Lach.. Trampel.
Mein Gott! Die ist ja noch einfallsloser, als die anderen. "..ich bin
mir sicher, dir helfen zu können.." äffte ich sie in Gedanken nach.
Trampel.
Kleinweise erzürnten mich diese Wunderheiler. Und bei der Kreativität
und dem "gewaltigen" Inhalt, den sie mir sandte, bin ich wohl auf eine
wirklich dumme Nuss gestoßen, die meint, mir zwei nette Worte zu sagen,
auf die ich genau von ihr gewartet habe.. grummmm....
Eigentlich ignorierte ich solche wirklich dummen, inhaltslosen Mails.
Aber in meinem Zorn - schon alleine der Ehre halber, nämlich nun schon
vom letzten Idioten für durchschaubar gehalten zu werden - klickte ich
wild auf "Antworten".
"Hi! Hilfe? Du willst mir helfen? Wobei genau? Was fehlt mir? Hast Du
vielleicht den guten Rat für mich, mich selbst zu lieben?... Wahh. Soll
ich Dir umgekehrt was sagen? Ich durchschaue DICH! Nicht umgekehrt! DU
bist so derart gemobbt worden, dass Du hier nurmehr ein Schatten Deiner
selbst bist!"
Mein Dampf war raus. Vor mir stand das so begonnene Mail. Mein Inhalt
stimmte! Er war die richtige Antwort, um diese Närrin zu
desillusionieren! Ich schaffe mir hier keine Götzen, die meinen auf
mich, wie auf ein Patscherl herunterblicken zu können. Da soll sie mich
lieber für ein Arschloch halten und einen Bogen um mich schlagen!
Andererseits, tat sie mir leid. Gemobbt.. sicher selbst eine große Ruine
in ihr und.. sie meinte es ja gut. Also atmete ich meinen Restzorn aus
und schrieb weiter:
"Schau, ich will Dich nicht angreifen. Und, alleine, dass Dich Dein
Leben hier her geführt hat, ist schlimm genug. Ich will da nicht auch
noch meinen Beitrag leisten. Es war gut gemeint, aber ich sage es Dir
ganz offen: Es erzürnt mich, wenn jeder Dahergelaufene meint, ich sei
ein offenes Buch für ihn. Alles Gute und ich wünsche Dir, wieder hinaus
zu finden von hier. Ralf"
Während ich das Forumfenster in meine Taskleiste legte, stöberte ich
nach Abschlussarbeiten von Psychologen, die sich mit meiner inneren
Dunkelheit befasst hatten.
"Sie haben Post von Anette".
Nun wurde ich aber sauer. Aggressiv klickte ich auf ihr Mail.
"Hi! Das wird Dich nun noch mehr erzürnen: Aber ich habe gewusst, dass
ich mein Mail so verfassen musste, damit Du mir zurück schreibst. Nun
bin ich mir felsenfest sicher: Dir kann ich helfen. Ich kann Dich
finden lassen, wonach Du suchst. Liebe Grüße Annette"
Ja ist denn die..?????
Irritiert, zwischen Zorn und Neugierde schwankend, klickte ich auf
"Antworten":
"Na dann hilf mir, bitte. Sag an, lass mir Deine heilende Worte, Deine
Wunderbotschaft zuteil werden! Ralf"
Ich hatte den Anschluss verloren an die Abschlussarbeit eines
bemerkenswerten Psychologen, den ich durch mein Stöbern im Net
ermittelt hatte. Neugierig fixierte ich meinen Bildschirm.
"Sie haben Post von Annette".
Hektisch klickte ich auf ihr Mail.
"Das kann ich hier nicht. Dazu müssen wir uns persönlich treffen:
Kommenden Samstag, 17:00 Uhr, klick auf den folgenden Link, da hast Du
die Wegbeschreibung. Ich freue mich, Dich in Dein Leben zu führen!"
"Die meint doch nicht allen Ernstes" schoss es mir durch den Kopf,
während ich auf "Antworten" klickte und meine Finger wild auf die
Tasten meiner Tastatur einstachen.
"Du meinst doch nicht allen Ernstes, dass ich mich von Dir verarschen
lasse?! Ralf"
Der Cursor blinkte. Mein Posteingang blieb leer.
Ich konnte es nicht fassen, dass ich bis über Mitternacht einfach da saß
und den Posteingang fixierte, der leer blieb.
Die nächsten beiden Tage wollte mir in meiner Arbeit nichts gelingen.
