Als Sie begonnen haben, gab es Schallplatten mit A- und B-Seite und Telefone mit Wählscheibe. Heute gibt es Smartphones und Facebook.
Ja, in Facebook bin ich heute auch.
Sie schreiben selbst?
Aber natürlich.
Sie malen heute in Ihrer Freizeit, Sie haben einen Weinberg: Wie passt das mit Ihrem Rock'n'Roll im Blut zusammen?
Für mich ist Rock'n'Roll ein Lebensgefühl, eine Hymne an die Jugend: „Nehmt euer Leben selbst in die Hand!“ Damals in den 50ern hat die Mama für alle gekocht, und der Papa hat den Kindern gesagt, was sie zu tun und zu lassen haben. Auch noch mit 19 Jahren, die lebten einfach brav unter der Obhut der Eltern. Und ich habe gesagt: „Nein, gebt Gas! Denkt euch selbst etwas aus!“ Und das habe ich mein ganzes Leben lang durchgezogen. Das ist für mich Rock'n'Roll: an sich selbst zu glauben und dann den Weg zu gehen, den man selbst als richtig ansieht. Und dann nicht abzuweichen, nur weil man glaubt, man müsste jetzt mal rasch irgendeinem Trend folgen. Das ist für mich Rock'n'Roll! Und so sehe ich mein Herz. Leute sagen mir immer wieder, dass ich mich nicht verändert habe. Ich bin mir selbst sehr treu geblieben, ich hab mir nie ein Tattoo stechen lassen, weil das alle getan haben und ich dachte, dass ich da hinterherhecheln müsste. Dieses Gefühl ist viel entscheidender als die reine Musik – die singe ich jetzt wieder auf der Bühne, das ist schön, ja.
Aber nicht mehr so wild wie früher, hm?
Ah – wir sind ja harmlos geworden. (lacht) Früher haben die Mütter ihren Kindern meine Platten weggenommen, weil sie Angst hatten, ich würde die Kinder verderben. Später kamen dann die Mütter an und haben sich bei mir entschuldigt – wenn sie gewusst hätten, dass nach mir noch schrecklichere Musik kommen würde, wären sie froh gewesen, wenn die Kinder meine Sachen gehört hätten.
Wenn Sie heute Rock'n'Roll singen, dann träumen Sie also nicht von ewiger Jugend und tun so, als wären Sie 20 – sondern Sie sagen: „Ich bin ich, so kann man mit Rock'n'Roll alt werden.“
Ja genau. Das ist auf den Punkt gebracht. Ich will heute nicht mehr einen 20-Jährigen spielen, nein.
Rock'n'Roll ist aber immer auch mit den USA verbunden. In den 50ern haben wir die Staaten vergöttert, heute sind wir sauer auf die Amis, weil sie uns abhören ...
Das stimmt schon. Ich bin mit Sinatra und Dean Martin aufgewachsen, habe die amerikanischen Musicalfilme geliebt, ich bin sehr amerikalastig in meinem Elternhaus aufgewachsen. Ich bin in Schwabing aufgewachsen, und um die Ecke war der amerikanische Sender AFN. Da bin ich oft hingeradelt, und die Amis waren immer so nett zu mir! Ich wusste damals gar nicht, was deutsche Musik war. (lacht) Erst als ich mal bei einer Tournee Fred Bertelmann traf, da wusste ich dann, wie deutsche Musik klingt. (schmunzelt) Dieses freiheitliche Lebensgefühl der USA hat mich schon sehr geprägt. Aber heute ist Amerika nicht mehr das Nonplusultra für mich, ich bin heute sehr stolz auf deutsche Musik und deutsche Musiker. Es ist heute eine Ehre für mich, wenn ich einen Song von Udo Lindenberg, von Rosenstolz oder auch mal von den Prinzen singen kann.
Das Musikgeschäft hat sich geändert, hm?
Unglaublich, ja. Wenn ich allein daran denke, wie langfristig wir damals geplant haben: Mein Produzent und ich haben uns über die nächsten zehn Jahre unterhalten! Nicht über die nächsten zehn Wochen wie heute.
Wurden Sie verträglicher bejubelt?
Ja. Der Jubel war damals ehrlich. Man musste etwas Besonderes leisten, damit gejubelt wurde.
Nackig auf einer Abrissbirne hin- und herschwingen hat nicht gereicht?
(lacht) Nein, wir mussten wirklich gut singen, man musste etwas tun für den Jubel. Heute ist das gespenstisch: Bei den großen Konzerten wird von vorn bis hinten gejubelt, ich hab nicht das Gefühl, dass die Leute zuhören. Bei meinen Konzerten war nach dem Jubel Stille, dann konnte ich mit den Fans sprechen, sie haben zugehört. Das gibt es heute nicht mehr.
