Mit einem Schlag ist Tina wieder voll bei sich.
’Marc … er hat den Auftrag … er hat telefoniert … er war bis eben nicht im Raum … er war es nicht, der mir eben den besten Orgasmus aller Zeiten beschert hat …’
***
„Das war das schönste Erlebnis mit Gerd, auch wenn es mir fast vorkommt, als hätte ich geträumt. Meine Phantasien sind tatsächlich zur Realität geworden“, seufzt Karin.
„Du hast wirklich die Phantasie gehabt, mit Gerd zu schlafen?“, erwidert Daniel.
„Ja, auch wenn ich nur dich liebe und den Sex mit dir sehr genieße! Ich weiß nicht, woher diese Begierde kommt. Sie hat sich über die Jahre entwickelt haben. Ich muss zugeben, ich bin richtig auf den Geschmack gekommen. Fändest du es nicht toll, wenn wir unser Sexleben ein bisschen aufpeppen? An manchen Tagen muss man auch mal ins Spezialitätenrestaurant gehen, oder?“
„Nun, mein Erlebnis mit Gerd ist auch nicht zu verachten, genauso wie das, was anschließend gefolgt ist. Es ist alles so neu und faszinierend! Ich würde lügen, wenn ich behaupte, die gesamte Aktion hätte mir keinen Genuss bereitet.“
Für einen Augenblick schweigen sie und schauen die Straße entlang. Gerd ist nicht mehr in Sichtweite.
„Was hat eigentlich Jana von ihrem Urlaub in Kroatien erzählt?“
„Sie hatte mit Peter wohl einen richtig heißen Urlaub, in jeder Beziehung. Da hätte einfach alles gestimmt, sagt sie.“
„Das freut mich! Wir sollten die beiden mal wieder zu uns einladen. Was meinst du?“
„Gute Idee! Komm, lass uns reingehen. Ich habe schon wieder wahnsinnige Lust!“
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Tausend Gedanken stolpern durch ihr Hirn, das bis eben noch leer und träge war und immer noch nicht richtig arbeiten will. ’Marc … nicht im Raum, nicht zwischen meinen Beinen …’
„Was ist los, Baby? Ist es dir schön gekommen?“ Pablos leise schmeichelnde Stimme an ihrem Hals, sie kann es nicht mehr ertragen und stößt ihn von sich. Sie schüttelt Pablos Hand von ihrer Brust und setzt sich gerade hin.
Außer sich ruft Tina den Kellner und lässt sich von ihm aus dem Raum führen.
„Glückwunsch, Marc! Manchmal fickt dich das Leben auf eine ganz besondere Weise“, hört sie Ralf beim Rausstolpern sagen.
„Ach, hier bist du, meine Süße. Ich hab dich drinnen vermisst. Warum wolltest du keinen Nachtisch? Den gab's ja wieder bei Kerzenlicht. Die Kellner haben sie wieder angezün …“ Als Marc seine Frau erblickt, stockt er.
’Sie sieht mitgenommen aus, ganz blass mit roten Flecken in Gesicht und Dekolleté’, stellt er beunruhigt fest.
„Was ist mit dir, Tina, geht's dir nicht gut?“
Sie sitzt wie erstarrt auf dem Sofa im Vorraum und zuckt bei seinen Worten zusammen.
„Doch, doch! Mir geht's gut … bin nur … hab nur … Kreislauf … schwindelig …“, stottert sie.
Er nimmt sie zärtlich in seine Arme, bis sie aufhört zu zittern.
„War deine Freude über meinen Erfolg so groß? Jetzt kannst du dir ein schönes Cabrio aussuchen, mein Engel!“, lacht er und streicht ihr über den Kopf. Seit zehn Monaten hofft er auf dieses Geschäft. Er hatte Tina ein neues Auto versprochen, sollte es klappen.
Marc spürt sein Hemd vorne an der Brust nass werden.
„Tina, Süße, alles klar mit dir?“ fragt er besorgt.
„Freudentränen … Glückwunsch, mein Schatz. Können wir jetzt bitte ganz schnell nach Hause?“
***
An diesem sonnenverwöhnten und heißen Samstag scheint das Leben in Mailand fast stillzustehen. Viele der Bewohner haben sich auf den Weg in die Naherholungsgebiete gemacht, um ein erfrischendes Bad zu nehmen, ein Picknick mit guten Freunden zu machen oder sich einfach dem dolce far niente , dem ’ süßen Nichtstun ’ zu widmen.
Gerd genießt den Tag auf der Dachterrasse seines Appartements, um seine nahtlose Bräune weiter zu perfektionieren. Ein gutes Buch, ein kaltes Bier und der kleine Pool, mehr braucht es heute nicht zum Leben.
