Es bedarf sicherlich einiger Fähigkeiten des Menschen, sich auf das Saturnische einzulassen. Man muss beispielsweise die Fähigkeit haben, sich von liebgewonnenem Plunder – so nenne ich das mal – zu trennen. Man sollte diese Fähigkeit auch entwickelt haben, denn wenn man sie nicht entwickelt hat, wird Saturn dafür sorgen, dass einem das, wenn man so will, sogar auch teilweise mit Gewalt genommen wird. Aber wenn man diese Fähigkeit entwickelt hat, wenn man auch aus dem Schütze-Prinzip die Einsichtsfähigkeit in den vierten Quadranten herübergerettet hat, dann sollte das gelingen. Und dann wird man feststellen, dass der Saturn im Grunde genommen auch eine tiefe Zufriedenheit und eine ganz tiefe Weisheit in sich trägt.
Das heißt jeder Mensch wird dann diese Weisheit und Zufriedenheit in sich finden. Und das der Saturn sogar ein gütiges, leichtes, leises Lächeln auf das Gesicht zaubern kann. Das ist sicherlich nur in relativen Ausnahmesituationen zu bemerken - man muss den Saturn schon in einer günstigen Stunde erwischen, um ihn lächeln zu sehen. Aber wenn genug Ruhe ist, wenn genug Konzentration da ist, dann stellen sich die entsprechende Zufriedenheit und damit das Lächeln auf dem Gesicht ein.
Saturn ist immer zufrieden, wenn man sich auf das Wesentliche konzentriert hat, wenn man sich reduziert hat. Saturn ist nicht anspruchsvoll, Saturn ist anspruchslos. Allerdings in den wenigen Bereichen, die er noch im Leben gelebt sehen will, ist er anspruchsvoll. Eine eigentümliche Mischung aus Anspruchslosigkeit und einer sehr anspruchsvollen Haltung. Das Anspruchsvolle des Saturns bezieht sich hier nicht auf eine Vielfalt von Merkmalen, wie das beim Schützen der Fall war. Sondern nur auf ganz, ganz wenige Lebensmerkmale, eben auf das Bedeutsame und das Wichtige.
Zusammenfassung in Stichworten
Kernprinzip:
Reduzierung auf das Wesentliche = Konzentration = Verweis auf das überpersönlich Bedeutende. Das Recht und die Ordnung des Lebens = Strukturierung = Hierarchie. Den Dingen ihren gerechten Platz zuteilen. Überwindung von selbstgemachtem Hochmut (Stolz) = Entstehung der menschlichen Würde.
Leit-Bild:
Natur: der Fels, das Gebirge. Tier: der Elefant. Mensch: der Gerechte
Ur-Angst:
vor Verlust der Würde
Grund-Problem:
Über-Ich-Struktur = unpersönliche Gewissensinstanz. Das väterliche Prinzip selbst leben lernen, ohne auf Stellvertreter des Vaters (z.B. Staat) zu projizieren. Lernen, Verantwortung ausschließlich für sich selbst zu übernehmen (im positiven Sinne a-sozial). Zu frühes Erwachsenwerden = Übernahme ungeeigneter Verantwortungen im Kindesalter. Übertriebene Leistungsbereitschaft, extreme Stressanfälligkeit. Sagt immer: Bestimmt...
Mythologie:
Saturn kommt zur Macht, indem er seinen Vater Uranos entmannt und die Genitalien ins Meer wirft. Eine Prophezeiung sagt ihm voraus, dass einer seiner Söhne ihm das gleiche antun werde, woraufhin Saturn all seine Kinder tötet. Nur ein Kind (Zeus/Jupiter) wird von der Mutter Rhea gerettet und heimlich aufgezogen. Hier zeigt sich das Vaterproblem drastisch. Jeder Steinbock trägt Vater und Sohn in sich und muss diesen Gegensatz in sich und mit dem leiblichen Vater erlösen. Er muss erkennen, dass der Vater sehr wohl auch ein gütiges Gesicht haben kann.
Baustein 10:
Das 10. Lebensprinzip ist die 1. Stufe der Entstehung des Wirklichen im 4. Quadranten. Es ermöglicht allen Wesen, die Ordnungen des Höheren jenseits der Ordnungen, die der Mensch erschaffen hat, zu erkennen. Es entsteht ein überpersönliches Bewusstsein jenseits der eigenen Bedürfnisse.
