
BMW »Barockengel«: Die Oberklassenlimousine BMW 501/502 wurde von der Kundschaft nicht wie erhofft angenommen, ebenso die von Designer Albrecht Graf von Goertz attraktiv geformten Modelle BMW 503 und 507. (Bild: AlfvanBeem / Wikimedia Commons)
BMW Isetta: Weil bei BMW für eine eigene Entwicklung nicht genug Geld vorhanden war, hatten die Münchner von der italienischen Firma OSI die Lizenz zum Nachbau ihres Kleinstmobils erworben. Das kleine »Motocoupé« von BMW verkaufte sich gut. (Bild: Viggen / Wikimedia Commons)
Hingegen verkaufte sich die Isetta, ein in Lizenz gebautes kleines »Motocoupé« von BMW, besser als erwartet. Weil bei BMW für eine eigene Entwicklung nicht genug Geld vorhanden war, hatten die Münchner von der italienischen Firma OSI die Lizenz zum Nachbau ihres ungewöhnlich konzipierten Kleinstmobils erworben. Statt eines Zweitaktmotors setzten die Ingenieure der BMW Isetta den Einzylinder-Viertaktmotor aus dem Motorrad R 25 ein, später folgte ein geringfügig stärkerer Motor mit
300 cm3 Hubraum. Immerhin 161.728 »Isetten« sollten von März 1955 bis Mai 1962 das Fließband verlassen.
Der viersitzige BMW 600, eine größere Isetta mit Rücksitzbank und einer zusätzlichen Seitentür, wurde von der Kundschaft eher verschmäht. Das war kaum verwunderlich, denn bei der Entwicklung des BMW 600 standen vor allem handfeste wirtschaftliche und weniger ästhetische Motive im Vordergrund. Zur steuerlichen Situation 1957 schreibt Georg Seeliger: »Oberhalb von 600 ccm stieg die Hubraumsteuer steil an, Motorleistungen über 20 PS zogen erheblich höhere Versicherungsprämien nach sich. Gleichzeitig erlaubte der Fiskus in Deutschland für Fahrzeuge mit mehr als 500 ccm eine Abschreibung von 50 Pfennig [ca. 25 Cent] pro Kilometer für den Arbeitsweg. Besitzer hubraumkleinerer Vehikel durften lediglich 36 Pfennig [ca. 18 Cent] absetzen.« {1}
Der ab September 1957 angebotene BMW 600 besaß einen im Heck eingebauten Zweizylinder-Boxermotor mit 585 cm3 Hubraum, der ebenfalls aus der BMW-Motorradsparte stammte und gedrosselt 19,5 PS (14,4 kW) bei 4.500 U/min leistete. Trotz dieser exakten Positionierung der »großen Isetta« hinsichtlich Leistung und Hubraum wurde das Modell zum Misserfolg. Dies nicht unbedingt aufgrund technischer Rückständigkeit, denn hier konnte der BMW 600 mit einer modernen selbsttragenden Karosserie, einem vollsynchronisierten Getriebe und asymmetrischem Abblendlicht punkten. Vielmehr lag der BMW mit einem Kaufpreis von 3.985 DM (ca. 2.000 Euro) auf Augenhöhe mit dem VW Käfer – und der bot neben deutlich mehr Platz und Kofferraum auch mehr Prestige als die aufgerüstete Isetta.

BMW 507: Wunderschön anzusehen, aber für die meisten Bewunderer unerschwinglich. Vom zweisitzigen Roadster BMW 507 wurden nur 254 Stück gebaut – zu wenig, um damit Geld zu verdienen. (Bild: Stefan Krause, Germany / Wikimedia Commons)
Bald schon machten Gerüchte um einen neuen kleinen BMW die Runde, der 700 cm3 Hubraum besitzen und über eine konventionelle Karosserie ohne Fronteinstieg verfügen sollte. Diese Gerüchte wirkten sich ebenfalls negativ auf die Verkaufszahlen des BMW 600 aus. Demgemäß endete schon im Dezember 1959 die Produktion der »großen Isetta«; lediglich 34.813 Exemplare waren in der knapp zweijährigen Bauzeit hergestellt worden. Ein wirtschaftlicher Erfolg war der BMW 600 nicht, vielmehr hatte er »die Talfahrt der Münchner eher beschleunigt als gehemmt« {2}
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Auch mit schweren Motorrädern ließ sich kein Geld mehr verdienen, eher noch mit kleinen Motorrollern, die jetzt in Mode kamen. Doch die hatte BMW nicht im Programm. Es galt: Wer als Erwachsener etwas auf sich hielt und es sich leisten konnte, der wechselte lieber heute als morgen vom Zwei- zu einem Vierrad. Diese Sachlage war auch in München bestens bekannt, denn bereits 1957 hatte Generaldirektor Dr. Heinrich Richter-Brohm, der BMW seit dem 1. März 1957 leitete, eine Marktanalyse anfertigen lassen. Auf 133 Seiten stand dort zu lesen, warum BMW seit Jahren auf Talfahrt war – zu lesen war dort aber auch, welche Maßnahmen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage notwendig waren.

