Was denken Sie: Was werden in 100 Jahren die Menschen sagen, wenn Sie von Liza Minnelli sprechen?
Das kann ich ganz kurz beantworten. Sie sollen sagen: "Liza hat ihr ganzes Leben lang schwer für ihren Erfolg gearbeitet. Und sie war richtig gut auf der Bühne."
Ist die Bühne für Sie so eine Art Lebenszentrum?
Ich liebe es, auf der Bühne zu stehen, ja. Deshalb komme ich jetzt auch wieder zu euch nach Deutschland. Ich liebe es einfach, unterwegs zu sein, von Stadt zu Stadt und von Land zu Land zu reisen. Und vor allem liebe ich es, neue Leute kennenzulernen, neue Leute in fremden Ländern. Es ist so schön, überall Freunde zu haben und immer wieder neue Städte zu entdecken. Das ist einfach faszinierend!
Wenn man Sie live auf der Bühne sieht, dann spürt man, was Sie für ein Energiebündel sind. Woher nehmen Sie diese Energie?
Ich habe überhaupt keine Ahnung. Die ist einfach da! Das Einzige, was ich von meiner Seite aus tue, ist: trainieren. Jeden Tag. Ich muss in Form bleiben!
Sie trainieren jeden Tag?
Jeden Tag gehe ich brav in meine "Klasse", ja. Vormittags trainiere ich zwei Stunden, und nachmittags dann vor großen Shows und Tourneen noch einmal gute zwei Stunden. Mein Choreograf Ron Lewis übt mit mir; er ist einfach der Beste. Er hat mit mir schon die Show choreografiert, die ich am Broadway gespielt habe, und er ist auch für die Show verantwortlich, mit der ich zu euch kommen werde. Ich kenne ihn schon seit 1970.
Sie haben einmal in einem Interview gesagt, dass das Publikum für Sie wie eine Familie ist.
Ja. Das habe ich schön gesagt, nicht? (lacht)

Unbedingt! Wie oft gab´s denn schon Streit innerhalb der "Familie"? Oder sind Ihre Fans mit Ihnen immer einer Meinung?
In dieser Familie wird überhaupt nicht gestritten; dafür gibt´s andere Familien ... Ich genieße es einfach immer, mit Publikum zusammen zu sein. Mir ist die Meinung meiner Fans sehr wichtig. Sie bezahlen schließlich eine Menge Geld, um mich zu sehen; um etwas Gutes zu sehen! Und deshalb muss ich mich auch gehörig dafür anstrengen.
Auf der Bühne lachen Sie viel, zeigen Kraft und Stärke. Zeigen Sie auch hin und wieder Schwäche in der Öffentlichkeit?
Absolut. Wenn ich verschiedene Songs vortrage, spiele ich auch die passenden Rollen dazu. Ich bin schließlich von Haus aus Schauspielerin. Bei jedem Lied spiele ich eine andere Frau; und manchmal durchleidet diese Frau auch in einem Song etwas Schlimmes, erlebt sich schwach. Diese Momente sind auf der Bühne sehr wichtig.
Aber das ist dann eine gespielte Schwäche. Nicht Ihre persönliche.
Es steckt auch eine ganze Menge von mir persönlich in diesen Figuren. Ich versuche wirklich, sie mit Leben zu füllen; ich frage mich, welche Haar- und Hautfarbe die Frauen haben, von denen ich singe. Wo sie leben, ob sie Kinder haben. Und dann lasse ich diese Frau, diese Rolle den Song singen.
Zum Beispiel Sally Bowles, die Sie "Cabaret" singen lassen.
Und das genieße ich heute wie am ersten Tag! Ich liebe diese Lieder, auch "New York, New York". Wenn ich diesen Song singe, dann bin ich wirklich ein junges Mädchen, das davon träumt, in diese unglaubliche Stadt New York zu gehen und dort den großen Durchbruch zu schaffen. "If I can make it there, I"ll make it anywhere." Es ist ihr fester und unbedingter Traum, dorthin zu gehen.
Gilt der Satz "Life is a Cabaret" denn auch für Sie persönlich? Ist das Leben eine Art Zirkus, ein Spiel für Liza Minnelli?
Nein. Ich glaube auch nicht, dass es das für irgendeinen Menschen ist.
Und dennoch singen Sie es in der Rolle der Sally?
Für das Musical, für diese Rolle passt der Song. Aber dass er nicht unbedingt was mit unserem Leben zu tun hat, macht ihn ja nicht schlechter! Ich finde, dass "Life is a Cabaret" ein großartiges Lied ist; vor allem den Mittelteil liebe ich: "I used to have a girlfriend known as Elsie ..."