Wird Ihnen der Jubel nach der Abschiedstournee fehlen?
Ach, ich möchte noch ein bisschen was von meinem Leben haben. Tourneen zu machen, war nie mein ganz großes Ding. Um auf der Bühne voll da zu sein, muss ich untertags viel opfern: möglichst lang schlafen, was mir schwerfällt. Wenig reden, nichts unternehmen, sich schonen – das ist für mich ätzend, weil es meinem Lebensgefühl widerspricht. Ich steh gern früh auf, und dann muss was passieren. Und wenn ich abends vor lauter Müdigkeit um 21 Uhr einschlafe, ist das herrlich. Bei einer Tournee lebe ich genau nach dem Gegenteil. Und ich will mir nicht später sagen: „Ach, hättest du doch früher aufgehört und noch mehr das Leben genossen.“ Ich kann ja noch im Fernsehen auftreten!
Der Hüftschwung bleibt uns erhalten? Verrenken Sie sich oft?
Pfui! (lacht) Der Hüftschwung bleibt Ihnen noch erhalten, keine Sorge.
Peter Kraus wurde 1939 in München geboren. Der Sohn des österreichischen Regisseurs und Kabarettisten Fred Kraus verbrachte seine Jugend abwechselnd in München, Gräfelfing, Wien und Salzburg, wo sein Vater ein eigenes kleines Theater hatte. Schon während seiner Schulzeit nahm Peter Kraus Gesangsunterricht und begann seine Karriere als Schauspieler 1954 mit der Rolle des Johnny in „Das fliegende Klassenzimmer“. 1957 nahm er seine erste Rock'n'Roll-Single auf: die deutsche Version von „Tutti Frutti“. Legendärster Hit des „deutschen Elvis“ war natürlich „Sugar Baby“. Unvergessen sind seine Filme und Auftritte gemeinsam mit Conny Froboess. Auch heute noch ist Kraus immer wieder in Filmrollen zu sehen.
Liza Minnelli: Auch Götter müssen arbeiten
Liza Minnelli ist ein Weltstar, der seit Jahrzehnten die Menschen fasziniert. Nicht nur mit einer großartigen Stimme, sondern vor allem mit Witz und einer menschlichen Wärme, die selten geworden ist. Die Minnelli ist alles andere als eine Diva - und ruft bestens gelaunt aus den USA bei unserer Zeitung an. "Hi, this is Liza!" - unverwechselbar: Diese Stimme erkennt man sofort.
Liza, schön Sie zu hören!
Ich freu mich auch, Honey! Ich habe leider nicht so viel Zeit, tut mir sehr leid. Ich hoffe, das ist okay?
Natürlich, kein Problem. Liza, ich habe im Internet eine Kritik über Sie gelesen, die geradezu zärtlich geschrieben ist: "Liza ist eine Göttin."
Ach du liebe Zeit; so was steht über mich im Internet?
Ja. Erzählen Sie: Wie lebt es sich da oben im Olymp?
Das ist ja schrecklich lieb, dass man so etwas sagt, aber ich bin doch keine Göttin. Ich bin schlicht eine Schwerarbeiterin. Und lebe ganz gewiss nicht im Olymp ... (lacht laut)
Aber zumindest leben Sie mit einem Freundeskreis, um den man Sie nur beneiden kann. So ziemlich alle großen Stars dieser Welt gehören ihm an. Was war das schönste Geschenk, das Sie zum Geburtstag von Frank Sinatra bekommen haben?
Puh - das weiß ich nicht mehr. Als er noch zu meinen Geburtstagen kam, war ich noch klein - und da kann ich mich nicht an Geschenke von ihm erinnern. Als ich älter war, hat er mich an meinem Geburtstag einfach zum Dinner eingeladen. Einmal waren wir gemeinsam auf Tournee, und da hat er mich groß ausgeführt.
Goldie Hawn ist auch eine enge Freundin von Ihnen. Was kochen Sie, wenn sie zu Besuch kommt?
Schweinebraten.
Goldie Hawn isst gern Schweinebraten?
Meinen ja! (lacht)
Wenn Sie auch nicht im Olymp leben: Träumen Sie manchmal davon, unsterblich zu sein?
Ich glaube nicht, die Vorstellung behagt mir irgendwie nicht. Ich habe mir vorgenommen, einfach jeden Tag, den ich hier bin, ganz intensiv zu leben und zu genießen. Das reicht mir.
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