Wilhelm Wechselberger
Das Reichsnährstandsgesetz
Licht und Schatten
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Inhaltsverzeichnis
Titel Wilhelm Wechselberger Das Reichsnährstandsgesetz Licht und Schatten Dieses ebook wurde erstellt bei
Widmung Widmung für Wilhelm und Heinrich
Prolog Prolog Es war das Jahr 1934, als die Privatmolkerei Franz DePaula im rheinischen Mönchengladbach die volle Wucht eines gerade erst verabschiedeten Gesetzes traf. Dieses Gesetz, das Reichsnährstandgesetz, das die Unterschrift sowohl des Reichskanzlers als auch des Reichsministers für Ernährung und Landwirtschaft trägt, war wenige Monate zuvor am 13. September 1933 verkündet worden. Jetzt war dieses Gesetz Handhabe und der juristische Rahmen für die Auflösung und Zerstörung der Privatmolkerei des Franz DePaula, einem Betrieb, der im Ersten Weltkrieg am Niederrhein und in seiner Stadt maßgeblich dazu beigetragen hatte, die Milchversorgung sicherzustellen. Damals, von 1914 bis 1918, war diese Versorgung gewiss keine leichte Aufgabe gewesen. Für die Beschaffung der Milch war Franz DePaula sehr weite Wege gegangen. Er hatte Touren organisiert, weit hoch in den Norden hinein, bis zum Reichswald, tief herüber in den Osten, bis weit über das andere Rheinufer hinaus. Und auch jede Möglichkeit im Süden genutzt, ja selbst abgelegene Eifelhöfe wurden regelmäßig angefahren. Diese ganzen Anstrengungen reichten aber auch nur für die einfachsten Bedürfnisse, wenigstens die kleinen Kinder der Heimatfront wurden dadurch mit dem Allernötigsten versorgt. Weshalb gab es bereits im Herbst 1933 dieses Gesetz, nach so kurzer Zeit und nur so wenige Monate nach der Machtergreifung? Das konnte eigentlich nur eines heißen. Deutschland war bereits mitten in der Kriegsvorbereitung. Für Franz DePaula war es eine bittere Erkenntnis, aber es war bereits zu spät. Franz sah, dass das Pendel in die falsche Richtung ausgeschlagen hatte. Auch stand das Unwort Sippenhaft bereits in großen unheimlichen Lettern an der Wand geschrieben. Sippenhaft, das wird auch die treffen, die dieser verhängnisvollen Pendelrichtung 1934 bereitwillig folgen und auch die, die später dem zynischen Ruf noch folgen werden.
Mayrhofen in Tirol
Von Tirol nach Amerika
Der eiserne Rhein
Johanna
Die Straße der Gasthäuser
Die neue Heimat Gladbach
Arsenal und Tottenham
Berlin oder Paris
Das siegreiche Kaiserreich
August 1914
Piet van der Velden
Ein Stürmer gefallen
Die Versorgung einer Großstadt
Die Helden im Mittelfeld
Ein mittelständiger Betrieb
Die goldenen Zwanziger
Dr. Georg Hansen
Hermann Kant
Weshalb Johanna
In memoriam Josef DePaula
Das Reichsnährstandsgesetz
Das Staatsnotwehrgesetz
Der Essener Erlass zur Liquidierung
Der Gauleiter zu Essen
Die erkämpfte Verkehrstrasse
Unheimliche Träume
Der 21. Januar 1948
Impressum neobooks
für Wilhelm
und Heinrich
Es war das Jahr 1934, als die Privatmolkerei Franz DePaula im rheinischen Mönchengladbach die volle Wucht eines gerade erst verabschiedeten Gesetzes traf.
Dieses Gesetz, das Reichsnährstandgesetz, das die Unterschrift sowohl des Reichskanzlers als auch des Reichsministers für Ernährung und Landwirtschaft trägt, war wenige Monate zuvor am 13. September 1933 verkündet worden.
Jetzt war dieses Gesetz Handhabe und der juristische Rahmen für die Auflösung und Zerstörung der Privatmolkerei des Franz DePaula, einem Betrieb, der im Ersten Weltkrieg am Niederrhein und in seiner Stadt maßgeblich dazu beigetragen hatte, die Milchversorgung sicherzustellen.
Damals, von 1914 bis 1918, war diese Versorgung gewiss keine leichte Aufgabe gewesen. Für die Beschaffung der Milch war Franz DePaula sehr weite Wege gegangen.
