AK-Verhalten wird gerne zusätzlich zu den anderen Strategien angewendet. Alles, was sich eindeutig einem AK-Verhalten zuordnen lässt, kann durch Gespräche und Therapien für den Täter gelöst werden.
3.2 Ein typischer Doofling
Viele Aktionen gegen Kollegen werden durch fachliche Unkenntnis oder schlicht durch schlampige Arbeit ausgelöst, häufig gepaart mit einem erheblichen wirtschaftlichen Schaden für den Betrieb.
Beispiel
Da der Key-Account-Manager die finale Vertragsverhandlung durchführt, überarbeitet er die für ihn fehlerhafte Vertragsgrundlage. Er benutzt eine falsche Kalkulation, ohne Rückfrage mit dem Verantwortlichen zu halten – jährlicher Schaden 50.000 €, Laufzeit der Verträge 9 Jahre, also ergibt sich allein daraus ein 450.000 €-Schaden. Als der verantwortliche Betriebsleiter nachfragt, kommt ein „Ups, da habe ich wohl danebengegriffen.“
Für die betriebliche Zielerreichung muss der Betriebsleiter – und müssen seine Mitarbeiter vor Ort – nun einen zusätzlichen Gewinn von 50.000 € jährlich erwirtschaften, nur um die Ausgangsituation erneut zu erreichen. Für eine gute Zusammenarbeit ist eine solche Aktion und das Verhalten des Auslösers nicht förderlich.
Dummheit ist nicht strafbar.
Was der Doofling innerhalb der 9 Jahre aus dem von ihm selbst verursachten Fehler macht, werden wir uns unter den Kapiteln über die Mobbing-Strategien ansehen.
Denken Sie hierbei auch an den juristischen Begriff: die Klammerwirkung. Für 9 Jahre besteht hier ein Angriffspunkt für einen Mobber und weitere Kritikpunkte für die Beurteilung Ihrer Ziele und Leistungen. Bekommen Sie also in 8 Jahren ein Problem, da Sie 20.000 € unter dem Ziel bei diesen Verträgen sind, lag die Begründung 8 Jahre davor. Haben Sie die Mail aus der Zeit ausgedruckt zu Hause liegen?
3.3 Ein typischer Weekender
Bis vor einigen Jahren wurden Manager-Seminare am Wochenende (Weekend) abgehalten, welche die Teilnehmer in die Lage versetzen sollten, mehr Erfolg im Beruf zu haben. Viele dieser Strategien gehören auch heute noch zu den sogenannten Soft Skills, die eine karrierebetonte Führungskraft für die Stelle mitbringen sollte. Teile dieser Strategien bezeichnen wir heute als Mobbing.
Zwar werden diese Strategien auch bewusst zur Schädigung eines Kollegen durchgeführt – wodurch diese Aktion grundsätzlich in das Mobbing fiele –, sie ist dem Ausführenden nicht bewusst: Führungskräfte müssen so sein, wurde ihm unterrichtet. Manchmal ist es aber auch nur so, dass Ihr Chef sein Handwerk einfach nicht beherrscht.
Beispiel Meeting
Sie werden bewusst ständig unterbrochen oder mit Zwischenfragen in Ihrem Konzept-Vortrag gestört. Kennt jeder, und ist ein deutliches Zeichen fehlender Teamfähigkeit. Da bei dieser Art der Aktion das bewusste Stören der betrieblichen Abläufe ohne Sinn für das Betriebsergebnis durchgeführt wird, hat sie direkten Einfluss auf das Betriebsergebnis. Denn viele potenziell gute Ideen werden gar nicht mehr vorgebracht.
Während die drei vorherigen Aktionen von Charakter und Kompetenz abhängig sind, ist Mobbing eine Verhaltensstörung. Eine bewusste Strategie durchzuführen, um von eigenen Fehlern und der eigenen Inkompetenzen abzulenken oder eine Einzelperson nur aus persönlichen Gründen oder Strategien anzugreifen. Dafür werden – vergleichbar einer kriminellen Energie – Strategien verwendet, die der Normal-Kollege moralisch ablehnen würde und sollte. Dabei wird ohne Rücksicht auf die Ergebnisse der Firma nur der persönliche Vorteil verfolgt, häufig mit der Unterstützung von passiven Kollegen, seinen Erfüllungsgehilfen.
Beispiel
Sie bekommen einen direkten Vorwurf eines Kollegen über einen Fehler, im Mail-Verteiler steht nur Ihr Name. Sie weisen den Kollegen in direkter Antwort darauf hin, dass er selbst den Fehler zu verantworten hat, und verweisen auf den entsprechenden Mailverlauf.