Wer ist in Ihrem privaten Leben der "Clown", der Sie auf jeden Fall zum Lachen bringt?
Oh, da gibt es glücklicherweise einen ganzen Haufen von guten Freunden, die das können. Ich liebe es zu lachen. Wobei das Wort "Clown" falsch verstanden werden könnte; ich liebe den intellektuellen, feinen Humor meiner Freunde. Sie sind keine Tollpatsche, die Slapstick machen.
Ich kann die folgende Frage nur sehr wenigen Menschen stellen; bei Ihnen geht das: Ist es für Stars wirklich etwas Besonderes, wenn sie mit einem Stern auf dem Walk of Fame in Hollywood geehrt werden?
Aber ja, das ist sehr wichtig! Es ist eine große Ehre!
Besuchen Sie Ihren Stern oft, um nachzusehen, ob er auch ordentlich geputzt ist?
Nein, ich bin nicht so oft in Kalifornien. Einmal habe ich einem Freund meinen Stern gezeigt. Der wollte ihn unbedingt sehen.
Stört es Sie, dass Menschen über Ihren Namen laufen und Hunde ihr Geschäft auf ihm machen?
Oh, von der Seite her habe ich das bislang noch gar nicht betrachtet (lacht auf). Bleiben wir doch lieber dabei, dass es eine große Ehre ist. Hey - Clark Gable und all diese Fabelhaften, diese Großen haben da auch einen Stern bekommen!
Ist der Walk of Fame ein Ort, wo die Götter des Films und der Musik Kontakt mit der Erde bekommen? Mit den normalen Menschen?
Sehr poetisch gesagt, Darling. Aber für mich ist dieser Ort die Bühne!
Geboren wurde Liza Minnelli 1946 in Los Angeles als Tochter von Schauspielerin Judy Garland und Regisseur Vincente Minnelli. Dass sie bei diesem Elternhaus den Weg auf die Bühnen und Leinwände der Welt finden würde, verwundert nicht. Ihr Durchbruch war der Musicalfilm "Cabaret" (1972), in dem sie die Nachtklub-Sängerin Sally Bowles spielte. Für sie wurde der Hit "New York, New York" komponiert - sie sang ihn mehrmals mit Frank Sinatra zusammen. Sie war viermal verheiratet, durchlitt Alkohol- und Drogenphasen - fand aber immer wieder den Weg zurück ins Rampenlicht.
Peter Maffay: Keine Angst vor der Politik
Nicht nur als Musiker hat sich Peter Maffay einen Namen gemacht: Seit einigen Jahren setzt er sich für eine gerechtere Welt ein. Bald steht die nächste Tournee auf dem Programm: Diesmal geht´s in die kleinen Konzerthallen. Wir treffen Peter Maffay nach einem Konzert in seiner Umkleidekabine.
Sind Ihnen die Stadien zu groß geworden oder warum gehen Sie jetzt in die kleinen Konzerthallen?
Klein, aber fein - so heißt es doch! Wir haben in den vergangenen 15, 20 Jahren die gängigen großen Spielorte bespielt. Arenen, Olympiahalle in München, Kölnarena, Festhalle Frankfurt. Alles wunderbar. Open-Airs haben wir auch gespielt. Diese kleinen, exquisiten Hallen, die wir jetzt bespielen, haben wir eher in Ausnahmefällen besucht. Jetzt gehen wir ausschließlich in die Konzerthäuser und Philharmonien; wir geben 54 Konzerte. Das bedeutet für uns mehr Transparenz beim Spielen! Wenn Sie auf einem Fußballfeld ein Konzert machen, dann hat ab 100 Metern Entfernung zur Bühne der Sänger die Größe einer Ameise, und von Sound und Licht hat man sehr wenig. Jetzt suchen wir den Augenkontakt zum Publikum.
Es liegt also nicht an rückläufigem Publikumsinteresse an Peter Maffay?
Wenn Sie sehen, wie wir mit den Kartenvorverkäufen bislang liegen, kann man das so nicht sagen. Wir lagen wochenlang auf Platz eins.
Sie freuen sich auf die Konzerthäuser?
Ich habe manche Häuser bei der Vorbesichtigung zum ersten Mal gesehen. Waren Sie mal im Leipziger Gewandhaus? Das ist ein großartiges Gefühl, alleine in diesem Raum zu stehen. Sich vorzustellen, dass man da Musik macht - das ist etwas sehr Besonderes. In vielen Hallen sitzt das Publikum 360 Grad um die Bühne herum; man spielt also mittendrin. Vor allem brauchen wir weniger Technik und auch keine Leinwand; ich bin auch mit meinen 1,68 Metern auf der Bühne erkennbar.
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