„Ist er auch in der Schule gut?“, fragte Jerry besorgt. „Ich meine, in den harten Fächern wie Mathe, Physik, Chemie.“
„Ich denke schon“, erwiderte Frank. „Die ganze Familie ist ehrgeizig. Jeff sollte unbedingt mit ihm in Kontakt treten, um mehr herauszubekommen.“
„Ich kenn ihn ja kaum“, sagte Jeff ohne Begeisterung.
„Und genau deswegen wirst du nachhaken“, bestimmte Jerry. „Das ist jetzt dein Job und du wirst nicht kneifen.“
„Na gut“, sagte Jeff zögerlich. „Ich weiß zwar nicht, wie ich das anstellen soll, aber ich lass mir was einfallen.“
„Ich mach dir einen Vorschlag“, kam ihm Frank zu Hilfe. „Ich gehe mit dir und Marco ins Space Center und lade Ali dazu ein. Wie gefällt dir das?“
„Der Vorschlag ist super“, freute sich Jeff.
Jerry schaute Frank dankbar und anerkennend an.
`Frank ist noch viel besser, als ich dachte´, fuhr es ihm gerade durch den Kopf.
„Jerry sagte doch, dass es für alle gut wäre, sich den Rocket Garden anzuschauen“, sprach Frank weiter. „Und bei der Gelegenheit könnten wir in den Flugsimulator steigen.“
„Das hört sich gut an“, sagte Jeff. „Der Samstag in zwei Wochen würde passen. Dann haben wir ein paar Klassenarbeiten hinter uns.“
Er schaute zu Marco, der gerade laut geseufzt hatte.
„Gut“, resümierte Jerry. „Dann haben wir einen weiteren Kandidaten. Ich hoffe, dass du mit deiner Einschätzung richtig liegst, Frank.“
„Hast du einen anderen Vorschlag?“
„Leider nicht. Aber vorher hast du noch einen weiteren Namen erwähnt: Chang. Ich weiß nicht, wer das ist.“
„Chang Liang“, sagte Frank. „Er spielt auch gut Fußball.“
„Ich glaube, ich weiß wen du meinst“, überlegte Jeff. „Marco kennt ihn dann bestimmt auch.“
Marco nickte kaum merkbar. Er wollte sich aus diesen Angelegenheiten am liebsten ganz raushalten.
„Er ist in einer Klasse über uns“, fuhr Jeff fort. „Er ist Chinese.“
„Der ist doch Amerikaner wie wir alle“, sagte Frank.
„Ich meine nur, seine Familie kommt aus China.“
„Deine Mutter kommt aus England und dein Vater aus Russland. Bist du deshalb Engländer oder Russe?“
„So hab ich´s nicht gemeint“, verteidigte sich Jeff.
„Nicht so gemeint, aber so gesagt“, antwortete Frank gereizt. „Wo einer herkommt, sollte egal sein. Hauptsache er passt zu uns. Und Chang könnte passen. Ich muss jetzt los, ich hab noch was vor heute Abend.“
Er stand auf und ging. Einfach so.
„Da ist Frank irgendwie empfindlich“, sagte Jerry, als er sich gefasst hatte.
„Hm“, machte Jeff nachdenklich. „Ich glaub auch.“
***
Zwei Wochen nach ihrem letzten Treffen parkte Frank einen neuen Cadillac Sedan vor dem Haus der Familie Strela. Es war Samstag und der gemeinsame Besuch im Space Center stand auf dem Programm. Jeff hatte nach dem Mittagessen bereits ungeduldig am Fenster gewartet, lief gleich hinunter, grüßte Frank mit Ali und bewunderte dann den flotten Schlitten. Marco war unpünktlich, wieder einmal, und kam erst eine Viertelstunde nach dreizehn Uhr um die Ecke geflitzt.
„Sorry, Leute“, schnaufte er und sprang vom Fahrrad. „Ich musste Mom beim Aufhängen der Wäsche helfen. Sie fühlte sich den ganzen Morgen nicht wohl. Fast hätte ich noch zu Hause bleiben müssen.“
„Ist schon gut“, sagte Jeff nachsichtig. „Jetzt bist du ja da und wir haben noch den ganzen Tag Zeit.“
Rasch stiegen sie ins Auto ein und Frank fuhr los.
„Hallo Ali“, sagte Marco nach einer Weile. „Ich dachte, dich würde vielleicht nur Fußball interessieren.“
Ali schaute in den Rückspiegel, um Marco zu sehen.