Endlich hat er wieder Zeit für sich, fernab vom hektischen Geschäftsalltag mit den permanenten Telefonaten, nicht enden wollenden Besprechungen und Kundenbesuchen.
Während er mit geschlossenen Augen auf seiner gemütlichen Sonnenliege ruht, wandern seine Gedanken zum letzten Besuch bei Daniel und Karin. Kaum zu glauben, wie sich der Abend entwickelt hatte. All die Jahre haben sie wie viele andere Freunde ganz normal ihre Zeit miteinander verbracht, aber diesmal war alles anders!
Normalerweise hätte er sich in den letzten Wochen immer wieder gefragt, ob das nur ein Traum war. Aber den Beweis, dass alles wirklich so stattgefunden hatte, fand er, als er nach seiner Rückkehr seine Reisetasche ausräumte. Jemand hatte ihm heimlich das Höschen eingepackt, das Karin nach dem flotten Dreier getragen hatte, wunderbar getränkt mit ihrem herrlich duftenden Nektar.
Klar hatte ihn dieser Fund überrascht! Schnell kamen wieder die alten Fantasien hoch, in denen Karin immer öfter die Hauptrolle spielte. Und beim vergangenen Treffen hatte sie sich schließlich als die kleine verfickte Schlampe offenbart, was seine kühnsten Träume sogar noch übertroffen hat.
Wie oft hat er sich seitdem den Slip in sein Gesicht gedrückt, mit jedem Atemzug das würzige Aroma aufgenommen und sich dahintreiben lassen, bis er in der ersten Reihe seines Kopfkinos Platz genommen hatte. Auf seiner inneren Leinwand spielte wieder der Film, der vom wilden und hemmungslosen Stelldichein mit der Trägerin der verlockenden Wäsche handelte. Die berauschende Vorstellung schloss immer mit demselben Happy End: einer milchigen und warmen Fontäne, die Gerds Puls gnadenlos hochjagte und sich über seinen nackten, bebenden Körper ergoss.
Leider ist nichts für die Ewigkeit, und so verblasst Karins aufreizendes Bukett in diesem Wäschestück immer mehr, wie Gerd mit tiefem Bedauern feststellen muss. Trotzdem hat sich dieses Teil zu seinem kleinen Fetisch entwickelt, zumindest bis er Karin das nächste Mal flachlegen kann. Wer weiß, vielleicht schickt sie ihm duftenden Nachschub, wenn er sie darum bittet.
***
„Du glaubst nicht, was Rick wieder angestellt hat in der Schule!“
Die Begrüßungen seiner Frau Sarah unterscheiden sich seit Jahren nicht wesentlich, weder im Tonfall noch im Thema. „Stell dir vor, da hat mich doch heute sein Klassenlehrer angerufen. Rick soll …“
„Hallo Schatz! Ich spring schnell unter die Dusche und steh dir danach voll zur Verfügung und wir reden über die Verfehlungen unseres Plagegeists. Versprochen!“, unterbricht Robert sie, und schon ist er auf der Treppe nach oben.
Beim Ausziehen seines Sakkos findet er in der Tasche das schwarze Stoffstück wieder.
Neugierig breitet er es aus und stellt angenehm überrascht fest, dass es sich um ein Spitzenhöschen handelt. Er betrachtet es eingehend: ein raffiniert geschnittenes Teil, mit kleinen Glitzersteinchen und eingestickten Buchstaben ’TK’
In Erinnerung an seine Begegnung mit der aufregenden Schönen drückt er seine Nase in das Höschen und nimmt das Aroma in sich auf: ein Duft aus ’ frisch gewaschen’ und lange genug auf der Haut ’ getragen’ , um das ganz eigene Parfüm seiner Besitzerin in sich aufzunehmen.
Vor seinen Augen erscheint wieder das Bild der Frau aus dem Taxi: das Gesicht von den grauen Augen dominiert, die leichte Röte auf den Wangen, die Haut makellos und glatt …
Und da meldet sich auch schon der Teil seines Körpers, der ihn in der Vergangenheit immer wieder in Situationen gebracht hat, die nicht ungefährlich für seine Ehe waren.
Er spürt eine beginnende Steifheit, das Kribbeln im Bauch, das schneller schlagende Herz.
Im Bad zieht er sich rasch aus und nimmt - das Höschen fest auf Mund und Nase gepresst - wieder einen tiefen Atemzug. Die Luft anhaltend, um nichts vom herrlichen Duft und Geschmack zu verlieren, schließt er die Augen.
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