Jede Absicht geht einem Gedanken voraus und dieser ist in den Augen abzulesen. Die ausstrahlende Wärme die ihn soeben durchdrang entwickelte Hitze in seiner Magengegend, die sich allmählich bis in die Ohrläppchen fortpflanzte. Nichts was er bis dahin kannte, war mit dem erhabenen Gefühl das er jetzt empfand vergleichbar. Vor seinen geistigen Augen sah er die Szene mit den umkehrenden Raketen, dem Feuerschweif am Firmament, der einen Bogen umschrieb und mit rasender Geschwindigkeit dem Ausgangspunkt zuraste. Der tödliche Knaller der in kurzen Sequenzen die amerikanische Basis im lodernden Feuer verschluckte. Er sah für kurze Zeit die entsetzten Gesichter der neunmalklugen Offiziere. Er sah das fatale Schrecken in den Augen dieser kaltblütigen Killer, als sie selbst dem Tod ins Angesicht sahen. In diesem Augenblick durchzuckte ihn eine fröstelnde Hitzewelle am ganzen Körper.
„Ich weiß nicht genau was ihr damit meint, aber ich kann mir gut vorstellen, dass die Amis kalt erwischt werden”, antworte Donovan bemüht seine Sinne unter Kontrolle zu halten. „Nichts ist so fatal wie das Unterschätzen des Gegners“, fügte er hinzu. Die Amis sind Kanonenfanatiker. Was ein Glas Whisky oder die Faust nicht aus der Welt schafft, soll die Kanone ins Lot bringen. Man möchte meinen, diese Nation ist mit dem Finger am Abzug geboren. Wenn diese Leute vom Frieden sprechen, meinen sie die Nachladezeit für die Kanonen. Ich wüsste nicht, wie ich diesen Schurken gute Manieren beibringen könnte?“
„So dämlich sind die Amis auch wieder nicht. Sie werden uns schon im Hafen willkommen heißen. Neugierde ist manchmal stärker als die Lust zu kämpfen. Wie die Katze mit der Maus versuchen sie mit uns zu spielen”, entgegnete Don Donovans Befürchtungen. „Zunächst schleusen sie einen Experten unter die Zollbeamten ein, die unsere Schiffe gründlich und professionell nach versteckten Waffen oder Drogen durchsuchen. Sie wollen wissen wie die Gesinnung der Männer eingestellt ist. Da sie weder Waffen noch Muskelmänner finden, werden sie leichtsinnig. Du würdest dieses Verhalten als fatale Unterschätzung des Gegners bezeichnen. Mit solchen Halbstarken macht sich kein Profisoldat die Hände schmutzig. Sogar die lokalen Ganoven werden uns als leichte Beute bewerten. Noch bevor wir auslaufen, streiten sich die Ganoven um die Beute. Die Habgier, genauso wie die Arroganz machen blind. Alles was danach kommt überlasse ich der Phantasie.“
„Ich sehe ein, Kapitän Don, dass ihr eure Hausaufgaben durchdacht habt. Ich verstehe bloß nicht, weshalb ihr unbedingt nach Palau segeln wollt?“
„Nun Donovan, unser Ruf geht uns voraus, sonst wären deine Auftraggeber nicht so wahnsinnig erpicht uns aus der Welt zu schaffen. Sie wissen so wenig über uns und doch fürchten sie sich. Wir wollen den Profisoldaten und den CIA Knaben die Gelegenheit geben, sich von unserer Harmlosigkeit aus erster Hand zu überzeugen. Tun wir das nicht, werden wir die kunterbunte Mördermeute im Kielwasser hinter uns herschleppen. Wir haben Nützlicheres im Sinn, als einen Non Stopp Krieg zu führen. Leuchtet dir das ein mein Freund?“
„Alle Achtung Kapitän, das leuchtet auch mir ein. Trotzdem ist mir nicht wohl dabei. Hoffentlich macht ihr keinen fatalen Fehler, die Verschlagenheit meiner Ex-Kollegen zu unterschätzen.“
„Wenn du noch immer kalte Füße bekommen solltest, haben wir volles Verständnis dafür. Noch eine letzte Frage, willst du fliegen oder segeln, inklusiver geistiger Entschlackung?“, fragte Alida belustigt.
„Wenn ich mich an den Unkosten beteiligen darf, nehme ich euer großzügiges Angebot gerne an.“
In diesem Moment läutete die Schiffsglocke der Diadora, ein Zeichen für Don, dass das Frühstück fertig ist.
„Meine lieben Freunde, ich will noch vor dem Ablegen mit meiner Crew einiges bereden“, verabschiedete sich Don mit einem kurzen Gruß und verließ den Trimaran.
