Nach dem Austausch von Banalitäten würde man ihm die Dienste als Fremdenführer oder ein Souvenir zum Kauf anbieten, eine Dienstleistung erbitten, ein Restaurant dringend empfehlen oder um ein Geschenk, am liebsten etwas Geld, bitten. Und richtig, der junge Mann war schon bei einem dieser Themen angekommen und fragte, ob er sie, ihn und seine Chica, in die nächste Stadt mitnehmen könne. Nein? Der Señor wolle noch bleiben? Bueno! Ob er ihnen dann etwas Geld für den Bus geben könne, por favor. Nachdem er zunächst noch widerwillig und einsilbig geantwortet hatte, sagte er jetzt kurz angebunden „no“ und drehte dem Plagegeist demonstrativ den Rücken zu. Das Gespräch war für ihn beendet. Der junge Mann redete noch ein Weilchen weiter, stand aber schließlich auf und entfernte sich mit seiner Begleiterin. Er hörte, wie sie heftig miteinander diskutierten. Zufrieden, seine Ruhe wieder erlangt zu haben, streckte er sich erneut wohlig aus und versuchte den unterbrochenen Schlaf fortzusetzen, aber schon nach kurzer Zeit hörte er wieder Schritte und ein Räuspern.
Der junge Mann war diesmal stehen geblieben und redete von oben herab auf ihn ein. Verärgert schloss er die Augen und gab vor, nichts zu hören, als ihn ein Satz, eigentlich waren es nur zwei Worte, aufhorchen ließ. Das Mädchen, so der junge Mann, brauche unbedingt Geld und würde dafür mit ihm Liebe machen. Liebe machen, genau das sagte er und genau diese Worte elektrisierten ihn und beendeten seinen Halbschlaf. Der junge Mann wiederholte, ja, sie würde mit ihm Liebe machen, für ein paar Pesos oder ein paar Dollars. Nun drehte er sich um, stützte sich auf einen Ellenbogen und wandte sich doch dem jungen Mann zu. Und während dieser weiter redete, sie sei nicht seine Freundin, aber sehr nett und zärtlich und fände ihn, den Fremden, sehr sympathisch und attraktiv, nahm der so Gelobte zum ersten Mal das Mädchen genauer in Augenschein. Sie war wieder in einiger Entfernung stehen geblieben und befand sich immer noch im Gegenlicht, so dass er sie nicht deutlich erkennen konnte. Immerhin sah er, dass sie klein und zierlich und sehr schlank war und dass sie ein kurzes, buntgestreiftes Kleid trug. Als sie sein Interesse bemerkte, stellte sie sich in Positur, streckte ein Bein auf die Seite, stützte die Hände auf die Hüften, dies sie lasziv wiegte, raffte dann das ohnehin schon kurze Kleidchen noch ein wenig höher und reckte ihm kess und auffordernd den kleinen Busen zu. Schließlich kam sie langsam auf ihn zu und er konnte nun auch ihr Gesicht erkennen. Sie war leidlich hübsch, mit halblangen, braunen Haaren, die auf die nackten Schultern fielen. Ihr Blick wirkte leicht naiv, ein bisschen zu unschuldig und wurde um so kecker und herausfordernder, je näher sie kam. Er war inzwischen hellwach und musterte sie, den Busen, die Taille, die schmalen Hüften, die etwas zu kurzen Beine und dann setzte auch schon das Rumoren in seinem Unterleib ein.
Das Pärchen hatte geschickt seine Gier, seine Wollust entfacht und bot ihm gleichzeitig die Gelegenheit, sie zu befriedigen, denn das Angebot, das ihm der junge Mann machte, war günstig und eindeutig. Er solle ihm zwanzig Pesos geben, dann könne er mit der Chica hinter die Büsche gehen. Hierher käme kein Mensch und er könne sich soviel Zeit lassen, wie er wolle. Noch schwankte er und zögerte. Wenn doch jemand käme, wenn sich die Kleine zickig anstellte oder der Typ ihn auf einmal um mehr Geld erpressen würde oder wenn er selbst vor lauter Aufgeregtheit nicht mehr konnte? Aber, sagte er sich schließlich, was konnte denn schon passieren, was konnte schief gehen? Der Mann, in der Annahme der Preis sei zu hoch, reduzierte sein Angebot auf 15 Pesos. Das Mädchen hatte sich inzwischen neben ihn gekniet und streichelte sanft seinen Arm. Er spürte ihre Wärme und ihre Nähe und das Verlangen nach ihr wurde noch gewaltiger, geradezu allmächtig. Sein Mund war ausgetrocknet, sein Atem ging flach. Schließlich nickte er dem Mann zu, sagte „bien, vamos“, stand auf und wollte mit dem Mädchen in Richtung Büsche gehen, aber dieser bestand darauf, erst das Geld zu bekommen. So gingen sie zu dritt zu seinem Wagen. Er holte die Geldscheine aus dem Portemonnaie, schloss den Wagen wieder ab und steckte den Schlüssel in das Täschchen seiner Badehose.