11. Lebensprinzip / WASSERMANN / URANUS / FELD 11
Der Wassermann ist die vorletzte Stufe des Tierkreises. Das bedeutet, dass wir uns dem Ende der menschlichen Reise durch den Tierkreis nähern. Wir nähern uns dem Ende des Ablaufes, dem das Leben ständig unterworfen ist. Dieser Ablauf, von Anfang bis Ende, war durch eine wellenförmige Bewegung gekennzeichnet, durch das Entstehen des Egos im körperlichen Bereich, im seelischen Bereich und im geistigen Bereich. Dann dem Verebben dieser Bewegung, das heißt der Reduzierung des Egos im vierten Quadranten, begonnen mit dem Steinbock durch das Prinzip der Reduzierung auf das Wesentliche, sozusagen dem Verlust aller Subjektivität, die jetzt im Wassermann-Prinzip, der vorletzten Stufe des Tierkreises, vehement vorangetrieben wird.
Die eigentliche Entsubjektivierung, die eigentliche Auflösung aller Subjektivitäten und damit des menschlichen Egos und der Empfindungsfähigkeit nimmt jetzt im Wassermann einen dramatischen Verlauf. Zumindest wenn man das aus der Sicht des Lebendigen, des Egos sieht. Das ist aber auch notwendig, weil es ist sozusagen fünf vor zwölf, es ist die vorletzte Stufe des Tierkreises. Und in den Fischen muss die große Aufgabe, wenn man es psychologisch oder meditativ sehen möchte, bewältigt worden sein, dass das Ego wieder in die entsprechende Welt zurückgeführt ist, in die es gehört. Beziehungsweise dass man sagen kann, das Ego ist so weit reduziert, dass es keine Rolle mehr spielt, zum Beispiel im Sinne einer Behinderung des Menschen auf seinem transzendenten Weg.
Die Fische werden letzten Endes nichts weiter als die Vollendung des Wassermann-Prinzips darstellen. Der Wassermann, der generell ständig in einer Bewegung weg vom Leben ist – dazu gleich noch mehr – wird irgendwann die Bewegung enden lassen. Und wenn die Bewegung des Wassermanns beendet ist, dann haben wir den Zustand des Fisches. Bewegung und Zustand sind auch zwei Gegenpole. Im Begriff „Zustand“ ist Bewegung nicht mehr enthalten - wenn die Bewegung verebbt ist, dann ist ein entsprechender Zustand erreicht. Und es ist auch später selbst für fortgeschrittene Astrologen relativ schwer, den wirklichen Unterschied zwischen dem Ende des Wassermannes und dem Beginn des Fisches noch zu benennen. Denn im Grunde genommen ist das Ende des Wassermanns gleichbedeutend und identisch mit den Fischen.
Der Tierkreis hat jetzt nur noch eine kurze Wegstrecke vor sich, das heißt es gibt nur noch wenige Möglichkeiten für den Menschen, zur Vollkommenheit oder zur Transzendenz oder ins Metaphysische zu gelangen - wie auch immer man das alles nennen möchte. Der Wassermann tut allerdings, nachdem der Steinbock die Vorbereitung im Sinne der Konzentration auf die wirklich wesentlichen Dinge gelenkt hat, ein Übriges. Und das, was den Wassermann im Kern charakterisiert, was also im Kern ausdrückt, dass der Versuch unternommen wird, den Menschen aus der Verfangenheit der subjektiven Lebensumstände zu befreien, dieses Prinzip, was jetzt im Kern enthalten ist, nennen wir astrologisch die Entpolarisierung. Oder als Vorgang beschrieben: das Aufheben von Gegensätzen in der dualen Welt.
Die Welt ist dual oder polar angelegt. Das heißt sie ist voller Gegensätze. Es gibt den Tag und die Nacht, es gibt den Mann und die Frau, es gibt oben und unten. Alles das sind Gegensätze, und im Sinne des Steinbocks könnte man sagen, alles das ist Hierarchie. Daher ist die Welt, die aus Gegensätzen beziehungsweise Dualität zusammengesetzt ist, eine Welt, in der eben nicht nur Gegensätze, sondern auch eine bestimmte Ordnung besteht. Diese versucht aus sich heraus, im Sinne der steinböckischen Ordnung, sich zu erhalten. Die Ordnung des Steinbocks ist keine labile Ordnung, sondern es ist eine feste Ordnung. Anders ausgedrückt: Es ist Struktur.
Wenn nun Aufhebung von Gegensätzen im Kern des uranischen Prinzips enthalten ist, dann muss das bedeuten, dass irgendetwas mit der Struktur der Dinge, irgendetwas mit der Ordnung der Dinge, irgendetwas mit der Hierarchie der Dinge geschieht. Das was hier geschieht, ist – insbesondere aus der Sicht des Steinbocks – ein sehr dramatischer Vorgang. Denn das Wassermann-Prinzip, möglicherweise in der Kenntnis, dass es die vorletzte Stufe im Tierkreis darstellt, hat nicht mehr viel Zeit, um das Werk zu vollenden. Und so muss jetzt Hierarchie zerstört werden. Das ist das Allererste, was als Vorgang zu beschreiben ist, wenn man sich darüber im Klaren zu werden versucht, was Entpolarisierung oder Aufhebung von Gegensätzen bedeutet.
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