BMW Isetta 600: Die »große Isetta« BMW 600 konnte mit einer modernen selbsttragenden Karosserie, einem vollsynchronisierten Getriebe und asymmetrischem Abblendlicht punkten. Mit ihrem Kaufpreis lag sie allerdings auf Augenhöhe mit dem VW Käfer. (Bild: Lothar Spurzem / Wikimedia Commons)
Benötigt wurde ein moderner Mittelklassewagen (»Mittelwagen«), der sinnvollerweise 1.600 cm3 Hubraum und mindestens 80 PS leisten musste. Gleichzeitig sollte dieser Wagen die Basis für stärkere Modellversionen bilden. Vorstandschef Richter-Bohm rechnete mit einer Jahresproduktion von 24.000 Stück. Schnell begannen die Arbeiten an diesem Projekt, erste Erlkönigfotos von Prototypen machten in Fachkreisen die Runde. 1959 hätte die Produktion des Mittelklasse-BMW beginnen können. Doch daran war nicht zu denken, denn es wurden 35 Millionen DM (ca. 18 Millionen Euro) für die Entwicklung dieses Modells benötigt.
Hierzu erklärt BMW: »So verfolgte BMW seit Mitte der 1950er Jahre das Projekt eines modernen „Mittelwagens“, mit dessen Hilfe die Konsolidierung des angeschlagenen Unternehmens gelingen sollte. Doch es fehlten schlicht die finanziellen Mittel, den weitgehend fertig entwickelten Wagen bis zur Serienreife zu vollenden. Das Projekt musste Ende 1958 aufgegeben werden.«{3}
Den Hintergrund des Scheiterns erläutert Georg Seeliger in einer Publikation zu den Kleinwagen von BMW: »Der damalige Finanzchef Ernst Kämpfer erinnerte sich, daß Dr. Robert Frowein, der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende, in einem Gespräch mit einem Konsortium der Deutschen und der Dresdner Bank sowie der bayerischen Staatsbank diese Summe zugesagt bekam. Nach seinem plötzlichen Tod Anfang 1958 standen die Banken jedoch nicht mehr zu dieser mündlichen Verpflichtung.«{4}
Während der BMW 600 als kostengünstige technische Notlösung galt und die Entwicklung des Mittelklassemodells aus Geldmangel abgebrochen werden musste, konkretisierten sich die Pläne für das Modell BMW 700. Unter der Mitarbeit des italienischen Designers Giovanni Michelotti entstand ein moderner kleiner Wagen mit selbsttragender Karosserie und Zweizylinder-Heckmotor. Dieser noch vor der IAA 1959 von Helmut Werner Bönsch, dem Direktor für Technische Verkaufsplanung, präsentierte neue BMW 700 stand in direktem Wettbewerb zum VW Käfer.
»Als Bönsch das neue Coupé enthüllte, klang spontaner Beifall auf. Vor den Journalisten stand ein Fahrzeug mit einem Radstand von 2.120 mm, einer vorderen Spur von 1.270 mm und einer hinteren Spur von 1.200 mm. Damit war der BMW 700 den damals üblichen Kleinwagenwerten entwachsen und gestattete eine relativ freizügige Raumgestaltung. Besonders stolz waren die Konstrukteure darauf, dass sie bei einer Gesamtlänge von 3.540 mm durch konsequenten Leichtbau ein Trockengewicht von unter 600 kg und damit die Voraussetzung für günstige Beschleunigungswerte und gutes Bergsteigevermögen erreicht hatten.«{5}
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