(Nie nennt er mich bei meinem Namen, benutzt immer die gleichen Kosewörter und das aus einem ganz simplen Grund. So läuft er keine Gefahr, sich bei anderen Frauen zu versprechen. )
Für Januar hat er einen Skiurlaub in Österreich geplant. Peter brennt darauf, in seinem Urlaubsdomizil, einem Nobelhotel im Defreggental seine zukünftige Frau vorzustellen. „Die werden Augen machen. Du musst wissen, ich bin fast so etwas, wie der Sohn des Hauses.“ Den Urlaub verschieben wir wegen Paulianos Besuch, der geht vor, ist lebensnotwendig für uns.
Endlich ist es so weit. Morgen Abend kommt der große Boss. Für das geplante Essen kauft Peter ein wie ein Weltmeister. Zutaten, Getränke , alles vom Feinsten. „Was ziehst du an Liebling? Bitte mach dich ganz besonders chic.“ Wir sind mit den Vorbereitungen früh fertig und warten gespannt und aufgeregt auf unseren Besuch. Der lässt auf sich warten. Je später es wird, je unruhiger wird Peter. Schließlich hält es ihn nicht länger in der Wohnung. „Ich gehe telefonieren,“ mit den Worten stürmt er aus der Tür. Ganz niedergeschlagen kommt er mit der Nachricht zurück: „Pauliano ist durch nicht vorhersehbare Ereignisse aufgehalten worden, kann den Termin mit uns nicht einhalten. Sein Besuch ist nur aufgeschoben.“ Wir essen drei Tage Kaninchenragout!
Das ereignet sich in der letzten Januar-Woche. Nichts wird aus dem Skiurlaub. Wir sollen uns für den nächsten Besuchstermin auf Abruf bereit halten.
(Pauliano existiert nur in Peters Phantasie, darum werde ich ihn nie kennen lernen.)
Am 04. Februar 2002 ruft Peter aus der Praxis an. Er hat einen wichtigen Auftrag in Hamburg und will mich unbedingt an seiner Seite haben. „Pauliano muss einsehen, dass ohne dich nichts mehr geht. Bitte, Liebling, packe nicht nur Wintergarderobe ein. Ich habe vor, nach Auftragserledigung mit dir in die Türkei zu fliegen. Du musst endlich meine zweite Heimat kennen lernen. Wenn du siehst, was ich mir dort in diesem wunderschönen Land mit seinen freundlichen, warmherzigen Menschen aufgebaut habe, wirst du stolz auf mich sein. Du weißt, Jan ist sehr daran interessiert, mein Ärztehaus zu kaufen. Vielleicht gelingt es mir jetzt schon alles abzuwickeln und eine größere Summe locker zu machen. Außerdem plane ich noch einen Abstecher in die Schweiz, du musst verfügungsberechtigt über meine Konten sein und Zugang zu dem Schließfach haben, in dem erhebliche Wertsachen und ein diplomierter türk. Pass lagern. Meine zukünftige Frau soll gut versorgt sein. In Hamburg lassen wir Fotos von dir machen, sodass du auch einen türk. Ausweis bekommst. Beziehungen, Beziehungen. Du siehst, die Organisation kann uns auch dienlich sein. Und Hase, dann bekommst du endlich dein Geld zurück, natürlich mit einer dicken Wiedergutmachung für alles, was du bisher für mich getan hast, lass dich überraschen! Der Notartermin für den Wohnungskauf rückt immer näher. Das schon ist Grund genug, eine größere Geldsumme nach Deutschland zu transferieren.“
Auf Paulianos Anweisung sollen wir mit dem Zug nach Hamburg fahren. Peter hat die Fahrkarten schon besorgt. Verärgert, dass er einfach so über mich und meine Zeit verfügt, packe ich alles Notwendige zusammen und bin pünktlich am Bahnhof, wo mich Peter sichtlich erleichtert mit den Worten, „ich hab schon ein tolles Mädchen,“ empfängt. Ist das Leben mit ihm nicht spannend? Die Aussicht, in die Türkei und Schweiz zu fliegen, mein Geld zurückzubekommen, seinen Besitz kennenzulernen, reizt mich ungemein. Außerdem, Pauliano hat etwas von einem letzten Auftrag verlauten lassen. Diese Nachricht beruhigt mich, sind wir nun endlich am Ziel?
Wir treten unsere Hamburgreise an und wohnen bis zum 14. Feb. im Dorint- Hotel an der Alster. In dieser Zeit erledigt Peter verschiedene Aufträge. Ich bin immer für fast eine Stunde allein und in höchster Sorge, weiss ich doch um die Gefährlichkeit dieser Unternehmungen. „Meistens,“ so vertraut er mir im Flüsterton, „muss ich Außenstände eintreiben und darf dabei nicht zimperlich vorgehen, denn die Schuldner rücken nicht immer freiwillig mit dem Geld heraus.“
(In Wirklichkeit trifft er sich mit anderen Frauen, ergaunert sich ihr Geld oder besucht Bordelle und ähnliche Etablissements.Die große Entfernung zu Köln stellt er her, weil ihm Justitia wegen diverser Betrügereien auf den Fersen ist. Geschickt versteht er es meine Angst um ihn, um uns zu schüren.)