Seit meine Welt ihre Farbe verloren hatte, kostete es mich auch so
schon ungemein Konzentration, meine Aufgaben so zu erfüllen, damit ich
nicht auffiel. Aber nun, seit dem Mail von Annette, war ich gefesselt
in einer Endlosschleife an Gedanken.
Ich war ein stolzer Mensch. Hatte nicht vor, mich so billig ansteuern zu
lassen. Ich war der Herr über meine Zeit und mit was ich mich
beschäftigte und auseinander setzte, bestimmte ich! Niemand anderer!
Trotzdem. Mit diesem blöden, nichts sagenden Mail, das mich zu einer
schlimmen Enttäuschung führen würde, hatte es Annette geschafft, meine
Gedanken zu kontrollieren. Ich ärgerte mich darüber.
Vermutlich ist sie Energetikerin, lockt auf diese Weise ihre Kunden an.
Eine Kerze, ein irrer, weltentrückter Blick und die Zusicherung, dass
nun Erleuchtung in mich einfließt. Mir ab Montag das Leben wieder sowas
von Spaß machen würde.. grrrr..
Am Samstag versuchte ich mich abzulenken. Legte mir einen Terminplan
zurecht, der mich über die von Annette vorgegebene Zeit in Anspruch
nehmen würde. Ich konnte nichts! Mir gelang null! Mein Geist blieb fest
verankert bei Annette.
"ALSO GUT! ICH WERDE ES BEREUEN!" fluchte ich innerlich, als ich mich
duschte, umzog und zu diesem Termin aufbrach. "Sie wird aber Einiges zu
hören bekommen, wenn sie meint, über mich so verfügen zu können und
mich mit so Blödheiten abspeisen mag. Sie wird sich wundern, wer hinter
dem steckt, den sie meint, kontrollieren zu können..!"
Mit diesen Gedanken folgte ich meinem Navi. Es war mir nicht möglich,
den Zielort einzugeben, aber zumindest den Ort, der davor lag, erfasste
mein Gerät. Hier war ich mein Lebtag lang noch nicht. An sich nicht
allzu weit, aber mir ebenso fremd, wie die Umgebung um Fairbanks in
Alaska, wo ich ebenso noch nicht war.
Wald. Sie foppte mich. Hier war nur Wald!
Ich nahm die Karte zur Hand, zu der der Link führte, den sie mir mit
gesandt hatte. Tatsächlich, hier führte mitten in der Wildnis eine
kleine Forststraße zwischen dem dichten Bewuchs durch. "Nur für
Anrainer". Also musste es dort tatsächlich wem geben, der da wohnt.
Nach knapp 10 Minuten auf der teils ausgeschlagenen und ausgewaschenen
Sandstraße, wollte ich aufgeben. Auf der Suche, nach einer Möglichkeit
zu wenden, stand ich unverhofft vor einem alten Forsthaus. Ein
Blockhaus, zwar augenscheinlich sehr alt, aber bestens erhalten. Licht
schimmerte aus einem der Fenster. War es da drinnen so finster? Es
wirkte wie Kerzenlicht. Es war doch zwar schon später Nachmittag, aber
es war Sommer und 17:00 Uhr! Wohl noch lange nicht Dämmerung!
Niemand, der mir entgegen kam. Nun war ich mir sicher, einem dummen
Streich aufgesessen zu sein. Ich würde sie sowas von.. Dann knarrte die
seitlich gelegene Eingangstür.
"Das konnte sie ja wohl nicht sein" lachte ich innerlich. Ich suchte
nach einem Häufchen. Frau Unsicherheit. Die Frau, die mir hingegen
entgegen kam, hatte mit der gemobbten Aus-dem-Leben-Geworfenen nichts
zu tun. Sie war elegant, trug langes, dunkles Haar, war schlank und
bewegte sich anmutig. Was aber wirklich ausschloss, Annette zu sein,
war ihre Ausstrahlung. Selbstbewusst, mit aufrechter, fast...
"herrischer".. Haltung glitt sie auf mich zu, während sie mir mit ihren
großen Augen tief und ernst in meine blickte.
Das war nicht Annette! Das war die Gebieterin über diese Liegenschaft,
die es satt hatte, dass sich ständig jemand hierher verirrte oder von
einer gewissen Annette auf ihr Anwesen in den April geschickt wurde.
Möglicherweise war Annette eine Kontrahentin und wollte auf diese Weise
dieser Frau eins auswischen.
Der Auftritt dieser Frau ließ mich förmlich werden. "Ich möchte mich
vielmals dafür entschuldigen, dass ich ihr Grundstück.."
"Du kommst zu spät!" rügte sie mich, ohne ihre Ruhe zu verlieren oder
Читать дальше