Er hatte Touren organisiert, weit hoch in den Norden hinein, bis zum Reichswald, tief herüber in den Osten, bis weit über das andere Rheinufer hinaus. Und auch jede Möglichkeit im Süden genutzt, ja selbst abgelegene Eifelhöfe wurden regelmäßig angefahren.
Diese ganzen Anstrengungen reichten aber auch nur für die einfachsten Bedürfnisse, wenigstens die kleinen Kinder der Heimatfront wurden dadurch mit dem Allernötigsten versorgt.
Weshalb gab es bereits im Herbst 1933 dieses Gesetz, nach so kurzer Zeit und nur so wenige Monate nach der Machtergreifung?
Das konnte eigentlich nur eines heißen.
Deutschland war bereits mitten in der Kriegsvorbereitung.
Für Franz DePaula war es eine bittere Erkenntnis, aber es war bereits zu spät. Franz sah, dass das Pendel in die falsche Richtung ausgeschlagen hatte.
Auch stand das Unwort Sippenhaft bereits in großen unheimlichen Lettern an der Wand geschrieben.
Sippenhaft, das wird auch die treffen, die dieser verhängnisvollen Pendelrichtung 1934 bereitwillig folgen und auch die, die später dem zynischen Ruf noch folgen werden.
Mayrhofen in Tirol
Abschied vom schönsten Flecken Erde.
Gibt es ein schöneres Fleckchen auf der Erde als hier oben dieses hintere Zillertal.
Das Tal mit seinen majestätischen Hochgebirgen, seinem Zillergrund, dem Tuxertal und dem Gletscher des Hintertux.
Der Aufstieg von Mayrhofen in die Seitentäler nach Brandberg oder Finkenberg, Orte herzlicher Begegnung.
Die schmalen Stege hinauf in die Regionen des ewigen Schnees, jeder Schritt ein Geschenk der Natur und, oben angekommen, die atemlose Zufriedenheit im Ziel des Gipfels mit der Belohnung eines so grandiosen Panoramablickes.
Es ist ein Flecken, in dem die Naturgewalten und die alles beherrschenden Jahreszeiten ihre erhabene Macht und ihre wilde Schönheit zeigen.
Für Franz DePaula war Mayrhofen Heimat und der bezauberndste Ort, den die Erde je zu bieten hatte.
1890 war die Bergwelt der Alpen und das Zillertal eine arme abgeschiedene Gegend. Nur gefährliche Wege führten hinunter ins Tal und selbst die acht Kilometer nach Zell am Ziller war für den Wanderer eine Tagesreise.
Was halfen da die saftigen Wiesen und die volle Milch der Kühe, wenn die nächsten Märkte so unerreichbar waren.
Wann war er schon mal in Innsbruck gewesen. Gewiss von Jenbach gab es die prächtige Eisenbahn nach Innsbruck. Aber bis Jenbach waren es wohl zwei bis drei Tage einsame Wegstrecke und die Bahnfahrkarte schmälerte den ungewissen Gewinn auf dem Markt in der Großstadt am Inn.
Selbstversorger in dieser Landschaft und zu dieser Zeit, das war ein üppiger Überfluss an Wenigem aber auch ein großer Mangel an so vielen lebensnotwendigen und nützlichen Dingen.
Der Hunger war im Winter ein regelmäßiger Gast und im Sommer gab es zu wenig, um für diese dunkle Zeit vorzusorgen.
So hatte die Tiroler ihre Knaben und Mädchen im Frühjahr dem Pfarrer anvertraut, selbst in der warmen Jahreszeit sparsam gelebt, wenig verbraucht und auf diese Weise so viel wie möglich angesammelt, um im Winter wenigstens halbwegs über die Runden zu kommen.
Auch Franz war mehre Sommer im Württembergischen gewesen.
Das Schlimmste für ihn waren nicht die Schikanen der Bauern oder Handwerker, denen er für ein halbes Jahr zu Diensten stand.
Das unangenehmste und fürchterlichste war die Zurschaustellung im Kindermarkt am Anfang dieser Arbeitsperiode.
Wie eine Ware wurden sie da in Ravensburg begafft, betatscht und begutachtet.
Den jungen Geschöpfen, die doch eigentlich erst vor der Schwelle des Erwachsenseins standen, wurde hier vor Augen geführt, welchen Preis sie für die Schönheit ihrer Heimat zu zahlen hatten.
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