Als Schulkind durfte ich, Klein Lieschen, bei einem Besuch des Fernsehturms mit der Schulklasse, damals vor unendlich vielen Jahren, vom Fernsehturmcafefenster einmal in Richtung Westberlin gucken. Und jetzt dies.
Um es kurz zu machen: Familie Kleinschmidt fährt mit dem Trabi nach Westberlin, hautnah an den Ort des Geschehens, direkt an die Reste der Grenze. Welch ein Wahnsinn. Wir wechseln die Sitzplätze unseres Trabis dann dort angekommen, gegen die Sitzplätze in einem schwarzen BMW ein und fahren staunend und mit Riesenaugen durch Westberlin. Mein Gott, daß ich das mal erleben darf. Gänsehaut ohne Ende. Wir bröckeln uns ein kleines Stück Mauer ab und betrachten es wie ein Weltwunder.
„Lisa, wach auf. Möchtest du dir das Kaufhaus des Westens ansehen? „
Das KaDeWe und Lisa Kleinschmidt mittendrin. Mein Herz rast und ich bin völlig fix und fertig. Kann mich nicht satt sehen. Alice im Wunderland gleich, schwebe ich durch die Etagen. Es ist ein Glimmern und Glitzern um mich herum und ich sauge die Düfte der großen weiten Welt genüßlich in mich ein.
„Kinder, bitte nichts anfassen und um Himmels willen nichts kaputtmachen.“
Wir sind mit der Rolltreppe im Obergeschoß in der Lebensmittelabteilung. Ich brauche jetzt einen Stuhl. Es ist einfach zu viel für mich. Sabine und Kathleen sind ganz aus dem Häuschen, als sie die vielen Fische sehen, die dort auf den Eiswürfeln mit Salat und Zitrone dekoriert die Einkäufer anlocken. Die Krebse und Tintenfische und all das Meeresgetier da an den Theken ist ein Augenschmaus und sieht sehr abenteuerlich aus. Eine riesige Languste glotzt mich an und sie ist so schön, daß ich meinen Blick nicht von ihr nehmen kann. Die Welt ist groß und bunt und wunderschön.
„Wollt ihr etwas trinken, ihr seht mir so geschafft aus?“, sagt Eberhard zu uns und ein stolzes Lächeln huscht über sein Gesicht. „ Aber wir haben doch kein Westgeld und alles ist so teuer.. Eberhard drückt mich an seine Brust. „ Ach, Kleines, mach dir mal keine Sorgen.“
Wir tranken eine Cola und Bruno bekam ein Bier, also so was von einem Bier, in einem so was von tollem Bierglas. Nein, es verschlug uns Ossis direkt die Sprache.
Oh Gott, das ist bestimmt sehr, sehr teuer.
Als ich den Preis höre, möchte ich das Bier am liebsten zurückschicken. „ Das können wir doch gar nicht annehmen. Das ist so teuer, ist da gleich das Glas mit dabei?“, sage ich im Spaß.
„Ja“, sagt Eberhard. Das ist schon mit einkalkuliert, das kannst du dir einstecken.“
Mein Kopf läuft rot an und die Hitze steigt mir in die Schläfen und läßt sie laut pochen.
„Bloß nicht, so was kommt gar nicht in Frage, mein Lieber. Du machst wohl Witze.“
Dann fahren wir zum Kaffeetrinken los und ich bin froh, daß ich hier weg bin.
Dieses Kaufhaus ist einfach zuviel für meine schwachen Nerven.
Eberhards Frau begrüßt uns lieb an der Tür ihres schönen Einfamilienhauses, und es duftet nach Westkaffee. Natürlich, wonach sonst. Im Flur entledigen wir uns unserer Mäntel und Oberstudienrat Eberhard ruft: „ Lisa, Schatz, guck mal, was ich für dich habe ... „
Da holt doch tatsächlich dieser alte Halunke das kostbare, goldene Bierglas aus seiner Manteltasche und drückt es mir in die Hand. Ich stehe da wie vorn Donner und Blitz getroffen und fasse es nicht.
„Ja, ja, das könnt ihr euch mitnehmen, als Souvenir. Mußt du bloß noch abwaschen.“
Das übernahm dann seine Frau. Als sie es abtrocknete, rief sie uns alle in die Küche. „ Guckt mal, hier steht auf dem Glas in Goldschrift in drei Sprachen: geklaut im KaDeWe.“
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