Sie war gerührt, Lilly so glücklich zu sehen. Lilly rannte ins Schlafzimmer der Ur-Oma und teilte ihr das gleich mit. Es sind die kleinen Dinge im Leben, die Lilly glücklich machen. Nicht das Auto, das der Vater dauernd wechselte oder das Haus, sondern die Familie und Freunde standen bei ihr im Vordergrund. Sie nahm ihren Badeanzug und das Badehandtuch aus der Reisetasche, denn Schwimmflügel brauchte sie ja nicht mehr. Sie hatte mit neun Jahren alleine das schwimmen gelernt. Und darauf war sie sehr stolz. Sie rannte dann zu ihrem Onkel, der schon draußen am Tor stand und wartete. Die Großmutter rief noch den Beiden hinterher: „Ihr habt eure Sachen vergessen und eure Brote!“ Lilly setzte noch ganz schnell den Schutzhelm auf und das Herz klopfte. Sie fuhr gern mit dem Motorrad mit, es war ein Stück Freiheit, dass unbeschreiblich schön war. Dabei kam ihr ein Gedanke auf, mal selbst mit dem Motorrad zu fahren. Sie fragte den Onkel, ob sie mal selber fahren darf. Er sagte zu Lilly, das sie erst zwölf ist und das es zu gefährlich sei. Sie wollte ihren Onkel überlisten und das schaffte sie schließlich auch. Der Onkel setzte sich erst hinten aufs Motorrad, hielt den Lenker und fuhr langsam los. Wunderbar, dachte sich Lilly, das kann ich auch. Der Onkel ließ ihr an den Lenker, erklärte im Eifer des Gefechts alle Schalthebel, die es am Motorrad gibt. Das kann ich auch dachte sie und hielt mit ganzer Kraft den Lenker fest. Du kannst das schon sehr gut, sagte der Onkel. Lilly freute sich sehr. Voller Elan hielt sie den Lenker fest. Lilly sagte zu ihm: „Spring ab, bitte!“ Sie bettelte und gab dabei mehr Gas und der Onkel sprang herunter. Lilly fuhr den Weg weiter entlang. Sie konnte schalten, dachte sie noch, dass macht Spaß. Doch dann kam die Hauptstraße und sie musste das Motorrad zum halten bringen. Lilly gab zu viel Gas und ließ den Kupplungshebel ruckartig los, dabei bäumte sich das Motorrad auf. Als sie das Motorrad nicht mehr halten konnte, stürzte sie zu Boden. Dabei viel das Motorrad auf ihre linke Körperhälfte. Es war wie ein Schock, der ihren ganzen Körper lähmte. Sie war wie benommen und hatte in dem Moment keine Schmerzen, dabei waren blutige Wunden am Arm und Knie, mehr war ihr in dem Augenblick nicht bewusst. Sie hatte mehr Angst um das Motorrad, als um sich selbst, weil es dem Onkel gehörte. Sie befürchtete, dass sie gleich großen Ärger bekommen wird. Aber der Onkel hatte sich große Sorgen um Lilly gemacht. Er kam sofort zum Unfallort. Er fragte nach Lillies gesundheitlichem Befinden. Es ist alles in Ordnung, sagte sie zu allen in der Familie. Onkel, Tante und der Papa fuhren mit Lilly sofort ins Krankenhaus, um sie untersuchen zu lassen. Als Lilly auf dem Parkplatz stand, kam ihr auch schon die Tante entgegen, die auch dort an der Rezeption arbeitete. Mehr weiß Lilly bis heute nicht mehr Aber der Schreck saß Lilly noch Jahre später in den Knochen und Sie dachte immer wieder daran, wie es hätte ausgehen können. Die Erfahrung die Lilly auf dem Weg machen sollte, es war wie ein Rausch voller Lust auf das Leben. So lernte sie sich kennen und das Leben, dass ihr alle Möglichkeiten gab. Es war wie ein Film, indem sie die Hauptfigur spielte, wie jeder von uns. Kapitel für Kapitel. Denn jeder schreibt seine eigene Geschichte. Jeder Mensch könnte etwas aus sein Leben erzählen, was wie ein Buch klingt. Es lohnt sich immer zu leben, dachte sich Lilly stets und schrieb dann dreißig Jahre später ein Buch über ihr Leben. Lilly verweilte mit ihrem Vater noch einige Zeit in den Sommerferien bei ihren Großeltern. Sie verbrachten eine schöne Zeit miteinander, aber immer wieder dachte Lilly an ihre Geschwister und die Mutter. Sie fehlten Lilly und sie war sehr verbittert. Vaterliebe konnte die Mutter nicht ersetzen. Dennoch hatte sie sich für die Mutter entschieden. Der letzte Tag rückte an. Es wird Zeit die Koffer zu packen, rief die Oma aus der Küche. Lilly rannte zur Oma in die Küche. Sie roch den frischen Käsekuchen, den die Oma gebacken hatte und dem sie nicht widerstehen konnte. Die ganze Familie versammelte sich am Kaffeetisch. Sie besprachen alle Details