Er deckte im Wohnzimmer einen Tisch, stellte die Kerzen auf und die Getränke kalt. Dann holte er die Sachen, die er anzuziehen gedachte aus dem Schrank: seidenes Jackett, seidene Hose, seidenes Hemd, seidener Slip und seidene Slipper.
Das Bett war frisch bezogen, die Kondome lagen bereit. Was wollte er noch? Er war etwas desorientiert und schaltete den Fernseher ein.
"...hat jemand verschiedene Artikel unbrauchbar gemacht. Man nimmt an, dass er weißen Phosphor unter Wasser zerkleinert und ihn dann vorsichtig in einige Waren eingeführt hat. Betroffen sind zum Beispiel eine Handcreme, ein Du..."
Er schaltete ab. Es war ihm wieder eingefallen, er wollte noch duschen. David ging ins Badezimmer, zog sich aus und stopfte alles in einen Wäschesack. Dann ging er zurück in die Küche, um sein neues Duschgel zu holen.
Vielleicht konnte er sie überreden, mit ihm zu duschen, vorausgesetzt, das Zeug war so gut, wie es die Werbung versprach.
David ging ins Bad, schloss die Tür und trat in die Dusche.
Er drehte den Wasserhahn auf und fuhr zurück.
"Puh, ist das kalt!"
Er drehte das warme Wasser voll auf und ging zum Waschbecken. Die Duschgelflasche war blaugrau, aber eigentlich recht unscheinbar. Dafür war die Werbung aber umso eindrucksvoller. Er trat langsam in die Dusche.
"Jaa."
Jetzt hatte es die richtige Temperatur. Oder musste man mit diesem tollen Gel vielleicht kalt duschen?
Er würde es merken.
Wohlig traf ihn das warme Wasser auf seinem Nacken. Es lief seinen Rücken hinunter, warm. Er drehte sich um, so dass das Wasser auch über seinen Bauch lief, über sein Gesicht und über seine Haare. Das tat gut. Ob es mit ihr auch so schön war? Schließlich hatte er sie das erste Mal zu sich eingeladen und er war trunken von der Vorfreude auf dieses Abenteuer. Sie würden sich... Er stand immer noch unter dem warmen Wasser der Dusche. Eigentlich brauchte er keine Kühlung, aber, die Werbung war einfach zu verlockend. David hatte sich Werbung noch nie entziehen können.
Er öffnete das Duschgel.
(Es ist das erste Mal, dass du CLIFF nimmst,)
und roch daran.
(denn CLIFF ist neu.)
Es roch gut.
(Du reibst es auf die Haut,)
Er ließ sich etwas in seine Hand tropfen und rieb es sich auf den Arm.
(und es kühlt wie ein leichter Luftzug.)
Es kühlte jedoch nicht direkt, es brannte . Doch diese Wirkung war nur von kurzer Dauer, dann war es wieder weg. Es lag wohl daran, dass er warm duschte. David hatte sich ja schon so etwas gedacht. Langsam drehte er das warme Wasser heraus, so dass am Schluss nur noch kühles, kaltes Wasser über seinen Körper floss. Ja, so konnte er die Wirkung richtig erleben.
(Du nimmst mehr, und es kühlt mehr.)
Eigentlich war es schon kühl genug, aber wenn es die Werbung so sagte. Er nahm mehr als beim ersten Mal, eine ganze Handvoll und rieb sich damit ein. Es brannte wieder, doch dieses Mal schlimmer als zuvor.
(Und dann spürst du es richtig!)
Er versuchte, durch Reiben das Brennen zu ersticken. Doch durch diese Reibung, entzündete sich der weiße Phosphor. Es war in den Nachrichten darüber berichtet worden. David schrie auf. Jemand hatte Phosphor in Markenprodukte gemischt. Davids Arm brannte. Darunter war auch ein Duschgel. David stand in Flammen. Nicht einmal das Wasser, in dem er duschte, konnte das verhindern, nichts konnte ihn retten.
Er brannte, verbrannte. Seine Temperatur war so groß, dass das Wasser, das ihn traf, verdampfte.
In dieser Hinsicht hatte die Werbung recht gehabt,
CLIFF erfrischt, dass es zischt!
Es war Donnerstag, spät am Abend. Er kam vom Billardspielen. Weil es Winter war, war die Dunkelheit schon über das Land hereingebrochen.
"Tschüß, Leute", verabschiedete er sich von seinen Freunden.
"Ciao, Mischa", meinte sein Freund Hugo. "Und komm gut nach Hause!"
"Klar. Und danke für die Zigarre."