Was Sie nicht wissen ist, dass Ihr Kollege die Geschäftsführung in einer Blindkopie im Verteiler hat. Da Sie direkt antworten, erhält die Geschäftsführung Ihre Stellungnahme jedoch nicht. Für diese bleibt die Information, der Fehler sei durch Sie erzeugt worden. Da Sie aus Sicht der Geschäftsführung nicht antworten, bleiben Sie für die Chefs der Verursacher des Fehlers im Gedächtnis bestehen.
Das bewusste Anwenden von rufschädigenden Strategien, wie das Einfügen und die Nutzung der Blindkopien ohne darauf hinzuweisen, ist in diesem Buch ein Beispiel für Mobbing.
Diese Strategie wird zwar auch dem Weekender unterrichtet, die Anwendung der Strategie ist jedoch Mobbing, da sie bewusst und geplant durchgeführt wird. Es wird also in der Hauptsache dahingehend unterschieden, ob der Sachverhalt zufällig passiert ist, oder ob dort eine bewusste Handlung vorliegt, wie das Einfügen eines Verteilers in einer Blindkopie.
Nehmen Sie auch das Beispiel des Dooflings mit seinem 450.000 €-Schaden für eine der Betriebstätten der Firma. Dem Doofling ist es ja bekannt, dass es sein eigener Fehler ist, er kann aber in einer Teamrunde – wenn der verantwortliche Betriebsleiter nicht da ist – dessen Kalkulationen hinterfragen. Immerhin erreicht der Betriebsleiter ja nicht die gewünschten Ziele durch seine Verträge. Hier wird bewusst ein Sachverhalt zwar richtig dargestellt – der Betriebsleiter erreicht die Ziele in den Verträgen nicht –, Ziel des mobbenden Kollegen ist es aber, sich persönlich zu schützen. Mails mit lakonischen Anmerkungen wie z.B. „Da hat X wieder seine Ziele nicht erreicht, mal schauen was ich noch so finde…“ gehören dann zum Standard. Dass er diesen Fehler eigenhändig verursacht hat, wird natürlich nicht erwähnt.
Als Mobbing darstellen können Sie diese Äußerung vor Gericht nur dann glaubhaft, wenn Sie die Mail vom Doofling von vor 9 Jahren vorweisen können. Denn dann haben Sie den Beleg, dass der Mobber davon Kenntnis hatte.
Die Gleichung
Doofling als Aktion (Schaden) + Weekender-Technik (Mail mit Schuldzuweisung) = Mobbing
Das müssen Sie vor einem Arbeitsgericht nachweisen können.
3.5 Mobbing durch den Vorgesetzten – Bossing
Hier müssen wir grundsätzlich zwei Varianten unterscheiden. Einmal mobbt der Vorgesetzte selbst, beim zweiten Fall wird er vom Mobber gelenkt. Für den ersten Fall existieren praktisch keine Gegenmaßnahmen, die einen längeren Verbleib in der Firma als Ergebnis hätten. Bei der zweiten Variante kann es durchaus noch klappen.
Die erste Variante wird meist unter dem Begriff Bossing geführt.
Der Vorgesetzte führt bewusst alle möglichen Strategien und Anweisungen durch, um Sie an einer ordnungsgemäßen Arbeit zu hindern. Ziel ist es, Sie zu einer freiwilligen Kündigung zu bewegen oder dafür zu sorgen, dass Sie durch seine Einschränkungen keine Arbeitsergebnisse mehr erreichen, womit eine Kündigung erklärbar würde. Ein Begriff hierfür ist das Strategische Mobbing, welches in Punkt 8 weiter ausgeführt wird.
Das ist ein hässlicher Nervenkrieg, den Sie am Ende mit Ihrer Gesundheit oder Ihrem Selbstwertgefühl bezahlen. Haben Sie deswegen auch kein Mitleid – nicht mit der Firma und vor allem nicht mit Ihrem Vorgesetzten.
Die zweite Variante wird zwar auch unter Bossing geführt, ist aber in Einzelfällen reparabel.
Beispiel
Ihr gleichgestellter Kollege will, dass Sie seine Ideen umsetzen und stellt Ihre Leistung beim Vorgesetzten als unzureichend dar. Meist sind die Auslöser simple Unterschiede in der fachlichen Beurteilung. Für den Kollegen geht es aber nicht um den Sachverhalt, sondern nur darum, sich durchzusetzen und Sie schlecht dastehen zu lassen. Dabei spielt das Firmenergebnis für den Mobber keine Rolle.
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