1 ...7 8 9 11 12 13 ...21 „Ja, ich hatte einen bösen Streit mir ihr nachdem Sie zum Flughafen aufgebrochen sind, welcher allerdings schon lange überfällig war und nicht unbedingt allein mit Ihrer Abreise etwas zu tun hatte. Sie ist dann eine Stunde nach Ihnen abgereist Richtung Los Angeles und wir hatten seither keinerlei Kontakt mehr zueinander.“ sagt er bedauernd.
„Ach deshalb war sie auf der Pressekonferenz nicht anwesend…? Ich habe sie mir ganz bewusst selbst nicht angesehen, aber Dad erwähnte gestern als Saundra wieder weg war, dass er ‚das Mädchen‘ wie er sie nennt, noch nie gesehen hat.“ sage ich bedauernd.
„Ja, so ist es leider! Ich habe das traurigste Weihnachten meines Lebens verbracht, nämlich ohne den Menschen der mir am meisten bedeutet und das ist seit vielen Jahren meine Tochter.
Sie hat sich in dieser Zeit weder telefonisch gemeldet noch ist sie überraschend vor meiner Tür aufgetaucht, so wie sie es sonst immer macht.
Sie hat mich einfach mit Missachtung bestraft und nicht einmal mehr meine Kreditkarte benutzt.
Obwohl ich häufig versucht habe sie zu erreichen, hat sie sogar meine E-Mails permanent ignoriert.“ lächelt er gequält, schüttelt den Kopf und spricht ruhig weiter.
„Okay, sie muss meine Kreditkarte ja auch nicht benutzen, schließlich verdient sie selbst genug Geld, aber normalerweise macht sie das mit Vergnügen.“
Schockiert lege ich die linke Hand um den Mund und dränge erneut aufsteigende Tränen zurück, indem ich kurz die Augen schließe.
„Dann war ich da wohl völlig auf dem Holzweg! Scheiße! Wenn ich das gewusst hätte, wäre vieles sicher anders gelaufen.“ flüstere ich traurig und erzähle ich ihm die Vorkommnisse vom Vorabend im Treppenhaus, vor meiner Wohnungstür und wie es heute Morgen weiter ging … bis zu dem Unfall.
„Es tut mir so leid! Ich wünschte, ich hätte von dem Zerwürfnis gewusst, dann wäre ich nicht von falschen Tatsachen ausgegangen und hätte ihr vielleicht zugehört.
Dann wäre das alles nicht passiert und sie müsste vielleicht jetzt nicht um ihr Leben kämpfen.“ erzähle ich Lázló den Rest der Begebenheiten und nun laufen mir die Tränen ungehindert die Wangen hinab.
Am liebsten würde ich mich jetzt selbst schlagen, bei so viel Starrköpfigkeit.
„Nein, Nein, Nein Matt! Machen Sie sich keine Vorwürfe!“ sagt er beruhigend und nimmt meine Hände fest in seine.
„Sehen Sie mich an, bitte! Sie dürfen sich keine Vorwürfe machen. Nach alldem was Saundra mit Ihnen gemacht hat und Sie am Ende hat fallen lassen wie eine heiße Kartoffel, hätte ich zum Beispiel genauso gedacht wie Sie.
Ich hätte keinen Deut anders gehandelt aus reinem Selbstschutz heraus, das ist nur menschlich. Sie hatten keinen einzigen Grund ihr zu glauben, deshalb trifft Sie überhaupt keine Schuld.
Saundra hat sich das alles selbst eingebrockt und nun muss sie leider dafür bezahlen, so ist das manchmal im Leben.
Ich wünschte mir auch es wäre alles anders gekommen, aber Saundra hat nun einmal ihre Eigenarten an die man sich sicherlich schwer gewöhnt und trotzdem trifft Sie, Matt absolut keine Schuld.
Sie haben sie schließlich nicht vor das Auto gestoßen, sie ist selbst davor gelaufen. Matt, bitte! Sie dürfen sich keine Vorwürfe machen, das führt zu gar nichts.“ predigt er mir eindringlich, doch apathisch führe ich weiter aus…
„Sie hat gesagt, dass sie mich liebt und sie hat die ganze Nacht allein und frierend auf dem Boden vor meiner Wohnungstür zugebracht.
Schon dieser Umstand allein wäre eigentlich Liebesbeweis genug, aber ich habe sie erneut abgewiesen und sie einfach stehen lassen.
Nur deshalb ist sie vor das Auto gelaufen, weil sie hinter mir herlaufen wollte. Ich hätte ihr einfach nur zuhören müssen, aber das habe ich nicht gemacht. Deshalb ist es ganz allein meine Schuld!“ erzähle ich verzweifelt und in diesem Augenblick erscheint eine Krankenschwester und bringt uns zwei Tassen und eine Warmhaltekanne mit heißem Kaffee den Lázló behutsam einschenkt.
