Besagten Bußgeldkatalog habe ich mir mal von meinem Chef geben lassen. Da stehen Dinge drin, da schlackerst du mit den Ohren. Und die (Geld-)Strafen erst …
50 Euro – Pakete auf den Boden schmeißen (pro Paket)
30 Euro – Pakete werfen (pro Paket)
5 Euro – Nicht mitgenommene Pakete (pro Paket) (zzgl. Kurierkosten)
20 Euro – Nicht abgegebene Rollkarte am Abend
40 Euro – Vergessene Pakete im Auto (pro Paket)
100 Euro – Verlorenes Paket (pro Paket) (zzgl. Entschädigungskosten)
Kündigung – Pakete öffnen
Kündigung – Pakete selbst unterschreiben
25 Euro – Auto extrem verschmutzt
25 Euro – Rauchen im Auto
40 Euro – Autotüren beim Paketsortieren am Morgen offen
40 Euro – Beladenes Auto offen, Paketfahrer nicht am Fahrzeug
30 Euro – Fehlende Benachrichtigungskarten im Auto
30 Euro – Fehlende Abwesenheitsaufkleber im Auto
30 Euro – Fehlender Scannerstift
30 Euro – Fehlendes Scannerladekabel
30 Euro – Fehlende Scannertasche
30 Euro – Fehlende Warnweste
30 Euro – Fehlender Verbandskasten
25 Euro – Zu schnelles Fahren auf dem Firmengelände
25 Euro – Falsches Parken auf dem Firmengelände
50 Euro – Falsches Parken auf dem Firmengelände mit Behinderung
50 Euro – Nichttragen der Dienstkleidung
25 Euro – Verschmutzte/kaputte Dienstkleidung
25 Euro – Keine Sicherheitsschuhe
Kündigung – Alkoholkonsum im Dienst
Das hat doch was, oder? Dann hätte ich als Fahrer aber auch noch so einige Vorschläge für einen Bußgeldkatalog, wenn sich die Mitarbeiter des Depots Böcke leisten, die zu Lasten von uns Fahrern gehen, denn das wird natürlich nicht geahndet. Beispiele gefällig?
20 Euro – Zu langes Warten auf die Rollkarte
30 Euro – Zu spät aus dem Depot kommen
40 Euro – Sich blöd von Servicemitarbeitern anreden lassen müssen
20 Euro – Zu langes Warten am abendlichen Schalter
20 Euro – Zu langes Warten bei der Paketrückgabe
10 Euro – Anrufen während man auf Tour ist (pro Anruf)
10 Euro – Zusätzliche Kundenwünsche erfüllen (pro Wunsch)
Das wäre ein schöner Nebenverdienst für uns. Ich könnte noch ein Weilchen so weitermachen, doch das würde den Rahmen sprengen. Aber Paketfahrer sind nun mal das letzte Glied in der Kette – aber eines, ohne das der Service nicht funktionieren würde. Vielleicht sollten sich das die Verantwortlichen mal überlegen.
Vielleicht fragen Sie sich schon seit ein paar Seiten, bei welchem Paketdienst ich denn nun eigentlich war? Dies möchte ich nicht so offensichtlich preisgeben. Aber ich kann Ihnen selbstverständlich ein paar Hinweise geben, wodurch Sie sicherlich darauf kommen.
Bei den Paketdiensten ist es fast wie bei den Parteien in unserem Land. Jeder hat eine andere Farbe. Da gibt es die Gelben, die Braunen, die Roten, die Schwarzen, die Orangenen, die Weißen und die Blauen. Das sind die Grundfarben, worauf dann noch die Schrift gesetzt wird, die ebenfalls wieder eine andere Farbe hat. Nämlich Rot, Weiß, Gelb, Blau und Schwarz.
Drei Buchstaben haben die meisten: DHL, DPD, GLS, TNT, UPS. Nur Hermes macht da eine Ausnahme, wobei die sich wohl intern als HVS (Hermes Versand Service) bezeichnen.
Nun können Sie gerne kombinieren und überlegen, welcher Paketdienst welche Grundfarbe hat und welche Buchstabenfarbe dort am besten zur Geltung kommt. Ach, fast hätte ich es noch vergessen: Die Kleidung der Paketfahrer hat nicht immer dieselbe Farbkombination wie die Farbe der Lieferwagen, was das Ganze nicht gerade einfacher macht. Denn bei den Fahrzeugen wird Blau plötzlich zu Weiß oder Rot zu Schwarz. Gerne können Sie auch Ampel- oder Jamaika-Koalitionen bilden. Ach halt, das geht ja nicht, denn Grün ist nicht dabei. So ein Mist aber auch …
Ach ja, kleiner Tipp: Ich war bei den Blauen.