wegen der anstehenden Scheidung. Danach teilte Lilly ihnen ihre Entscheidung mit. Auf der Fahrt nach Hause freute sich Lilly schon, all ihre Lieben wieder in die Arme schließen zu können, denn sie vermisste ihre Mutter und Schwestern sehr. Als der Tag der Scheidung heran brach, musste Lilly mit auf das Gericht. Sie wollte es so, denn sie wollte es dem Vater noch ins Gesicht sagen. Sie sah ihre Mutter oft weinen und konnte ihr in diesen Dingen leider nicht helfen. Die Mutter war völlig mit den Aufgaben und ihren Sorgen auf sich allein gestellt. Der Anwalt gab ihr den Beistand, den sie brauchte. Großmutter und die Kinder gaben der Mutter Trost und Kraft, über die Trennung ihres Mannes hinweg zukommen. Und so lernte sie erst einmal das Leben von der anderen Seite kennen. Es war wie eine frische Brise, die ihr das Leben ins Gesicht hauchte und dabei wurde der Mutter erst richtig bewusst, was sie verpasst hat. Außer Freude waren der Mutter auch noch Missgunst und Neid geblieben, denn nichts blieb ihr erspart. Aber sie hatte Freundinnen, die ihr dabei halfen. Die Mutter ging auf Feste und tanzte, lernte neue Leute kennen. Alle Hoffnungen und Träume hatten sich im Laufe der Jahre für die Mutter von Lilly erfüllt und alles lief seinen gewohnten Gang. Für den Vater von Lilly jedoch, war die Welt nicht so berauschend. Er trennte sich gerade von seiner zweiten Frau, mit der er auch zwei Kinder hatte. Das zweite Haus, das er selbst mit eigenen Händen baute, musste er zurück lassen. Es hatte ihm fast aus der Bahn geworfen und so stand er wieder mit leeren Händen da. Dabei wollte er doch mit seiner zweiten Frau ein neues Leben beginnen.
Kapitel 4
Eines Tages von der Schule auf dem Weg nach Haus, pfiff ihr ein Junge hinterher. Lilly drehte sich erst einmal nicht um, da sie noch etwas schüchtern war. Aber ihre Freundin war auch dabei und gerade sie war in diesem Jungen verliebt. Lilly kannte diesen Jungen nicht und außerdem hatte sie keine Erfahrung auf diesem Gebiet. Egal, wo Lilly auch immer stand, war dieser Junge zu sehen. Sie fühlte sich von ihm beobachtet. Die Jugendlichen trafen sich alle entweder am Marktplatz oder im Jugendclub. Dort tauschten sich alle die Neuigkeiten aus, die es in der Kleinstadt gegeben hat. Es war für jeden schwer etwas für sich zu behalten, weil es in einer Kleinstadt oftmals Klatsch und Tratsch der Leute gegeben hat. Lilly hatte zum Glück eine beste Freundin und alles was sie auf dem Herzen hatte, konnte sie ihr anvertrauen. Dieser Junge war vierzehn Jahre alt und kam auch aus der Kleinstadt. Er war durch seinen Vater bekannt, der in den kleinen Städtchen, eine Bierstube besaß und gern gesehen war. Er ist eigentlich ganz nett und ist auch etwas zurückhaltend, dachte sich Lilly. Aber für eine Jugendliebe war Lilly noch nicht bereit, weil sie erst zwölf Jahre alt war. Sie beschloss erst mal, eine kleine Freundschaft mit ihm aufzubauen. Lilly lernte viele Leute auf der Disco kennen und somit bekam sie viele Freundschaften, wie sie noch nie besaß. Sie machte sich oft mit ihrer besten Freundin die Haare und tauschten sich manchmal die besten Kleidungen aus. Eines Tages stand die Mutter in der Tür und sagte: „Überraschung, du kannst zur Kur, in das Erzgebirge fahren!“ Lilly schaute entsetzt der Mutter ins Gesicht und fing an zu weinen, denn sie wollte nicht von zu Hause weg. Für zwei bis drei Wochen sollte Lilly von zu Hause getrennt sein. Nein, das geht doch nicht, sagte sie zu der Mutter. Lilly bekam Panik. Nein, sie wollte einfach nicht. Die Mutter wollte doch nur Lilly eine Freude machen. Ein paar Tage hatte es gedauert bis Lilly der Mutter zugestimmt hat. Die Mutter konnte es nicht fassen. So ein Theater, sagte sie zu ihren Arbeitskollegen. Zwei Wochen später fuhr Lilly und eine Begleiterin, mit dem Zug ins wunderschöne Erzgebirge. Eine kleine Gemeinde im Kurort, ruhige Lage, mitten im Erzgebirge. Die Bauern trieben ihre Kühe auf der Weide und nur das Brummen der Landmaschinen, wie Mähdrescher war zu hören. Die reine Luft, die Lilly atmen konnte, war für Lilly sehr angenehm.
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