzlich sah er aus den Augenwinkeln heraus, wie der Einheimische, der gerade an ihm vorübergegangen war, verschwand. Johnny glaubte seinen Augen nicht und glotzte irritiert hinüber zu dem nahen Palmenhain, wo der Kerl gerade eben noch entlang getrottet war. Ganz eindeutig! Der Einheimische war weg! Johnny rieb sich ungläubig die Augen. Das konnte doch nicht wahr sein! Oder war der Kerl einfach nur weggerannt, weil er jemanden gesehen hatte, der ihn nicht sehen sollte? Johnny zuckte mit den Achseln. Eine Täuschung. Ja, das musste es gewesen sein. Der Einheimische schuldete bestimmt einem anderen etwas und hatte sich bei dem Anblick des Kredithais verdünnisiert.
Johnnys Gedanken kreisten jedoch weiterhin um dieses wunderliche Ereignis. Da am Strand ja keine Vegetation außer dem Palmenhain war, hätte der Typ also nicht so urplötzlich verschwinden können sollen. Oder versteckte er sich hinter einer der Palmen? Johnny zuckte abermals mit den Schultern und tat es als Hirngespenst ab. Er wollte schon das Küken aus seiner Schatulle herausholen, als auf einmal ein ‚Plopp‘ ertönte und derselbe Einheimische wieder von links an ihm vorbeigewatschelt kam. Johnny starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an. Er war so perplex, dass er absolut nichts unternahm, als der Eingeborene direkt vor seiner Nase den Strand entlang in Richtung Palmenhain ging.
Johnny ließ ihn nicht eine Sekunde aus den Augen. Das war definitiv derselbe Einheimische wie vorhin. Daran gab es nicht den geringsten Zweifel. Das konnte aber gar nicht sein, obwohl er sich dessen ziemlich sicher war. Johnny glaubte, seinen Verstand zu verlieren. Er wollte wieder den Blick von dem Typ abwenden, als dieser mit einem leisem ‚Plopp‘ ins Nichts verschwand. Aufgeregt rannte Johnny zu dem Palmenhain hinüber, wo der Fremde verschwunden war. Und tatsächlich: Die Fußabdrücke im Sand führten bis hier her und nicht weiter. Wer immer hier auch gewesen war, er verließ den Ort auf einem Weg, der dem Weltraumpiraten unbekannt war. Johnny dachte an einen dummen Scherz. Jemand wollte ihn garantiert veräppeln, daher warf er vorsichtshalber einen Blick nach oben zur Spitze der Palmen. Doch dort saß niemand, der sich über ihn kaputtlachte.
Читать дальше