"Gern geschehen."
"Bis morgen."
Mischa fuhr los. Es war ein schöner Abend. Er fühlte sich gut und ihm war noch nicht danach, nach Hause zu fahren. Vielleicht würde er vorher noch in dem Park, der auf seinem Weg lag, Hugos Zigarre qualmen.
Am Bahndamm entlang, unter der kleinen Unterführung hindurch und dann lag er auch schon vor ihm. Er fuhr ein paar Meter über den beleuchteten Fahrradweg und dann hinein in den dunklen Park. Hugo hatte ihm einmal den Tipp gegeben, auf unbeleuchteten Wegen sein Fahrradlicht auszuschalten, was er nun tat. Seine Augen gewöhnten sich schnell an die Dunkelheit und er sah, wie er den mittleren der drei Teiche passierte. Beim letzten Teich hielt er vor einer Bank an und sah sich um.
Es war ruhig und angenehm und der Teich war mit einer Eisschicht überzogen. Das reizte ihn. Sollte er mal testen, ob das Eis wohl halten würde? Lust hätte er, aber-
Zeit für ein bisschen Genuss. Er zog die Zigarre aus der Tasche und ließ den Blick schweifen. Um den Teich herum standen Schilder, die das Betreten der Eisfläche untersagten. Sogar im Sommer! Er musste grinsen.
"Hallo."
Gerade hatte er sich die Zigarre anzünden wollen, aber nun fuhr er erschrocken zusammen. Hinter ihm stand ein Mädchen. Sie schien, wie er in dem spärlichen Licht erkennen konnte, unglaublich hübsch zu sein.
"Oh, hallo", murmelte er inzwischen mehr erstaunt als erschrocken.
Ihre nahezu vollkommene Figur hatte sie in eine Daunenjacke gehüllt und über ihre Schulter hatte sie ein Paar Schlittschuhe gehängt.
"Was machst du denn hier?" fragte er.
"Ich will das Eis testen! Kommst du mit?"
Sie war einfach zu verführerisch. Und wann traf man schon mal mitten in der Nacht ein attraktives Mädchen? In einem Park? Es musste ein Traum sein. Er steckte die Zigarre wieder in die Tasche, deutete auf das Eis und sagte: "Ist das denn schon fest genug?"
Das Mädchen lächelte: "Ich denke, es wird uns schon tragen!"
Sie legte ihre Schlittschuhe auf die Bank, an die er sein Fahrrad gelehnt hatte, lächelte ihn himmlisch an – und betrat das Eis des Teiches.
"Sei vorsichtig", mahnte er.
Sie schien seinen Einwand nicht gehört zu haben, denn sie schritt weiter auf den Teich hinaus. Ohne jede Furcht. Sie war wirklich ein tolles Mädchen, dachte er. Wo sie wohl herkam?
"Du solltest vielleicht nicht so weit rausgehen", versuchte er es ein letztes Mal bevor bei ihm gewissermaßen das Eis brach. "Das ist ja eigentlich verboten. Hast du die Schilder nicht gelesen?"
"Nun komm schon, die gelten nur im Sommer!" Ihr vom Mond beschienenes, lächelndes Gesicht war einfach unwiderstehlich.
"Und wenn wir einbrechen?"
"Werden wir nicht."
"Was macht dich da so sicher?"
"Ich kenne diesen Teich sehr genau!"
"Mich würde interessieren, woher", murmelte er, während er auf das Eis trat. "Warte..."
"Komm", lockte sie ihn. Sie stand fast in der Mitte des Teiches. Lächelnd streckte sie ihm die Hände entgegen und sein mulmiges Gefühl verschwand. Er lächelte.
"Wie oft nimmst du denn jemanden mit aufs Eis?"
"Och, alle paar Jahre!"
"Hmm. Ist sicher nicht ungefährlich."
"Das Eis wird uns schon tragen!"
Er ging auf sie zu. Er war nur noch ein paar Schritte von ihr entfernt. Ihr Lächeln war so strahlend. Und dann war es um ihn geschehen. Er verliebte sich in sie. Mit ihr, das wusste er plötzlich, würde ihm nichts passieren. Sie war… dann hatte er es begriffen. Sie war die Frau seines Lebens. Mit ihr wollte er zusammenbleiben, bis zu seinem Tod, nein, bis in alle Ewigkeit! Ihm war auf einmal klar, dass sie füreinander bestimmt waren. Er lächelte glücklich. Sie öffnete ihre Arme… und er brach ein. Das Eis war zu dünn gewesen. Jedenfalls für einen Menschen.
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