„Ich würde gerne schon bei Frank mitspielen. Aber die Mannschaft will mich nicht aufnehmen. Ich soll noch zwei Jahre warten. Aber dann wird Frank nicht mehr da sein und das ist schade. Er ist so ein guter Spielführer.“
„Du bist Mannschaftskapitän?“, staunte Jeff. „Das hab ich gar nicht mitgekriegt.“
„Du kommst ja auch nicht mehr so oft zu unseren Spielen“, antwortete Frank.
„Du weißt doch, das liegt an -“
Jeff stoppte, beinahe hätte er sich verplappert.
„Woran liegt´s?“, wollte Ali wissen.
„Na ja, ich hab etwas mit der Schule zu kämpfen“, antwortete Jeff als Ausrede und schaute dabei Marco an.
Das Gespräch verstummte. Nach einigen Minuten Fahrt ließen sie ihr Viertel hinter sich und bogen auf den Astronauten Boulevard.
„Wie gefällt euch die Kiste, Jungs?“, unterbrach Frank die Stille. „Mein Onkel Jack hat mir das Auto ausnahmsweise geliehen. Ich hab noch keins und Dad konnte mir seine Kiste heute nicht geben.“
„Ist schon ein feines Auto“, sagte Jeff anerkennend.
„Der Caddy macht zweihundert Sachen in der Spitze“, nahm Frank den Faden wieder auf. „Soll ich euch das mal vorführen?
„Au ja!“, riefen Ali und Jeff fast gleichzeitig.
Marcos Einwand, dass er es gern gemütlich hat, ging unter.
„Seid ihr angeschnallt?“, fragte Frank und warf Ali einen Blick zu, um sich zu vergewissern. „Dann kann´s losgehen.“
Er trat auf das Pedal und beobachtete, wie die Tachonadel immer schneller nach oben kletterte.
„Gib richtig Gas, Frank!“, jauchzte Ali. „Dann heben wir ab und fliegen.“
Dann zeigte das Tachometer schon eine Geschwindigkeit von hundertsechzig Kilometern pro Stunde an.
„Runter vom Gas!“, rief Marco plötzlich. „Da kommt eine Blitzerstelle.“
„Wo denn? Ich seh nichts“, erwiderte Frank ohne zu bremsen.
„Wenn ich es sage“, brüllte Marco. „Mach schnell!“
Widerwillig nahm Frank den Fuß vom Gaspedal, aber weit und breit war kein Blitzer zu sehen. Plötzlich tauchten aus dem Nichts, hinter niedrigen Büschen versteckt, zwei Polizeiwagen auf. Es war zu spät – mit hundertvierzig Sachen rauschte der Cadillac an der Radarfalle vorbei.
„So ´ne Scheiße“, fluchte Frank. „Jetzt bin ich meinen Lappen los.“
„Komisch, ich hab keinen Blitz gesehen“, wunderte sich Jeff. „Habt ihr was bemerkt?“
„Ich hab auch nichts gesehen“, sagte Ali und drehte sich rasch um. „Mann Frank, hast du einen Dusel. Die bauen die Falle erst auf.“
„Bist du sicher?“
„Ja doch. Die holen die Geräte gerade raus.“
„Wenn die mich geblitzt haben, dann bin ich den Führerschein los“, wiederholte Frank geknickt.
Das Gespräch geriet ins Stocken. Frank war anzusehen, dass es ihm mies ging. Am liebsten hätte er auf de Stelle umgedreht und wäre zurück nach Hause gefahren.
„Woher wusstest du eigentlich, dass da eine Radarfalle kommt?“, wollte Frank etwas später von Marco wissen.
„Weiß ich auch nicht.“ Marco zuckte nur mit den Schultern. „Manchmal kann ich so was riechen.“
„Hauptsache es kam kein Blitz, Frank“, sagte Jeff, um den Tag noch zu retten. „Wir hätten den bestimmt gesehen.“
„Heute ist somit dein Glückstag, Frank“, sagte Ali schmunzelnd. „Dafür musst du uns im Space Cafe einen Drink ausgeben.“
„Okay. Aber alles muss unter uns bleiben“, erwiderte Frank. „Wenn mein Onkel davon erfährt, dann bekomme ich richtig Ärger. Das Auto ist so gut wie neu.“
„Klar doch“, brummelte Marco. „Wir erzählen nichts.“
„Außer Jerry“, sagte Jeff. „Der wird mich ausfragen.“
„Okay, der darf´s wissen“, antwortete Frank.
Still fuhren sie weiter.
„Mist“, sagte Frank nach kurzer Zeit. Die Geschichte ließ ihm keine Ruhe. „Ich hätte nicht so schnell fahren sollen.“
„Mach dir keinen Kopf, so was ist meinem Bruder auch schon mal passiert“, tröstete ihn Ali.
Frank machte das Radio an und ließ mexikanische Musik laufen, um sich während der Weiterfahrt etwas zu entspannen.
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