„Matt! Das tut mir entsetzlich leid! Heute weiß ich, dass das falsch war und ich möchte es wieder gut machen, bitte!“ raunt sie mir tränenerstickt zu, doch ich mache wieder einen Schritt nach vorne und atme tief ein.
„Vergiss‘ es Saundra! Es gibt nichts mehr zu reden zwischen uns beiden! Du hast mich nur benutzt und jetzt bist du wahrscheinlich auch nur hier, weil dein Vater dich geschickt hat, um mich zu überreden mit ihm nach Ungarn zu gehen und dieses verdammte Etwas zu suchen!“ sage ich echauffiert und habe in dem Moment meine Wohnungstür erreicht.
Schnell schließe ich sie auf, während sie hinter mir her eilt und mich vorsichtig mit einer Hand an der Schulter berührt, was wie ein Stromschlag durch meinen gesamten Körper fährt.
„Matt, bitte! Ich weiß nichts von Dad’s Plänen und was er vorhat! Ich habe ihn seit Palenque weder gesprochen noch gehört. Was meinst du denn mit Ungarn und einem verdammten Etwas? Ich habe wirklich keine Ahnung wovon du sprichst.“ sagt sie fast verzweifelt.
Doch ich schüttle ihre Hand ab, öffne meine Wohnungstür und schiebe sie schnell mit dem Arm von mir weg, um ihr kopfschüttelnd und mit einem traurigen Blick die Tür vor der Nase zu zuschlagen.
„Matt!“ schreit sie auf und trommelt mit den Fäusten gegen die Tür.
„Bitte lass‘ mich rein! Matt, bitte! Ich muss mit dir reden! Du kannst mich doch jetzt nicht einfach hier so stehen lassen? Bitte! Ich habe den ganzen Nachmittag auf dich gewartet.“
„Lass‘ mich einfach zufrieden Saundra! Hau‘ ab, wohin auch immer! Es ist mir egal, aber trete mir nie mehr unter die Augen! Verdammt noch mal!
Ich habe dich geliebt … sehr sogar und du hast meine Gefühle nur missbraucht und mit Füßen getreten, indem du nur mit mir gespielt hast.
Was willst du also noch von mir? Mich noch mehr verletzen und noch mehr demütigen? Hat es dir Spaß gemacht oder hat es dir noch nicht gereicht?“ schreie ich wütend durch die Tür zurück.
„Nein Matt! Das stimmt nicht ganz!“ sagt sie laut aber bittend.
„Ich habe dich in den letzten Wochen schrecklich vermisst und mir ist klar geworden…“ es wird plötzlich still und sie macht eine lange nachdenkende Pause.
„… dass ich dich liebe!“
Die letzten Worte kommen gedämpft und tränenerstickt, doch mein Blut ist viel zu sehr in Wallung, als dass ich ihr das jetzt einfach so glauben kann.
„Du bist eine gute Schauspielerin Saundra! Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich dir das einfach so abnehme nach allem was geschehen ist?“ sage ich eine Spur sanfter, aber immer noch aufgebracht.
„Und das alles nachdem dein Vater mich gestern erst für einen Auftrag in Ungarn unbedingt dabei haben wollte? Mach’ mir doch nichts vor. Er hat dich doch geschickt damit du mich wieder einwickelst nachdem ich dankend abgelehnt habe oder etwa nicht?
Außerdem werde ich demnächst für Monate, vielleicht sogar für Jahre wieder nach Ägypten gehen und damit hat sich die ganze Sache ohnehin ein für alle Mal erledigt. Geh‘ endlich! Ich will dich nie mehr sehen, Saundra! Hau‘ endlich ab!“ sage ich laut und bestimmt und bohrender Kopfschmerz durchzuckt meinen Kopf.
Mit Daumen und Zeigefinger der linken Hand reibe ich mir die Augen, während ich mit der Rechten mein belegtes Sandwich in den leeren Kühlschrank werfe, denn jetzt ist mir jeglicher Appetit vergangen.
„Nein Matt! Das ist nicht wahr! Ich weiß nichts von Dad’s Vorhaben! Wir haben uns an dem Tag zerstritten, als du von Palenque nach Hause geflogen bist und seitdem hatten wir keinen Kontakt mehr zueinander! Ich bin nur hier um dir zu sagen, dass ich die liebe und mit dir reden möchte. Mehr nicht! Bitte!“ bettelt sie und ihre Stimme klingt traurig, denn sie wurde beim letzten Satz immer leiser.
Ich bin total verwirrt und Adrenalin überschwemmt meinen Körper, was noch mehr Kopfschmerz verursacht und aus einer Nachbarwohnung schreit jemand auf den Flur.
