Zwischenfall auf Astros
1. Auflage 2017
Jürgen Schwarz, Lüneburg, Am Ebensberg 6a
Copyright © Jürgen Schwarz 2017, Signale Copyright © Jürgen Schwarz 2016
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Zum Autor: Jürgen Schwarz Blum lebt in der Lüneburger Heide. Nach dem Studium der Mathematik arbeitet er in der Software-Industrie und als Autor.
juergen.schwarz.operamail.com
Zwischenfall auf Astros Zwischenfall auf Astros
- I -
- II -
- III -
- IV -
- V -
- VI -
- VII -
Bibliographie
Signale
I – Terra
II – Stella
III – Luna
Epilog – Mars
Zwischenfall auf Astros
Es war inzwischen bereits beinahe dunkel geworden. Auch wenn es hier eigentlich nie richtig hell wurde, dachte Mara. Sie schaute zum Himmel hinauf, an dem sich die Sterne abzeichneten. Kurz über dem Horizont stand die Sonne, um ein letztes Mal für diesen Tag ein wenig kaltes Licht auf das Gelände zu werfen. Die Sonne war viel zu weit entfernt, als dass ihre Strahlen Wärme verbreiten konnten. Die Atmosphäre hier auf dem Asteroiden 2012 AW – der nach der Entdeckung dann später offiziell als (221141) Astros bezeichnet worden war und von den Menschen hier kurz Astros genannt wurde – war so dünn, dass das Licht der Sonne nur unwesentlich gebrochen wurde. Daher gab es am Tage nicht wie zum Beispiel auf der Erde ein diffuses, über den ganzen Himmel ausgebreitetes Licht, das die Helligkeit verteilte. Stattdessen war die Sonne eher wie ein Punktstrahler an der Decke einer Halle. Alles, was irgendwie im Schatten lag, war finster, falls es nicht künstlich beleuchtet wurde.
Die Zeit für den auf Astros unspektakulären Sonnenuntergang war immer sehr kurz. Es gab keine besondere Dämmerung, sondern es war gleich dunkel. Der kleine Mond von Astros bildete dann – sofern nicht gerade Neumond war – das hellste, wenn auch sehr kleine Licht am Sternenhimmel. Aber die Landschaft erhellen, wie es ein Vollmond auf der Erde vermochte, konnte dieser winzige Felsblock, der Astros umkreiste, nicht.
Mara tat einen tiefen Atemzug. Die dünne Atmosphäre machte es ebenfalls notwendig, außerhalb der klimatisierten Räume ein Atemgerät zu benutzen. Die Maske über Mund und Nase war nicht sehr groß, und auch der kleine Rucksack mit dem Sauerstoffvorrat fiel nicht weiter ins Gewicht. Aber trotzdem erinnerte dies immer wieder alle daran, dass sie sich hier in einer lebensfeindlichen Umwelt befanden. Daher hielten sich die Menschen meistens nur in den Gebäuden und den großen Hallen mit den Gärten auf, die eine Außenwelt simulieren sollten.
Von der kleinen Anhöhe aus ließ sich die felsige und wüstenartige Umgebung überblicken. Im Gegensatz zur Erde gab es allerdings nicht das geringste Anzeichen von Leben in dieser Wüste. Pflanzen, verdorrte oder eher erfrorene Kakteen waren hier nicht entstanden. Die Lampen an den wenigen Hütten, die diesen Außenposten bildeten, beleuchteten nur einen sehr geringen Umkreis. Schnell verschwand die Landschaft in der zunehmenden Dunkelheit. Hinter Mara am Fuße des Hügels stand der Transporter, mit dem sie hierher gekommen waren.
Der Außenposten bestand aus drei kleineren Hütten zur Unterkunft der Menschen. Zwei davon waren mit einem überdachten Gang miteinander verbunden. Weiter entfernt war ein etwas größeres Gebäude mit der notwendigen Technik vorhanden. Dort liefen die Klimaanlagen, und der Strom wurde produziert. Außerdem gab es noch eine Werkstatt. Denn falls etwas ausfallen sollten, mussten sich die Bewohner erst einmal selbst helfen. Bis aus der Zentralstadt ein Versorgungsfahrzeug kommen sollte, dauerte es immer ein paar Tage.