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4. GEDANKEN ÜBER DEN MÄNNLICHEN GRÖSSENWAHN
Es wurde drei Uhr Nachmittags als die drei Yachten seeklar gemacht und entsprechende Formalitäten zum Ausklarieren erledigt waren. Die Aktivitäten auf den Yachten blieben von den Bewohnern und Händlern im Hafen von Rabaul nicht unbemerkt. Nicht nur die Bewohner zeigten Interesse, sondern auch die größte Mafiaorganisation der Welt beobachtete mit Argusaugen in sicherer Entfernung jede Bewegung an Deck und rund um die Yachten.
Die Ordnungsmacht, anwesend durch Polizeichef Horney hatte dabei ein weinendes und ein lachendes Auge. Horney war der Einzige, den Ezra über den Sprengungsplan und die Rolle des Priesters Donovan in allen Einzelheiten informierte. Bei dieser vertraulichen Unterhaltung, die am Vortag in Ezras Hotelzimmer stattfand, schaute er fassungslos auf das niedrige Teetischchen, auf dem Ezra den VIRDULA Bildschirm herzauberte. In Retrospektive betrachtete er die relevanten Ereignisse auf dem Gastanker und Flugzeugträger. Nicht nur das, sogar in Palau durfte er die täglichen Besprechungen der Schurken mitverfolgen. Nichts empörte ihn so sehr, wie die Maßlosigkeit an Zynismus, mit welcher die größte Mafia der Welt ihre täglichen Geschäfte betrieb.
Als erfahrener Polizist hatte er vieles gesehen und von schlimmeren Taten gelesen. Was jedoch eine von einem Parlament legalisierte, global operierende Mafiaorganisation an Arroganz der Macht demonstrierte, überstieg bei Weitem sein Vorstellungsvermögen. Diese Macht, die im Begriff war seine Stadt auszulöschen, die nicht einmal beabsichtigte ihre eigenen Pappenheimer noch rechtzeitig zu evakuieren. Die Australier, die sich als gleichberechtigte Partner und eigentlich antiautoritär auf quasi eigenem Grund und Boden in Sicherheit fühlten, hatten keinen blassen Schimmer davon, welchem Schicksal sie entronnen waren. Auf Anraten von Ezra wollte es Horney schweren Herzens dabei belassen. Er entschied die Wahrheit für sich zu behalten.
Kurz bevor die Kapitäne ihr Kommando „klar zum Ablegen“ ausriefen, konnte es sich Horney nicht verkneifen, diesen jungen Leuten noch einmal persönlich seinen innigsten Dank und gute Reise zu wünschen. Seinen Jeep bremste er dicht am Pier, sprang heraus, Don, Erol und Edy eilten ihm entgegen, als hätten sie nur noch auf diese Geste gewartet.
„Hey Ladies, ich wollte euch noch einmal herzlich für alles danken, euch Lebewohl sagen und mich anschließend bis zum Delirium besaufen”, lief er mit ausgestreckten Armen den Freunden entgegen.
Das mit dem Besaufen lass lieber sein Horney”, rief Don ihm entgegen. „Begebe dich zu deinem Haus, pack deine sieben Sachen, geh zum Innenminister und kündige deinen Job. Fliege direkt nach Brisbane und melde dich bei Ezras Bruder Malek. Dreifaches Gehalt und einen schmucken Bungalow in der Marina soll den Rest deines Daseins wesentlich erträglicher machen. Was sagst du dazu?“
„Hört sich fabelhaft an, muss leider noch einige Zeit auf sich warten. Ich muss mich um die Munition in den Kavernen kümmern”, antwortete Horney sichtlich traurig das beste Angebot vom Tisch fegen zu müssen.
„Du wirst dich wundern Horney. Der Minister verhandelt gerade mit den Amis über die Entsorgung. Das wird ein lukratives Geschäft für die Brown & Root Leute. Schließlich brauchen sie das Zeug anderswo. Die CIA Knaben wollen dich hier nicht mehr haben. Nach deren Maßstäben tickst du nicht richtig auf deren Frequenz. Deine Kündigung gilt als beschlossen.“
„Ich wage mich nicht zu fragen woher du das weißt. Du meinst, der Minister wird meine Kündigung mit Handkuss entgegen nehmen?“
„Goldrichtig Ranger, pack deine Klamotten und mach die Fliege”, brummte ihm Edy ins Gewissen.
„Dann wird wohl ein Auf Wiedersehen besser zu der heutigen Verabschiedung passen!“
„Wir kommen zum Richtfest deines Bungalows, verlass dich drauf”, lachte ihm Erol ermunternd zu.
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