„Nein ... Ich kann ihm nie verzeihen. Dafür ... Dafür ist der Schmerz einfach zu groß. Und das Vertrauen zu missbraucht." Eine Stumme Träne fließt wieder über meine Wange, bei dem Gedanken, was er wohl gerade macht
Leidet er genauso wie ich? Weint er vielleicht auch gerade, betrinkt sich? Er sah so zerbrochen aus, als ich gegangen bin. Er sah ehrlich zerbrochen aus. Es wäre noch trauriger, wenn er nicht leiden würde. Doch trotzdem musste er nicht sehen, was ich sah, er muss nur damit leben, dass ich nicht mehr da bin. Ich muss damit leben, dass er mich belogen und hintergangen hat, während ich ihm versucht habe, ihm meine Liebe zu schenken.
Wahrscheinlich überspielt er seine Trauer, wie er es immer getan hat. Es wird für ihn vielleicht noch für eine kurze Zeit ungewohnt sein, dass ich nicht da bin, aber dann wird er wieder Aiden. Der typisch charmante Aiden.
Der typisch charmante Aiden, der mir mein Herz heraus gerissen hat.
Der typisch charmante Aiden, den ich liebe.
„Aber weißt du was?" Alec sieht mich an. „Egal, was passiert ist, er hat dich geliebt."
Ich schniefe, trinke einen weiteren großen Schluck, starre auf ein Bild an der Wand über dem Fernseher. „Wenn man liebt, hintergeht man den anderen nicht."
„Ly, er hat dich geliebt. Er hat dich angesehen, als wärst du Magie, glaube mir. Auch wenn er dich ... hintergangen hat, bin ich mir sicher, dass er dich geliebt hat."
Ich richte mich auf, trinke mein Glas in einem Zug leer. „Das spielt jetzt sowieso keine Rolle mehr." Voller Trauer und Enttäuschung, wische ich mir eine weitere Träne von der Wange. „Er hat es vermasselt und es ist vorbei. Bekomme ich noch Wein?"
Mit geschürzten Lippen nickt Alec und schüttet mein Glas wieder voll. „Und was hast du jetzt vor? Willst du das alles ohne weitere Diskussion enden lassen?"
Ich sehe ihn an. Die Tränen scheinen kein Ende zu nehmen. Zu frisch sind die Wunden. „Alec. Wozu ein Konflikt? Ich habe ihn gesehen, wie er sie – Eine Auseinandersetzung mit ihm würde zu nichts führen. Er kann es nie wieder rückgängig machen, und ich kann nicht mit einem Mann zusammen sein, dem ich nicht vollkommen vertrauen kann."
Nachdenklich trinkt er einen Schluck, tippt dann auf dem Glasrand herum und starrt darauf. „Ich kann dich verstehen, das kann ich wirklich ... Ich dachte nur, dass es vielleicht – keine Ahnung, was ich dachte. Und was willst du tun? Wirst du wieder zurück nach England gehen?"
Ich sehe ebenfalls auf mein Glas. „Ich weiß es nicht ... Ich kann nicht einfach wieder zurück nach England gehen. Ich bin jetzt nun mal hier auf dem College und ich bin mit dem Risiko, so zu enden, wie ich gerade ende, nach New York gekommen. Jetzt muss ich auch damit leben. Ich war mir einfach zu sicher, dass es nicht so enden wird ..."
„Verstehe ... Du kannst erst mal bei mir wohnen, solange du noch keinen Unterschlupf hast. Ich bin mir sicher, dass mein Mitbewohner nichts dagegen hat."
Ich lächele ihn an. „Danke, Alec. Ich weiß das wirklich zu schätzen."
Er lächelt zurück und streicht mir liebevoll die letzte Träne von der Wange. „Du brauchst mir dafür nicht danken, Große. Du bist meine beste Freundin, für dich würde ich Aiden sogar eine verpassen."
„Das würdest du für mich tun?" Ich lache leicht.
„Es würde mir zwar schwer fallen, aber ja, das würde ich tun. Am besten links, rechts auf seine Grübchen."
Nach einer kurzen Pause, sage ich: „Du bist auch mein bester Freund."
Er grinst breit. „Danke."
Seufzend lehne ich mich zurück, Alec lässt sich neben mich fallen. Gleichzeitig nehmen wir einen Schluck von dem Wein. „Ich muss mir einen Job suchen", sage ich nach einer Weile. „Ich muss jetzt gucken, wie ich um die Runden komme."
Der Gedanke daran, wie abhängig ich von Aiden in so vielen Dingen war, lässt mich sofort wieder schlecht fühlen. Er hatte so viel Einfluss auf mein Leben.
