Impressum:
Der informierte Patient im Krankenhaus
Copyright: © 2012 Dr. Wolfgang Seidel
Druck und Verlag: epubli GmbH, Berlin
www.epubli.de
E-Book-Produktion: melle newmedia, Potsdam
ISBN 978-3-8442-3258-5
epubli-Verlag
Der informierte Patient
Sie müssen ins Krankenhaus?
Wer sich auskennt, hat weniger Stress.
Mit weniger Stress und Angst
werden Sie schneller gesund.
Wolfgang Seidel
1 Einleitung
1.1 Information ist fast die halbe Genesung
Sie müssen also ins Krankenhaus, liebe Leserin, lieber Leser, oder sind schon dort, in einer Ihnen vielleicht sogar bedrohlich erscheinenden Welt. Ich kenne diesen Betrieb Krankenhaus ziemlich gut. Fast vier Jahrzehnte habe ich darin gearbeitet, und ich musste Kliniken auch mehrmals als Patient erleben. Ich weiß um die Erwartungen, die Hoffnungen auf schnelle und vollständige Heilung, die mit dem Krankenhaus verbunden sind.
Ich kenne aber auch die unbestimmten Ängste, nun eingespannt zu werden in einen hochtechnisierten Betrieb, der getrimmt ist auf Rationalität, Effektivität, Verlässlichkeit und Erfolg, der irgendwie unheimlich ist, über den man schon sehr Unterschiedliches gehört hat, in den man sich aber einfügen muss. Wir werden hinter die Kulissen der letztlich segensreichen „Apparatemedizin“ schauen, soweit Sie als Patient mit ihr in Berührung kommen.
Im „Dienstleistungsbetrieb“ Krankenhaus arbeiten andererseits viele Menschen. Mit einigen von ihnen werden Sie recht engen Kontakt haben. Sie werden von Ihnen vielleicht sehr abhängig sein, abhängig also von Menschen, die Sie nicht kennen und nicht ausgewählt haben. Sie werden unvermittelt versetzt in eine Welt zwischenmenschlicher Netzwerke, die ihre eigenen, eingeschliffenen Regeln haben. Sie kommen in die Obhut vieler Fachleute, die Ihnen mit ehrlicher Hilfsbereitschaft, aber doch in professioneller Geschäftigkeit zur Seite stehen wollen.
Es werden also auch zwischenmenschliche Fragen auftreten. Daher werde ich Hinweise, vielleicht Ratschläge in psychologischer Hinsicht geben. Je besser man den anderen und seine Intentionen und Motivationen versteht, desto ersprießlicher wird das gemeinsame Wirken sein.
Und der Krankenhausaufenthalt wird schließlich eine Zeit sein, in der Sie sich mehr mit Ihrem Körper oder Ihren psychischen Reaktionen befassen (müssen) als sonst. Es ist ein Ausnahmezustand für Sie, Neuland bezüglich mancher Eigenerfahrung. Aber man weiß einiges über viele dieser Phänomene. Auch darüber werden wir sprechen.
Information ist die halbe Genesung? Es ist immer gut, wenn man vorher weiß, was einen erwartet. Dafür sammelt man Erfahrung. Man kann sich dann auf das Kommende einstellen. Nicht nur wissensmäßig sollte man vorbereitet sein, also bezüglich harter Fakten, sondern ganz entscheidend auch bezüglich der inneren Einstellung. Denn Bedenken, Vorurteile oder gar Ängste können tatsächlich den Heilungsverlauf ganz wesentlich beeinträchtigen. Das Unterbewusstsein spielt häufiger eine Rolle, als man gemeinhin annimmt. Und diese Einstellung kann man mit dem Verstand steuern. Ich werde Ihnen Hinweise geben.
1.2 Richtige Annahmen für eine ungewisse Zukunft
In den ersten Stunden im Krankenhaus fühlt man sich irgendwie unsicher. Man kennt den Tagesablauf nicht, die Regeln, die hier gelten, die Tabus, gegen die man nicht verstoßen möchte. Wie soll man alles richtig machen, um möglichst bald und gesund wieder herauszukommen? Mich hat dieses Gefühl auch beschlichen, obgleich ich alles wusste, was ich in diesem Buch schreibe. Gefühle kommen einfach. Aber ich hatte niemals das Gefühl der Angst.. Das war überaus beruhigend, und da könnte ich Sie unterstützen.