Eines Abend sind wir bei einem Nobelitaliener zum Essen eingeladen. Einer der Mafia-Bosse Hamburgs unterhält dieses Lokal. Er und Pauliano beabsichtigen im Laufe des Abends zu uns zu stoßen. In bester Laune wählt Peter die teuersten Angebote aus Wein- und Speisekarte aus. Da wir eingeladen sind, ist mir das äußerst peinlich. Aber siehe da, auch hier glänzen die großen Bosse durch Abwesenheit. Um kein Aufsehen zu erregen, Diskretion ist geboten, wird mit meiner Kreditkarte bezahlt. Spreche ich Peter verärgert darauf an, antwortet er lachend, „Maus ich bin doch bei dir, ich laufe dir schon nicht davon.“ Womit er nicht mal die Unwahrheit sagt.
(Solange noch etwas bei mir zu holen ist, hat er keinen Grund davonzulaufen.)
Er verwöhnt und hofiert mich nach allen Regeln der Kunst, überrascht mich mit kleinen Aufmerksamkeiten und Geschenken, was ich aus meinem bisherigen Leben nicht kenne. „Liebling ist dir eigentlich aufgefallen, wie uns die Leute ansehen? Wir sind schon ein schönes Paar.“ Zu gerne lasse ich mich beruhigen. Pauliano erscheint nicht auf der Bildfläche. So fällt der Türkeitrip ins Wasser. Wir brauchen seine Zustimmung. Eigenmächtiges Zuwiderhandeln ist bekanntlich lebensgefährlich.
Zurück in Köln, stelle ich fest, dass der Briefkastenschlüssel an meinem Schlüsselbund fehlt, der Kasten quillt über. In der Wohnung bittet Peter mich um eine Haarnadel. „Mach du schon mal eine Tasse Kaffee, ich versuche derweil den Briefkasten zu öffnen.“
(Die Haarnadel benötigt er nicht. In Hamburg hatte er in einem unbeobachteten Moment den Schlüssel an sich genommen. Das gibt ihm die Möglichkeit, brisante Post von der Polizei oder Staatsanwaltschaft, Zahlungsbefehle, meine Bankauszüge verschwinden zu lassen.)
Zu dieser Zeit meine, ich noch keinen Grund zum Misstrauen zu haben. Mein Gott bin ich naiv und gutgläubig. Der Makler ruft an. Er will uns den Fortschritt der Umbauarbeiten in unserer Wohnung zeigen. Bei diesem Treffen drängt er auf eine Anzahlung, mit der wir uns das Vorkaufrecht sichern. Peter sagt für die nächsten Tage einen größeren Betrag zu und wir trennen uns in gutem Einvernehmen, nicht ohne ein gemeinsames Abendessen zu vereinbart, um den für beide Seiten guten Abschluss zu besiegeln. Es ist ja alles so toll.
Peter beabsichtigt, aus seiner belgischen Wohnung einige besonders schöne Möbelstücke zu holen und natürlich den Tresor, den braucht er unbedingt, den will er in der neuen Wohnung einbauen lassen. Wie er sich darauf freut, seiner wertvollen Gemäldesammlung endlich einen gebührenden Platz zu verschaffen. In Belgien verstaubt nur alles.
Mein Sohn ruft an und bittet uns um ein Gespräch. Einige Tage später treffen wir uns in einem Brauhaus. Er offenbart uns, dass er mit seinen Lokalen in finanziellen Schwierigkeiten steckt. „Das ist,“ so Peter „überhaupt kein Problem. „Warum hast du so lange gewartet, dich uns anzuvertrauen. Ich werde den Pachtvertrag fürs Deep übernehmen. Natürlich läuft er auf den Namen deiner Mutter.“ Meinem Sohn sind Peters Schwierigkeiten mit dem Finanzamt bekannt. „Sag mir was du in den Laden gesteckt hast und ich zahle dir eine angemessene Ablösesumme.“ Habe ich nicht einen großartigen Mann?
In Dellbrück die wunderschöne Wohnung und nun noch das Lokal im Belgischen Viertel, aus dem er ein exklusives Speiselokal machen will. Er der Hobbykoch, der bei Lafer und Müller Kurse besuchte, um seine Kochkünste zu verfeinern, kann sich nun am Herd so richtig austoben. Und einen Weinkeller, ja weit über Kölns Grenzen wird unser Lokal bekannt werden, ein Geheimtipp für Feinschmecker. Die noch verbleibenden, finanziellen Probleme meines Sohnes wird er mit einer großzügigen Zuwendung aus der Welt schaffen, natürlich erst, wenn er in der Türkei und Schweiz gewesen ist.
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