„Du könntest in der Stadtbibliothek arbeiten. Ich habe da selbst schon gearbeitet und du wirst relativ gut bezahlt dafür, dass es nur ums Bücher einräumen und sortieren geht."
„Guter Einfall. Tausend Mal besser als zu bedienen ... Ich weiß gar nicht, wie ich nächste Woche die Prüfungen schreiben soll. Ich bin ein Wrack."
Eigentlich hatte Aiden mir versprochen mit mir zu lernen.
Alec sieht mich an. „Das bekommen wir hin. Du hast hier zufällig einen Profi der englischen Literatur neben dir sitzen. Das schaukeln wir schon. Außerdem haben wir das hier." Er hält die Flasche Wein hoch und schüttet mir und ihm noch einmal nach. „Das ist tausend Mal besser als Energydrinks und macht alles lustiger."
Ich lache leicht. „Ich merke es schon."
„Du auch? Zum Glück. Ich dachte, ich bin der einzige Waschlappen, der keinen Alkohol verträgt."
Gemeinsam kichern wir, dann lehne ich mich wieder an ihn und genieße das Gefühl von Geborgenheit, das er mir gibt. Zwar ist es noch lange nicht so schön, wie in Aidens Armen, doch das versuche ich für einen Moment zu vergessen. Ich weiß, dass niemand Aiden ersetzen kann.
„Ich bin froh, dass du mich mit dem Wasserballon abgeworfen hast", lasse ich Alec schmunzelnd wissen.
„Ich auch." Er küsst mich auf den Kopf. „Du kannst dir nicht vorstellen, wie glücklich ich darüber bin, dass ich endlich eine Verbündete gefunden habe."
Ich sehe ihn für eine Weile einfach nur an. „Du würdest mich nie verletzen oder?"
Aufmunternd lächelt er leicht. „Ich würde dich niemals verletzen, niemals. Dafür liebe ich dich zu sehr ... Außerdem wäre ich dann wieder so einsam auf der Schule."
Zufrieden mit dieser Antwort lege ich wieder meinen Kopf auf seine Schulter. „Danke, dass ich bei dir sein darf."
„Danke, dass ich dich bei mir haben darf. Du stehst das durch, ich verspreche es dir. Ich werde dir helfen, wir schaffen das gemeinsam."
Aiden
Als ich dieses, zur Hölle verdammte, Apartment betrete, klingelt das Handy in meiner Jackentasche.
Steven.
Ich wusste, dass es nicht lange dauern wird, bis er anruft. Black wird ihn sofort nach meinem Auftritt informiert haben, immerhin ist Steven mein Ansprechpartner bei Black Poe. Allein an diese widerliche Firma zu denken, treibt mir einen Schauer über den Rücken.
Ich drücke ihn weg. Ich will mit niemandem reden, ich will niemanden sehen, geschweige denn in Kontakt mit irgendetwas treten. Ich will einfach, dass sie wieder zurückkommt und mir sagt, dass sie mich liebt.
Verdammt. Ich muss sie anrufen. Ich muss versuchen, sie zur Vernunft zu bringen, ich will, dass sie mir zuhört. Ich lehne mich an die Wand und versuche Ruhe in mich zu bringen. Ich darf nichts Falsches sagen, wenn sie tatsächlich abheben würde.
„Hier ist die Mailbox von -" Ihr Handy ist ausgeschaltet. Egal, wie oft ich es versuche, es ist jedes Mal die Mailbox.
Und ich weiß nicht einmal, wo sie ist. Wahrscheinlich ist sie bei Alec. Doch genauso wenig, wie ich sicher sein kann, wo sie wirklich ist, weiß ich auch nicht, wo er wohnt. Vielleicht wohnt er in einem Studentenwohnheim am Campus.
Ich fahre mit den Händen durchs Gesicht. Das alles kann nur ein schrecklicher Traum sein.
Ich habe keine Ahnung, was jetzt als nächstes passieren wird. Black wird mich anzeigen, da bin ich mir sicher. Außerdem habe ich den Vertrag gebrochen. Das Apartment muss ich ebenfalls aufgeben, weil Black es mir für das Jahr zur Verfügung gestellt hat. Ich muss versuchen meine Rechte an meinem Buch wieder zurück zu bekommen und mir eine neue Wohnung besorgen.
Scheiße, wie konnte das alles so ausarten? Ich hätte einfach in London bleiben sollen, ich hätte verdammt nochmal in London bleiben sollen. Jetzt habe ich Raven New York versaut und mir ebenfalls.
Als ich ein weiteres Mal versuche Raven verzweifelt am Handy zu erreichen, klopft jemand heftig an der Tür. „Mach sofort diese beschissene Tür auf!"
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