Denn wenn man das Kommende schon einigermaßen kennt oder ungefähr einschätzen kann, hat man einfach weniger Angst - zum Beispiel davor, in falsche Hände zu geraten oder dass jemand bei mir etwas Unnötiges oder einen Fehler macht. Man könnte auch Angst haben, jemanden durch unpassende Äußerungen vor den Kopf zu stoßen, auf dessen wohlwollende Hilfe man hofft. Hinzu kommen ja noch verständliche Ängste, dass sich die Krankheit als besonders gefährlich und ihr Verlauf als unerwartet komplikationsreich erweisen könnte. Und auch die Frage, ob die eigene Kraft reichen wird, um die kommenden Belastungen durchzustehen, macht Angst.
Ängste bedeuten Stress, über den wir in Abschnitt 7.1 mehr erfahren werden. Er ist für die Genesung schädlich. Und er drückt oft die Stimmung. Dadurch kann der nachweislich vorteilhafte Einfluss durch gute Laune und Freude verloren gehen. Wie gewinnt man da das Lachen zurück? „Lachen ist gesund“, sagt man. Es macht tatsächlich gesund, unter anderem natürlich.
Wie aber kann die Information, die ich Ihnen in diesem Buche anbiete, zu Ihrer guten Stimmung beitragen? Es gibt dafür eine einleuchtende Theorie. Ich sollte sie Ihnen gleich hier im Vorwort erläutern, und ich werde dann auch sagen, warum. Die Theorie geht von den Erwartungen aus, die jeder Mensch an das Vorhaben knüpft, das er gerade beginnt oder durchführt.
Jeder macht mehr oder weniger bewusst eine „Annahme“ über das Ergebnis seines Tuns. Die Annahme kann je nach Temperament (über das wir noch in Abschnitt 4.8 reden) ganz realistisch sein oder einem Luftschloss gleichen. Erinnern Sie sich, wie Sie unlängst eine nicht ganz einfache Aufgabe zu lösen hatten. Vielleicht wollten Sie Ihre Freunde zu einem Essen einladen, dass Ihnen so gut schmeckt, und das Sie nun auch selbst zubereiten wollten. Während Sie die Zutaten einkaufen, malen Sie sich aus, wie gut Ihnen die Speise gelingen und wie die Freunde Sie loben werden. Das ist Ihre Annahme, wie das in Abb. 1.1 links oben angedeutet ist. Die Stimmung, die Sie dann am Ende des Abends haben werden, wenn die Gäste wieder gegangen sind, hängt klar von der Reaktion Ihrer Freunde ab und ist ganz rechts an der Skala der Abbildung abzulesen. Hat man mit großen Appetit gegessen und Sie gelobt, stimmt also der „Istwert“ des Erreichten mit dem vorher festgelegten „Sollwert“ Ihrer Annahme überein, erzeugt das Belohnungssystem in Ihrem Gehirn Freude, indem es die Ausschüttung von „Glückshormonen“ veranlasst.
Auch wenn Sie ins Krankenhaus müssen, haben Sie Erwartungen. Die Annahmen betreffen nicht nur den Erfolg des Aufenthalts im Ganzen, sondern auch viele kleine Einzelheiten. Wie sehr schon falsche Vorstellungen über die Aufnahme die Stimmung drücken können, mag die Abbildung 1.2 andeuten. Je mehr Ihrer Annahmen tatsächlich zutreffen werden, desto besser werden Sie sich vor deprimierenden Enttäuschungen schützen und die möglichen Erfolge erreichen können. Dem richtig Informierten bietet auch ein Krankenhaus Erfolgserlebnisse - durch den Erfolg vorausschauenden Wissens.
Das ist nun auch mein Anliegen in diesem Buch: Ihnen möglichst viele Informationen zu geben, die sich später als richtig erweisen und Ihnen die beruhigende Gewissheit geben, sich doch etwas auszukennen, mehr noch aber das Gefühl, mit Ihren Annahmen richtig zu liegen und zufrieden sein zu können, weil vieles so kam wie erwartet.
Abb. 1.1: Unsere Stimmung hängt davon ab, ob unsere Annahmen richtig oder falsch waren. Vor dem Ende einer Tätigkeit macht man Annahmen, wie das Ergebnis ausfallen könnte. Im geschilderten Beispiel geht es um die selbstgestellte Aufgabe, ein besonderes Mahl zu bereiten. Falls das Ergebnis mit der Annahme übereinstimmt, freut sich der Ausführende. Seine gute Stimmung ist Motivation für weitere Aktivitäten. Da die gute Laune vom Belohnungszentrum gesteuert wird, kann man sie auch als Anerkennung für die Nutzung richtiger Informationen, die zum Erfolg führten, deuten, sowie für ausreichende Selbstkritik und für die richtige Einschätzung der Reaktion des Geschmacks der Gäste, also für Menschenkenntnis. Final gesehen wird man durch die “Belohnung“ mittels guter Stimmung zur Mehrung dieser Kenntnisse aufgefordert.
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