Das Mädchen hatte das Handtuch mitgenommen, ergriff nun seine Hand und zog ihn in Richtung der Büsche am Rand der Bucht. Dort angekommen, breitete sie das Handtuch aus und bedeutete ihm, sich hinzulegen. Als er ausgestreckt da lag, kniete sie sich neben ihn und fing an, seine Brust, seine Arme, seine Beine zärtlich zu streicheln. Er hatte das Gefühl, als liefe eine Armada kribbelnder, liebkosender Ameisen über seine Haut. Es war ein verdammt schönes Gefühl, aber es war erst der Anfang, denn nun glitt ihre Hand in seine Badehose und umfasste und drückte seinen erigierten Penis. Er stöhnte, Schweißtropfen traten auf seine Stirn. Sie ließ den Penis wieder los und streifte sanft und sehr langsam seine Badehose ab. Er war unfähig, auch nur seinen kleinen Finger zu rühren, aber sein steifes Glied ragte dennoch wie eine Fahnenstange in die Höhe. Und diesem Zentrum seiner Lust näherte sich jetzt ihr Gesicht, ihre herabhängenden Haare kitzelten seinen Bauch. Er schloss wohlig die Augen und wartete, dass ihr Mund, dieser kleine wilde, geile Saugegel, die Fahnenstange umfassen würde, dass ihre Zunge, diese sich windende, zuckende, blutrote Schlange, daran hinauf- und hinabfahren würde, dass sie seine Männlichkeit erst sanft und zärtlich, dann immer heftiger liebkosen und beackern würde, bis er es schließlich nicht mehr aushallten, explodieren und sich in ihre rote Höhle ergießen würde.
Diese Gefühle, Wünsche und Erwartungen trieben ihn mit Macht um, als er scheinbar ruhig auf seinem Rücken lag und die Hände des Mädchens an seinem Geschlecht spürte. Doch plötzlich, völlig unerwartet, kam die Katastrophe. Die unbändige Lust verwandelte sich mit einem Schlag, besser gesagt mit einem Griff, in abgrundtiefen Frust. Mit einem festen, harten Griff drückte sie ihm die Eier zusammen, dass er vor Schmerz aufschrie und sich krümmte. Dann sprang sie auf und rannte, mit der Badehose in der Hand, zu seinem Auto. Bevor er die Situation richtig erfasst hatte, sich aufrappelte und hinter ihr herlief, eine Hand auf sein schmerzendes Teil gepresst, war sie schon angekommen und warf dem jungen Mann den Schlüssel zu. Beide saßen schon im Auto und hatten die Türsicherungen herabgedrückt als er endlich atemlos, keuchend anlangte. Er zerrte an der Fahrertür, stellte sich vor den Wagen und hämmerte mit den Fäusten auf die Kühlerhaube. Der junge Mann startete den Motor und fuhr ganz sanft an und er musste notgedrungen einen Schritt zur Seite machen und den Wagen vorbeilassen, der langsam in Richtung Straße rollte. Vergebens rannte er noch ein Stück hinterher. Durch die Heckscheibe sah er, zwar etwas undeutlich, aber dennoch eindeutig, wie ihm das unschuldige Mädchen einen Handkuss zuwarf und dabei fröhlich lachte.
Er musste für eine Woche in die französische Provinz, um für eine kleinere Firma eine neue Software zu installieren, anzupassen, auszuprobieren und die vorhandenen Daten zu übertragen. Es war eine Routinearbeit, die ihn nicht sehr beanspruchte, aber dennoch seine ständige Anwesenheit erforderte. Die meiste Zeit arbeitete zwar der Computer allein, aber er musste immer wieder eingreifen, etwas verändern, Entscheidungen treffen und kontrollieren, ob alles richtig lief. Die Firma hatte ihm einen kleinen Raum zur Verfugung gestellt und er saß von acht Uhr früh bis sieben Uhr abends allein vor dem Bildschirm. Weil er nicht weg konnte und weil er auch möglichst bald fertig werden wollte, verzichtete er darauf, zum Mittagessen zu gehen. Er brachte sich Sandwichs mit und die Firma stellte ihm Kaffee und Getränke zur Verfügung. Die einzige Ablenkung in den langweiligen Phasen, in denen er nur warten musste, waren die Zeitung und ein paar Fachbücher, die er sich mitgenommen hatte und das große Fenster mit Blick in eine ruhige Nebenstraße. Von seinem Bürostuhl aus sah er das erste Stockwerk des gegenüberliegenden Hauses. Die Ablenkung, die sich dort bot, hielt sich allerdings auch in Grenzen, weil er immer nur auf Fensterläden sah, die meistens geschlossen waren. Es waren mannshohe Fenster, die am Fußboden begannen und mit einem eisernen Geländer einen kleinen Balkon bildeten. Die Läden waren aus Holz, besaßen Lamellen und ließen sich in der Mitte falten. Sie waren genauso grau wie der Stein, aus dem das Haus gebaut war. Es war ein typisches französisches Wohnhaus vom Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts. Die Straße, die Haustür und die Fenster im Erdgeschoss konnte er nur sehen, wenn er an sein Fenster trat.
Читать дальше