Das Meer ist ewig
und voller Geheimnisse.
Es kommt und geht.
Mal ist es düster und drohend.
Tosend, aufgewühlt und mordend.
Mal ist es ganz glatt
und von einem schimmernden Glanz,
in dem sich die
Wolken am Himmel widerspiegeln.
Friedfertig und sanft.
Es hat Millionen Geschichten,
kennt unzählige Schicksale,
und wer es zu hören vermag,
dem erzählt es sie.
Lauschst du dem Wind,
der stetig übers Meer streicht,
dem Heulen des Sturmes,
der haushoch die Wogen türmt,
dem sanften Flüstern der Wellen
im Sand der Strände,
dem Rauschen der Brandung,
die gegen die Küste anstürmt,
und den wütenden Brechern,
die sich auf die Ufer werfen,
so hör nur genau hin.
Jede Böe, jede Welle,
ist ein Leben, ist ein Schicksal,
das mit der See verknüpft ist.
Hört nur, wie die Wellen rauschen,
möcht ihnen stundenlang nur lauschen,
wie sie plätschern an den Strand,
wie sie zischen leis im Sand.
Wie sie meine Seele quälen,
wenn sie von Ländern mir erzählen,
in denen stets die Sonne scheint,
und nicht, wie hier, der Himmel weint.
Wo Nüsse an den Stränden liegen,
Palmen sich im Seewind wiegen,
Schiffe fern am Horizont ziehen,
in die Ferne möchte ich fliehen.
Wollt ich meiden diese Pein,
dürft ich nicht am Strand mehr sein.
Sollte nicht den Wellen lauschen,
wenn sie plappernd an die Küste rauschen.
Sie ist eine Rose, man sieht sie nur von vorn,
sie hat keinen Stängel und auch keinen Dorn.
Sie duftet nicht und sie braucht auch kein Wasser,
doch macht die Sonne sie blasser und blasser.
Sie ist nicht erblüht, sie wirkt ziemlich kalt,
sie wurde von Künstlerhänden aufs Deck gemalt.
Sie dient meinem Auge an Deck nur zur Zier,
und doch gefällt diese Windrose mir.
Sie ist eine Rose, man sieht sie durchs Glas,
und schau ich sie an, dann zeigt sie mir was.
Kein Windhauch lässt sie sich tanzend wiegen,
kein Sturm kann im Glas ihren Stängel verbiegen.
Auch sie duftet nicht und ist auch recht blass,
nachts ist sie beleuchtet in ihrem Glas.
Doch dort, wo sie ist, ist sie genau richtig,
die Kompassrose an Bord ist absolut wichtig.
Sie ist eine Rose und sie duftet wie eine,
sie ist Zuhause, ohne mich, ganz alleine.
Sie sticht und kratzt nicht, will ich sie berühren,
ich werd nach dieser Reise zum Altar sie führen.
Ich bin ihr verfallen, mit Stumpf und Stiel,
und ihre Liebe bedeutet mir viel, so viel.
Bald bleibe ich an Land,
auch wenn die See nach mir schreit,
für meine Braut Rose-Marie
bin ich zu allem bereit.
Wie in einer schillernden Blase
ist erstarrt die Zeit im Buddelschiff.
Kein Salzgeruch reizt Seemanns Nase,
kein Wind treibt Wogen auf das Riff.
Abgetrennt von Zeit und Raum,
hat es kein Ziel, fährt nirgendwohin.
Es erschließt sich einem kaum,
wo wohl hierin liegt der Sinn.
»Eingefroren«, meint Kapitän Kuddel,
»ist die Freiheit, die an Land fehlt,
als eiserne Reserve in ner Buddel,
wenn sich an Land ein Seemann quält.«
Ein Blick in die Buddel ist wie Medizin,
für Matrosen, die ohne Heuer sind.
Die nächste Fahrt noch viel zu weit hin,
für ne Brise Seeluft sorgt nur der Wind.
Ein Buddelschiff schenkt ein Matrose
drum wirklich nur im Ernstfall dann,
zu Hause seiner geliebten Rose,
damit er selbst an Land es ertragen kann.
Das nächste Schiff, es fährt bestimmt,
bald mit der Flut hinaus,
dorthin, wo Freiheit und Abenteuer sind,
dort kennt sich ein Seemann aus.
Sie reiten den Wind und segeln geschwind,
der Sturm trägt sie durch die Luft.
Ohne Flügelschlag, ganz mühelos,
überwinden sie jede Kluft.
Sie gleiten über die Wogen dahin,
als sei die See ihr Zuhaus,
und fahren die Fischerboote aufs Meer,
fliegen sie mit ihnen hinaus.
Die Möwen sind Artisten der Luft,
sie zeigen dem Seemann an,
dass nicht mehr weit sein Liebchen ist,
und er bald an Land gehen kann.
Wie lieb ich ihr lautes Lachen,
wie mag ich ihr heiseres Schreien,
wenn ich die Möwen höre, weiß ich,
ich möcht niemals woanders sein.
Stets denke ich dran, immer und immer,
nichts ist schöner und zugleich schlimmer
als das Heimweh nach dem weiten Meer,
nach dem ich mich sehne, so stark und so sehr.
Die Wogen gehen hoch im Sturmesgebraus,
ich kann hier nicht bleiben, muss wieder raus.
Die See so glatt im Abendsonnenschein,
zu eng ist’s an Land, ich geh hier noch ein.
Das schwankende Schiff, das vibrierende Deck,
das ist mein Leben, hier muss ich weg,
muss zurück an Bord, egal wohin ‘s geht,
wenn der Kompass-Kurs einfach nur seewärts steht.
Es klopft der Klabautermann im Laderaum,
wacht über das Schiff, hält die Ladung im Zaum.
Und wenn es denn sein soll, und ›Er‹ holt mich raus,
so ist es nicht schlimm, denn dann bin ich Zuhaus.
Das Meer ist wie ein Buch,
und wer zuhört,
wenn es aus seinem Inhalt vorliest,
erfährt tausende wunderbarer Geschichten.
Mal wispert und raunt es,
mal plätschern die Wellen lustig ans Ufer,
mal rauscht und brüllt es,
und erzählt uns
von seiner wilden Unendlichkeit.
Das Meer ist ewig, es kommt und es geht
seit ewiger Zeit, seit die Erde sich dreht.
Mal ist es düster und grau und es droht,
es tost und schäumt und bringt den Tod.
Das Meer ist ewig, es kommt und es geht.
Das Meer ist ewig, es singt seine Lieder.
Nicht alle, die fuhren, kehrten auch wieder.
So manch stolzen Klipper zog es hinab,
die unheimliche Tiefe wurde ihr Grab.
Das Meer ist ewig, es singt seine Lieder.
Das Meer ist ewig, es wiegt dich ganz sacht,
es umschmeichelt dich und versteckt seine Macht.
Dann ist es glatt und von schimmerndem Schein,
und entfacht den Wunsch, einfach frei zu sein.
Das Meer ist ewig, es wiegt dich ganz sacht.
Das Meer ist ewig, es kennt keine Zeit.
Den einen ist’s Freud, den anderen Leid.
Es spiegelt die Wolken, die am Himmel ziehen
und beflügelt den Geist, weit fort zu fliehen.
Das Meer ist ewig, es kennt keine Zeit.
Das Meer ist ewig, es rauscht an den Strand,
es plätschert die Welle, es flüstert im Sand.
Millionen Geschichten, und wer zu hören vermag,
dem erzählt es von Schicksalen, Tag für Tag.
Das Meer ist ewig, es rauscht an den Strand.
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