„Also das müssen Sie gelesen haben. Da geht`s ja zu wie im Affenstall im Institut für undisziplinierte Forschung von Professor Albert Hicks.
Bei dem hocken sie drin, die Weibsleut und hören sich seine Philosophie der interdisziplinären Prinzipen der Relativitätstheorie und Quantentheorie von der Physik über die Biologie und Ökonomie bis zur Musik an. Das ist ja jetzt modern.
Fun und Spaß mit Professor Hicks und dem Higgs-Teilchen.
Und dann noch sein Assistent, der Dr. Fitzroy, der Chaot.
Also wissen Sie hm, hm, kann ich da nur sagen.“
Prof. Dr. R. Mischt
Zweite, verbesserte und geänderte Auflage, Schriesheim 2014
Professor Hicks erklärt das Higgs-Teilchen
Der Skandalroman um das Gottesteilchen
John Ullmann
published by: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de
Copyright: © 2015 John Ullmann
ISBN 978-3-7375-2392-9
Professor Hicks` Modellbaukasten der Materie
und Sparlinek der Dozentenschreck
Der Hörsaal war zum Bersten gefüllt. Einige Zuhörer saßen auf den Treppenstufen und sogar auf den Fensterbänken. Das schon frühlingshafte Wetter hatte bei den Anwesenden einen leichten Schweißgeruch erzeugt, der von den Düften der unterschiedlichsten Deos und Parfüms durchsetzt war, die wahrscheinlich hauptsächlich von den überwiegend weiblichen Zuhörern ausgingen, deren Blicke Professor Hicks während seines Vortrags immerwährend leicht verwirrten und irritierten.
Professor Hicks fühlte sich im Umgang mit dem anderen Geschlecht immer etwas unsicher und verlegen, obwohl er mit seiner verbalen Anschmiegsamkeit sofort ein gutes Echo bei allen Frauen vorfand und dabei seine Theorien geradezu einschmeichelnd vortragen konnte, ohne die Zuhörerinnen damit zu langweilen. Und damit schien er tatsächlich die Herzen der Frauen für seine exponierte kosmologische Theorie zu erobern, wie es die überwältigende Anzahl der Studentinnen hier im Hörsaal zeigte.
Während Professor Hicks von eher unauffälliger und taktierender Art war, aber diesen gewissen diplomatischen, adlig noblessen Charme des feinen älteren Herrn alter Schule besaß, war sein Assistent und Heißsporn Dr. Fitzroy von ganz anderem Naturell. So spöttelte er unter Kollegen im Hinblick auf seinen Chef gern, dass es wohl an der Zeit wäre, ihm den Schüchternheits- und Verlegenheitspreis zu verleihen.
Er gehörte zu jenen Spezies der Sprücheklopfer, die über ihre eigenen Witzchen unbändig lachen können und zwar umso mehr, je öder und hohler diese sind. Hinter seinem vordergründig witzigen und jovialen Getue, verbarg sich seine arrogante Grundhaltung, die ihn im Umgang mit anderen auch schnell bissig werden ließ, indem er die Schwachstellen für sozialen Spott seiner Mitmenschen erkannte und sofort gezielt in diese Kerbe schlug.
Bevor er sich noch mit Professor Hicks auf seine lockere Art über die große Anzahl der Zuhörerinnen unterhielt, hatte er sein Augenmerk bedächtig lange auf einige auffallend reizende Studentinnen gerichtet.
„Ein paar heiße Puppen haben Sie da im Auditorium sitzen. Jetzt machen uns die Weiber sogar in der Physik die Vorherrschaft streitig. Aber das gefällt mir. Da kommt Leben in die Bude. Ja, Frauen kommen langsam aber gewaltig. Mich wundert nur, dass die ausgerechnet bei Ihnen erscheinen, Sie mit Ihren verstaubten Ansichten von vorgestern und Ihrer sachlichen Contenance.“
„Es muss nicht jeder gleich so vordergründig und zügellos wie Sie sein, wie Sie mit Ihrem übertriebenen Temperament und Ihrer überspannten Art. Und wenn wir schon bei dem Thema sind, Herr Fitzroy, Sie sollten mit ihren sexuellen Äußerungen vorsichtig sein und hier keine Sexismusdebatte eröffnen. Das wäre nicht so günstig. Mit Ihrem albernen und vorgetäuschten Machogetue sind wohl eher Sie als ich von vorgestern.
