So konnte Giri hier überall und auch an den vertrauten Stellen etwas Interessantes finden und ein neues Abenteuer erleben.
Heute ging Giri zu einem kleinen Wäldchen in der Nähe. Hier gab es auch viele Akazien. Aber die hier hatten die besten Blätter, die am köstlichsten schmeckten. Akazien-Blätter mochte sie am liebsten. Sie knabberte überall ein wenig herum. Bald schon war sie tief in dem Dickicht der Bäume und des Buschwerks eingedrungen. Ihr Kopf und Hals steckte zwischen den Ästen und Zweigen.
Nach einiger Zeit spürte Giri etwas hinten am Kopf. Sie bewegte den Hals, aber es kitzelte weiter. Doch sie kümmerte sich nicht weiter darum. Sie war viel zu sehr mit den Blättern beschäftigt. Als es aber dann auch weiter hinunter am Hals kitzelte, drehte Giri sich um. Außer den vielen Zweigen und Ästen war nichts zu sehen. »Das war bestimmt ein Zweig gewesen«, dachte sie und ließ es sich weiter schmecken.
Doch es dauerte nicht lange, und schon wieder fühlte sie etwas. Diesmal war es oben zwischen den Ohren. Sie schaute sich um. Wieder war nichts weiter zu bemerken. Es gab noch nicht einmal einen besonders großen und tief herabhängenden Zweig. Giri wunderte sich. Nach einer Weile Ruhe ging wieder los. Schnell drehte sie sich um. So konnte sie dieses Mal gerade noch sehen, wie sich ein Affe hinter einem Baumstamm in einer Astgabel zu verstecken versuchte. Er hatte einen langen Zweig in der Hand. Er hatte aber auch gesehen, dass ihn Giri jetzt entdeckt hatte.
So kam der Affe nun hervor und kletterte näher heran. Er begrüßte Giri. Dabei streckte er den Arm aus und kitzelte Giri mit dem Zweig. Genauso hatte er das zuvor auch immer wieder getan, bevor er von Giri bemerkt worden war.
Dann schwang er sich kurzerhand auf Giris Hals und kletterte daran herum.
»Ich bin doch kein Baum«, beklagte sich Giri etwas halbherzig.
»Aber so groß wie einer«, lachte der Affe.
Auch Giri musste jetzt lachen.
So begannen die beiden gemeinsam durch die Baumkronen zu klettern. Nun gut, Giri reckte nur ihren langen Hals und versuchte ihn dorthin zu strecken, wo der Affe gerade herumkletterte. Er war auch viel schneller in den Baumkronen unterwegs, weil Giri immer erst um die Baumstämme herumgehen musste. Abwechselnd sprang der Affe über Giris Rücken und dann wieder bis auf die höchsten Baumspitzen. Die waren so weit oben, dass Giri trotz ihrer Größe nicht hinkommen konnte.
Die beiden tobten eine ganze Weile durch das Wäldchen. Doch schließlich sagte der Affe, dass er nun noch ein wenig auf Honigsuche gehen wolle. Dafür hatte er gerade den langen Zweig sich verschafft. So verabschiedeten sie sich voneinander. Der Affe lief schnell in die eine Richtung. Und Giri nahm noch einen kleinen Blätternachtisch. Dann ging auch sie weiter.
Giri versuchte einen langen Hals zu machen und sich in der Gegend umzuschauen. Das ist natürlich schon ein wenig übertrieben, wenn man sowieso einen langen Hals hat. Manchmal redete sie sich deswegen ein, schwindelig davon zu werden, dass ihr Kopf so weit vom Boden entfernt war. Sie wusste selbst, dass das Unsinn war. Aber es gab Tage, da passten solche Gedanken zur Stimmung. So trottete sie auch heute langsam durch das Gras mit herunter hängendem Hals.
Eine ganze Weile war Giri so lustlos durch die Gegend gestapft. Da kam ein Schmetterling angeflogen und umflatterte Giri, um sie aufzumuntern.