„Ist endlich einmal Ruhe da draußen? Es reicht! Wir wollen nichts von den Beziehungsproblemen anderer Leute wissen, wir haben selbst genug davon!“
Na, toll!
Jetzt haben es auch schon die Nachbarn mitbekommen, genauso wie einst, als ich Faith aus der Wohnung geworfen habe.
Zum Glück ist wenigstens Mrs. White verreist und sie muss sowieso nicht wieder alles haarklein mitbekommen so wie damals, aber wie soll ich Saundra jetzt vor meiner Wohnungstür loswerden?
Mein Kopf hämmert und mir wird schon fast schwindelig vor Schmerzen.
„Lass‘ mich einfach zufrieden Saundra und geh‘ nach Hause. Ich habe schon den ganzen Tag schreckliche Kopfschmerzen und werde jetzt ins Bett gehen, um morgen wieder fit zu sein. Bitte geh‘ einfach und komm‘ nie wieder zurück!“ rufe ich erneut Richtung Wohnungstür und es kommt nur noch ein hoffnungsloses Flüstern zurück.
„Ich gebe nicht so einfach auf, Matt! Jetzt, wo ich endlich weiß wie sich Liebe anfühlt und ich weiß, dass ich nur dich liebe!“ ruft sie gedämpft zurück.
Demzufolge tritt plötzlich Stille ein und ich spähe wenig später durch meinen Türspion, kann aber niemanden mehr sehen und gehe davon aus, dass Saundra endlich aufgegeben hat und gegangen ist.
Zum Glück habe im Mum‘s Aspirin in die Jackentasche gesteckt und werfe gleich zwei davon ein mit etwas Leitungswasser, denn an Einkaufen habe ich natürlich wieder einmal nicht gedacht und infolgedessen auch keine anderen Getränke mehr zu Hause.
Behäbig lasse ich mir deshalb eine heiße Badewanne ein und schütte den letzten Rest eines Erkältungsbades dazu, in der Hoffnung den Kopf wieder einigermaßen frei zu bekommen doch ich merke schon nach einigen Minuten, dass ich aufpassen muss nicht unvermittelt einzuschlafen.
Somit beende ich das Bad schneller als geplant und begebe mich eiligst in mein Bett, obwohl es erst früher Abend ist. Aber die Kopfschmerztabletten und der gleichzeitig leere Magen ringen mich unversehens nieder, womit ich in einen unruhigen und traumgeplagten Schlaf falle der mir fast alle Kraft abverlangt.
Unausgeschlafen und mit widerlichem Sodbrennen rüttelt mich das Piepsen meines Weckers in der Frühe aus einem schrecklichen Traumland, welches sämtliche Ungeheuer der Märchenwelt und der Phantasie Hollywoods bereithielt, wieder einigermaßen wach.
Wenigstens sind die Kopfschmerzen verschwunden, aber ich fühle mich immer noch etwas schwummrig und rolle mich daher träge aus dem Bett.
Unentschlossen überlege ich ob ich heute überhaupt zu meinem Kurs gehen soll, schließlich ist er kein Muss sondern freiwillig und niemand zwingt mich dazu.
Aber das Thema Mittelamerika finde ich inzwischen so spannend, dass ich den Kurs auf keinen Fall verpassen möchte.
Deshalb raffe ich mich also auf mir eine kalte Dusche zu verpassen und meinen fast leeren Kühlschrank zu inspizieren, aber mehr als das belegte Sandwich von gestern Abend gibt er leider nicht her.
Kurzerhand beschließe ich erst einmal ohne Frühstück zur Uni zu gehen, denn die Mensa hält eigentlich auch immer etwas Leckeres bereit.
Somit schlüpfe ich in meine Jeans und ziehe ein rotes Sweatshirt mit Reißverschluss an, werfe eine Jacke über und verlasse meine Wohnung, wobei mich schon wieder fast der Schlag trifft.
Neben der Tür kauert Saundra im Flur auf dem Boden, völlig verweint und mit verschmiertem Make-up!
„Saundra? Was willst du schon wieder hier? Habe ich dir gestern Abend nicht deutlich gesagt, dass ich dich nicht mehr sehen will?“ fahre ich sie an.
„Matt bitte! Ich habe die ganze Nacht hier auf dich gewartet. Ich muss mit dir reden, hör‘ mich doch bitte an. Ich liebe dich!“ fleht sie und dicke Tränen rollen ihre Wangen hinab, wobei ihre Lippen zittern vom Weinen.
Aber immer noch tief enttäuscht von ihrer Abfuhr in Palenque wende ich mich ab, um durch ihre Krokodilstränen nicht wieder weich zu werden und betrete die Treppe.
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