Beim Friseur habe ich im letzten Spiegel gelesen, dass die Forscher einstimmig zu dem Ergebnis gekommen sind, dass Mädchen von Geburt an prinzipiell genauso viel Interesse an Technik haben wie Jungen. Mädchen könnten auch genauso gut Mathe wie Physik. Sie würden sich bloß davor etwas mehr fürchten und würden von Mitmenschen und Medien von klein auf darauf konditioniert, dass Autos, Roboter und Festplatten eher für Jungs seien.
Die Geschlechterklischees bekommt man nur schwer aus den Köpfen. Die Mädchen müssen auf diese Dinge angesprochen werden, bevor geschlechtsstereotypische Zuschreibungen und Kompetenzerwartungen sich verfestigt haben.
Man muss deshalb den Frauen den sanften Einstieg in die Physik ermöglichen. Wenn erst einmal ein bestimmter Pool an Frauen in den physikalischen Instituten präsent ist, dann zieht das weitere an. Das ist eben einmal die Gesetzmäßigkeit der Eigendynamik der Massen, ganz gleich ob Frauen oder Männer. Wir sind eben alle nur Menschen und folgen unserer inneren Gesetzmäßigkeit des Herdentriebs.
Wie sie sehen, so scheint meine philosophisch ausgerichtete Physik bei den Frauen auf mehr Interesse zu stoßen als ihr neumoderner Computerschnickschnack“, parierte Professor Hicks die übliche zu erwartende Breitseite seines Assistenten gleich vorweg und setzte noch einen oben drauf.
„Ich gehe bei der Konzeption meiner Vorlesungen eben nicht nur von den trockenen wissenschaftlichen Grundsätzen der spröden Sachlichkeit und langweiligen formalen Richtigkeit bis zum letzten Komma aus, sondern ich gehe vom Lustprinzip aus.“
„Sie und Lustprinzip, also Herr Hicks, da lachen ja die Hühner, bei Ihrer geistigen Verbalerotik à la Platon.“
„Sie verstehen natürlich unter dem Lustprinzip nur Ihr spezielles Lustprinzip. Ich dagegen rede hier vom allgemeinen Lustprinzip. Einstein meinte einmal, dass die Masse nur über das Rückenmark denkt, höher reicht`s nicht. Doch ich bin davon überzeugt, dass gerade bei den jungen Leuten, und hier insbesondere bei den jungen Frauen, das Denken und Fühlen, im Gegensatz zu Ihnen, Herr Fitzroy, und vielen jungen Männern, auch vom Kopf ausgeht.
Frauen sind überdies zäher und verfolgen ihre Ziele beständiger als Männer. Darauf basiert das Konzept meiner Vorlesung. Und der Erfolg gibt mir Recht, wie Sie sehen. Geben Sie`s zu, Sie sind doch nur neidisch.“
Und noch bevor Dr. Fitzroy ihm Kontra geben konnte, wandte sich Professor Hicks seinem Rednerpult zu, während sich Dr. Fitzroy auf seinen freigehaltenen Stammplatz im Plenum in der ersten Reihe vor dem Rednerpult hinsetzte.
*
Nachdem Professor Hicks seine Unterlagen für seinen Vortrag zurechtgelegt und seine Lesebrille aufgesetzt hatte, begann er mit seinem Vortrag.
„Sehr geehrte Kommilitoninnen und Kommilitonen, es freut mich außerordentlich, dass Sie so zahlreich zu meiner Vorlesung „Die Erklärung des Higgs-Teilchens und der magische Baukasten der Materie“ erschienen sind. Und ich hoffe, dass ich hier Ihren großen Erwartungen an meine Vorlesung gerecht werden kann.
Der Nachweis des Higgs-Teilchens mit Hilfe des
LHC-Teilchenbeschleunigers am CERN in Genf, das in den Gazetten auch gerne als Gottesteilchen betitelt wird, hat natürlich in der breiten Öffentlichkeit ein großes Interesse an der Teilchenphysik geweckt, was sehr erfreulich ist. Und ich will Ihnen im Verlauf meines Kollegs hier aufzeigen und beweisen, dass die Kenntnis der Prinzipien der Teilchenphysik und damit der Quantentheorie uns nicht nur das Higgs-Teilchen erklären kann, sondern uns auch ermöglicht, den Aufbau der gesamten Welt, des Kosmos oder Universums, wie Sie es auch nennen mögen, zu verstehen. Und das ist schon eine ganze Menge.“
Ein leichtes Lächeln zeigte sich auf den Mündern der Zuhörer.
Professor Hicks nahm noch einen kleinen Schluck Wasser aus dem bereitgestellten Glas und fuhr dann mit seinem Vortrag fort.
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