Sie hatten das Ende der Straße erreicht. Das zottige Pony war gehorsam gefolgt.
»Der alte Bray war so darauf versessen, daß Sie eine aus unserer Familie heiraten sollten, stimmt das?«
Diese Frage kam ihm so plötzlich und unerwartet, daß er einen Augenblick ganz verdutzt war.
»Warum fragen Sie eigentlich? Wenn Sie es durchaus wissen wollen – ja«, sagte er.
»Und Sie hatten Mr. Bray sehr gerne?«
Er nickte.
»Sehen Sie, ich lebte so lange mit ihm zusammen, und er war wirklich ein zu netter, alter Kerl. Wie ich die Cholera hatte, pflegte er mich persönlich, und hätte ich ihn damals nicht gehabt, so wäre ich abgekratzt, wie man so zu sagen pflegt. Ich hatte ihn wirklich gern.«
»Sie hatten ihn so gern,« sagte sie herausfordernd, »daß, als er Sie darum bat, nach England zu gehen und eine seiner Verwandten zu heiraten, Sie ihm das feierlich versprachen –«
»Das habe ich nicht direkt getan«, unterbrach er sie. »Ich habe kein Versprechen für lange Zeit auf mich genommen. Aber, um Ihnen einmal die Wahrheit zu sagen, ich dachte, er wäre verrückt.«
»Aber Sie haben es ihm doch versprochen«, sagte sie hartnäckig. »Und soll ich Ihnen sagen, was Sie ihm noch dazu versprochen haben?«
Er schwieg.
»Sie verpflichteten sich dem armen Joe Bray gegenüber, daß Sie nichts sagen würden, was die junge Dame, die Sie heiraten sollten, abstoßen und seine Pläne durchkreuzen könnte!«
Für einen kurzen Augenblick war der Mann mit dem langen Bart vollständig verwirrt.
»Hellseherei habe ich nie gern gehabt, das sieht der Hexerei zu ähnlich. Ich kenne nämlich eine alte Frau oben im Lande in der Nähe von Kung-chang-fu, die –«
»Weichen Sie mir nicht aus, Mr. Lynne. Also Sie versprachen Mr. Bray, daß, wenn sich in der Verwandtschaft eine junge Dame finden würde, die Sie heiraten könnten, Sie nichts sagen würden, um sie abzustoßen, und keine Abneigung gegen diese Heirat zeigen würden.«
Er kraute sich den Bart.
»Schon gut, es ist ja möglich, daß Sie recht haben«, gestand er. »Aber ich habe nichts gesagt«, fügte er schnell hinzu. »Habe ich Ihnen vielleicht gesagt, daß ich ein Hagestolz bin und die Ehe nicht leiden kann? Habe ich Ihnen etwa erzählt, daß der alte Joe Bray mir damit mein Leben verdorben hat? Bin ich etwa vor Ihnen auf die Knie gefallen und habe Sie gebeten, mir einen Korb zu geben? Sagen Sie doch selbst, Joan Bray!«
Sie schüttelte den Kopf, und das Lachen in ihren Augen teilte sich ihren Lippen mit.
»Also Sie haben mir gar nichts gesagt! Aber Sie haben sich selbst zu einem Popanz herausstaffiert –«
»Und entsetzlich abstoßend gemacht?« fragte er hoffnungsfreudig.
Aber sie schüttelte wieder den Kopf.
»Oh, doch nicht so ganz. Ich werde Sie heiraten. Ich vermute, daß Sie das verstanden haben?«
Die Erregung prägte sich so deutlich in seinen Gesichtszügen aus, daß sie es sehen konnte.
»In der Tat, ich habe es nicht nötig, Sie zu heiraten,« sagte sie mürrisch, »aber da sind – ich habe meine Gründe –«
»Der alte Narth hat Sie dazu gezwungen!« sagte er vorwurfsvoll.
»Genau so wie der alte Bray Sie dazu gezwungen hat!« antwortete sie schlagfertig. »Es ist eine merkwürdige Situation, und es könnte tragisch werden, wenn man nicht so darüber lachen müßte! Ich weiß nicht, was geschehen wird, aber ich hätte einen großen Wunsch, den Sie mir erfüllen könnten.«
»Und das wäre?«
»Gehen Sie doch zum Barbier und lassen Sie sich Ihren lächerlich großen Bart abrasieren. Ich möchte mich gern einmal davon überzeugen, wie Sie wirklich aussehen.«
Er seufzte schwer.
»In dem Fall bin ich gefangen«, sagte er. »Denn wenn Sie erst einmal mein Gesicht gesehen haben, werden Sie mich nie wieder freigeben. Ich war nämlich einer der hübschesten Männer in China.«
Er streckte ihr seine Hand entgegen.
»Dann kann man Ihnen ja gratulieren«, sagte sie einfach und brach in ein herzhaftes Lachen aus. Und sie war noch am Lachen, als sie den Weg zu ihrem Haus einbog und Mr. Narth in die Arme lief, der die Stirne runzelte.
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