Sie kommen heute aber spät
Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, das wissen wir alle. Auch ich gehöre dazu. Bei mir muss alles in geregelten Bahnen verlaufen. Wenn plötzlich etwas anders ist, dann dauert es, bis ich mich daran gewöhne. Dass man nicht immer alles so planen kann, dass es zur selben Zeit passiert, ist natürlich klar. So ist das auch bei unserem Paketboten. Er kommt nicht immer um dieselbe Uhrzeit, was logistisch gar nicht möglich ist. Wenn er dann anstatt früh um 8 Uhr erst nachmittags um 16 Uhr kommt, wundert man sich allerdings schon.
Wie auch immer, meine Kunden sind auch an Zeiten gewöhnt und wundern sich da schon über eine weitaus geringere Differenz. So beginne ich in der Regel meine Tour in Auerbach zwischen 9 Uhr und 9.30 Uhr. Je nachdem, wann ich aus dem Depot komme und ob auf der Autobahn Stau ist oder dergleichen. Neben privaten Kunden habe ich auch viele Geschäfte bzw. Firmen. Darunter in Michelfeld die Firma X-tra in der Hauptstraße. Dies ist meist mein erster Stopp. An einem Montag im November hatte ich einmal vier Pakete für besagte Firma. Dies tat ich allerdings – mir sei es verziehen – zu einer Zeit, zu der man das nicht tut. Zumindest wurde mir das eindringlich mit den Worten „Sie kommen heute aber spät“ nahegelegt. Ein Blick auf die Uhr zeigte mir: Es war 9.45 Uhr.
Auch die andere Alternative ist durchaus möglich. Da ich auf meiner Tour nicht immer gleich viel zu tun habe und es somit auch mal schneller geht, kann es sein, dass ich früher als erwartet beim Kunden bin. So geschehen an einem Mittwoch im August (im Sommer ist meist weniger los). In der Regel bin ich bei der Firma Klungert in Betzenstein so gegen 15 Uhr. An diesem Tag war ich allerdings schon um 14 Uhr dort. Hier freute man sich allerdings, dass ich die Pakete „so zeitig bringe“.
Nun gibt es aber auch noch zwei andere Extreme. Kunden, die ihre Pakete zu Zeiten haben möchten, die sie vorgeben. Da kommen sie bei mir gerade an den Richtigen.
Fall A: Reifenhändler in Pottenstein. Dort bin ich täglich am frühen Nachmittag, was dem guten Mann allerdings nicht passt, denn so bekommt er seine Reifen viel zu spät und kann nicht arbeiten. Persönlich verstehe ich das natürlich, doch er ist nicht der Einzige, den ich beliefere. Auch die anderen Firmen warten auf ihre Pakete und bekommen diese teilweise sogar erst um 16 oder 17 Uhr, wie ich eben gerade herumkomme. Ich versuche ihm also klarzumachen, dass ich nicht früher kommen kann. Doch das sieht er gar nicht ein. Ich solle doch gleich früh, wenn ich hier ankomme, bei ihm vorbeifahren. Dass ich dabei einen Umweg von rund 50 Kilometern haben würde, ich dadurch noch länger unterwegs wäre und alle anderen ihre Pakete noch später erhalten würden, ist ihm egal. Aber soll ich Ihnen was sagen? Mir ist es auch egal, wann der gute Herr seine Reifen bekommt. Glücklicherweise müssen wir uns (noch) nicht nach den Kunden richten.
Fall B: Ein IT-ler in Auerbach. Er hat in seinem Wohnhaus auch sein Büro, das zu bestimmten Zeiten besetzt ist. Früh ist das von 10 bis 12 und nachmittags von 14 bis 16 Uhr. Was habe ich schon mit diesem Menschen gestritten, weil ich oft zu Zeiten komme, in denen sein Büro nicht besetzt ist. Das Argument, er würde doch nur eine Etage höher wohnen und könne von dort ebenso gut herunterkommen, lässt er natürlich nicht gelten. Er machte mir einst unmissverständlich klar, dass er keine Pakete annehmen würde, wenn ich nicht innerhalb der Geschäftszeiten komme. Nun ja, da ich das eben nicht immer schaffe und mich nicht nach ihm richten kann, landeten zwei-, dreimal Benachrichtigungsschreiben bei ihm im Briefkasten. So musste er auf den nächsten Tag warten, bis er seine Pakete erhielt. Sie können es sich vorstellen: Auch das hat ihm nicht gepasst. Schönes Beispiel von Pech gehabt. Nachdem er dann noch versucht hat, mich im Depot anzuschwärzen und ich den Sachverhalt erklärt habe, ist er nun lammfromm und immer bereit, auch außerhalb der Geschäftszeiten seine Pakete entgegenzunehmen. So was aber auch.
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