»Hallo, ich kann jetzt fliegen«, rief der Schmetterling fröhlich. Doch etwas besorgt fügte er hinzu: »Geht es dir nicht so gut?« 
»Oh doch, jetzt schon«, antwortete Giri. Sie fühlte sich nun schon wieder besser. »Wir können ja zusammen ein Stück den Weg entlang gehen und fliegen.«
So machten sie es. Giri fragte: »Haben wir uns nicht vor kurzem erst gesehen? Da hattest du aber noch keine Flügel ...«
»Ja, jetzt habe ich ausgeschlafen und kann fliegen. Ist das nicht toll?«
Giri bewunderte den bunten Schmetterling. »Du siehst jetzt auch viel schöner und lustiger aus.«
Während der Schmetterling vorausflog, lief Giri hinterher. Dann wiederum flatterte der Schmetterling um Giris Kopf herum.
Wie sie so weiterzogen, trafen sie noch auf weitere Schmetterlinge. Neugierig musste Giri alle genau ansehen und die Punkte und Streifen auf ihren in vielen Farben gemusterten Flügeln zählen. Ihr war bisher noch nie so richtig aufgefallen, wieviele Schmetterlinge es hier gab und wie unterschiedlich sie alle aussahen. Ein ganzer Schwarm von Faltern und Schmetterlingen flog um und über Giri herum. Der Nachmittag verging so geradezu wie im Fluge.
In der beginnenden Abenddämmerung veränderten sich die Farben der Faltertiere nochmals. Schließlich trennten sich dann wieder alle und gingen – oder flogen – nach Hause. Heute war doch noch einer schöner und aufregender Tag geworden, dachte Giri.
Es war wieder ein herrlicher Tag. Es hatte die letzten Tage geregnet. Denn es ging auf das Jahresende zu. Dunkle Gewitterwolken waren am Himmel gewesen. Doch jetzt hatte es aufgeklart, und die Sonne schien wieder.
Als Giri zu dem Bachlauf hinunterging, entdeckte sie dort einen kleinen, neu entstandenen See. An den Ufern des Sees traf sie auf einige gerade eingetroffene Besucher: Zugvögel. Da freute sich Giri.
Die Zugvögel waren noch sehr erschöpft. Sie berichteten von ihrer Reise. Auf der hatten sie viel erlebt.
»Ihr habt eine wirklich lange Reise hinter euch?«, begann Giri.
»Ja, das war sehr anstrengend«, sagte einer der Vögel. »Aber auch interessant«, fiel ein weiterer ein. »Was für unterschiedliche Gegenden man so unterwegs zu sehen bekommt. Das geht sogar über ein großes Meer. Und wirklich hohe Berge.«
»Am Anfang sind wir immer ganz viele. Aber auf dem Weg bleiben immer wieder einige an einem Ort zurück, weil ihnen dort das Winterwetter gut genug ist. Aber um das Meer herum regnet es so oft. Das ist auch nicht schön.«
»Das gibt doch dann aber viele Regenwürmer dort?«, fragte Giri.
»Naja, es geht so, im Winter gibt es von denen nicht so viele.«
Ein anderer Vogel erzählte: »Es kam der erste Schnee. Auch wenn es vielleicht nur ein kurzer Kälteeinbruch war – da bin ich sofort aufgebrochen. Ich bin immer sofort weg, sowie die erste Schneeflocke fällt.«
»Schnee?« fragte Giri nach. »Was ist das denn?«
»Oh, das ist weiß und ganz kalt.« Und der andere Vogel fügte hinzu: »Schnee kommt von oben heruntergefallen. Manchmal kommt er einem auch mit einem unangenehmen Wind direkt entgegen. Da hilft es auch nicht immer, alle Federn aufzuplustern und sich dicht an den Boden zu ducken.« Er schüttelt sich noch in der Erinnerung daran.
»Ich kenne da Vögel, die bleiben mittlerweile trotzdem auch im Winter dort im Norden. Das soll nicht mehr ganz so kalt werden. Und Schnee gebe es nur sehr selten. Aber ich weiß nicht, ich fliege lieber hierher.«
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