„Soweit ich mich erinnere, trinken Sie ihn schwarz?“ fragt er und um seine Mundwinkel spielt ein Lächeln.
„Ja, das stimmt! Gerne!“ antworte ich dankbar und schließe meine Finger um die Tasse, die trotz der Wärme des Zimmers eiskalt sind.
„Sie lieben sie immer noch, nicht wahr?“ fragt er mich sanft.
„Ja, das tue ich! Aber ich wollte mich nicht mehr auf sie einlassen, solange ich nicht sicher sein kann, dass sie mich auch ehrlich liebt und eine gemeinsame Zukunft in Betracht zieht.
Ich hatte Angst davor, dass sie mich wieder fallen lässt und die ganze Seelenqual und der Liebesschmerz von vorne beginnt.“ seufze ich tief.
„Wenn ich doch nur wüsste, was sie operieren und wie lange es noch dauert! Diese Ungewissheit und die endlose Warterei macht mich ganz fertig Lázló! Was ist wenn sie stirbt? Ich würde mir mein Leben lang die allergrößten Vorwürfe machen.“ sage ich ungeduldig.
„Wir dürfen nicht vom Schlimmsten ausgehen Matt. An so etwas möchte ich jetzt gar nicht denken und Sie sollten das auch nicht! Saundra wird wieder gesund, davon bin ich überzeugt. Sie ist zäh! Das haben Sie doch nach dem Flugzeugabsturz gesehen!“ tröstet er mich und ich nicke nur stumm mit dem Kopf.
„Wissen Sie wer der Fahrer des Wagens war? Oder hat die Polizei den Unfall wenigstens aufgenommen?“ fragt er selbstbeherrscht.
„Ja, die Polizei war da und der Fahrer hat mir seine Karte gegeben…“ antworte ich und greife in meine Jeans.
„… oh, verdammt! Die steckt jetzt in der blutverschmierten Jeans die ich zu Hause noch schnell ausgezogen habe. Tut mir leid daran habe ich in meiner Panik gar nicht mehr gedacht und ich habe mir den Namen auch nicht gemerkt. Aber er sagte, dass ich ihm Bescheid geben soll wenn ich weiß wie es Saundra geht.“
„Kein Problem! Die kann ich mir später aus Ihrer Wohnung holen wenn Ihnen das Recht ist, denn ich sollte in der Nähe Ihrer Wohnung ohnehin nach Saundras Wagen suchen und ihn abschleppen lassen, damit es nicht wieder Strafzettel hagelt. Sie haben den SLS nicht zufällig irgendwo stehen sehen?“ fragt er mich und ich finde es in dem Augenblick unglaublich, an was der Mann alles denkt.
„Nein, sie muss ihn wohl in einer Seitenstraße geparkt haben und das mit der Visitenkarte ist in Ordnung. Natürlich habe ich nichts dagegen wenn Sie meine Wohnung betreten, allerdings ist sie im Moment nicht sehr aufgeräumt, aber die Jeans liegt jedenfalls in der Badewanne.“
Ungeduldig schaue ich auf die Uhr und spreche besorgt weiter.
„Nun operieren sie schon fast zwei Stunden! Wie lange soll das denn noch dauern?“
„Seien Sie doch nicht so ungeduldig, Matt! Die Ärzte werden uns schon Bescheid geben, wenn es etwas Neues gibt.
Im Übrigen fragt Chitam fast jeden Tag nach Ihnen, er hat Sie offenbar sehr ins Herz geschlossen.“ versucht er mich abzulenken.
„Chitam? Tatsächlich! Wie geht es ihm und was machen seine Sprachkenntnisse?“ frage ich daher und muss unvermittelt lächeln als ich an den kleinen Indio erinnert werde.
„Och, es geht ihm gut und der Lehrer, den ich engagiert habe, macht seine Sache hervorragend und Chitam scheint ein Sprachtalent zu sein. Er spricht inzwischen ganz gut Englisch, geht schon alleine einkaufen und fährt auch schon allein Straßenbahn!
Er hat sich sehr gut eingelebt! Obwohl New York zunächst natürlich ein riesiger Kulturschock für ihn war, aber er macht sich sagenhaft und er zeigt sehr viel Interesse an der modernen Technik und bemüht sich auch bald schreiben und lesen zu lernen. Unglaublich der Junge!“ grinst er.
„Oh, das freut mich und dass er wissbegierig ist hat man ja schon am ersten Abend gemerkt…“ sage ich erfreut, als in diesem Moment endlich ein Arzt den Warteraum betritt und ich springe augenblicklich erwartungsvoll von meinem Stuhl.
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