Neben dieser Anlage befand sich noch, beinahe zur Hälfte genau wie ein Stück der Umgebung, mit einem luftdichten Zelt umschlossen ein älteres Steingebäude. Dort am Haus und auch überall um die Ansiedlung herum gab es frische Grabungen in den Boden. Mara nahm an, dass es sich bei den Wissenschaftler, die zur Zeit allein den Außenposten bewohnten, um Geologen handelte. Doch warum diese so ein Geheimnis um ihre Tätigkeit hier machten, war ihr unklar.
Die Wissenschaftler hatten jetzt die Ladung gut verstaut im Laderaum des Transporters. Sie waren sehr besorgt gewesen und hatten ziemlich viel Aufwand für die paar Kisten getrieben. Der Transporter war ein Landfahrzeug. Flugbetrieb war in der kaum vorhandenen Atmosphäre mangels Auftriebs nicht möglich. Es musste schon mit weltraumtauglichen Raketentriebwerken und entsprechenden Raumkapseln geflogen werden. Das war nicht nur sehr teuer. Es sollte – so jedenfalls die Wissenschaftler – auch dem Inhalt der Kisten wegen der hohen Beschleunigungen und der großen Druckunterschiede nicht zuträglich sein. Daher waren Mara und ihre Begleiter mit dem Landtransporter auf diesen Außenposten berufen worden, um die wertvolle und empfindliche Fracht sicher in die Zentralstadt zu bringen.
Die Zentralstadt war aus dem ersten Siedlungsposten entstanden, der vor 23 Jahren auf dem Asteroiden errichtet worden war. Die Stadt hatte sich dann sehr schnell entwickelt. Heute gab es neben einigen wenigen, nur von einer kleinen Anzahl von Menschen bewohnten Außenposten nur noch zwei weitere Siedlungen auf Astros. Das waren aber im Vergleich zur Zentralstadt sehr viel kleinere Orte, die kaum als Stadt bezeichnet werden konnten. Merkwürdig war dabei, dass während dieser ganzen Zeit weder die Zentralstadt noch die anderen Siedlungen jemals besondere Eigennamen bekommen hatten. Es gab für die Orte noch nicht einmal einen inoffiziellen, nur von den Bewohnern benutzten Namen. Nur der Asteroid selbst wurde von den Siedlern immer Astros genannt, auch wenn diese Bezeichnung in dieser Kurzform nirgendwo offiziell auftrat. Es schien ganz so, als wenn die Menschen sich nicht dauerhaft auf ein Leben hier einrichten wollten und daher auf Namen, die eine innere Bindung bedeuteten, lieber verzichteten.
Die Menschen waren natürlich wegen der Bodenschätze zu diesem Asteroiden gezogen. Ein großer Teil des Bergbaubetriebs auf Astros konnte automatisiert und von den zentralen Steuerposten in der Zentralstadt abgewickelt werden. Dabei handelte es sich vor allem um Tagebaue, bei denen die kompletten oberen Gesteinsschichten des Asteroiden abgetragen, zerkleinert und nach den gesuchten Mineralien und Metallen mechanisch und chemisch gefiltert wurden. Nur in den beiden anderen Orten neben der Zentralstadt gab es Bergwerke mit Schächten in die Tiefe und ausgedehnten Gangsystemen. An diesen Stellen wurden tiefliegende Formationen für den Abbau erschlossen. Da der Asteroid eine für derartige Himmelskörper ungewöhnliche Größe besaß, hatte es in seiner Frühzeit durch die noch vorhandene Restwärme des Himmelskörpers eine teilweise Differenzierung der Gesteinsschichten gegeben, bei der schwereres Material nach unten gesunken war. Der Abbau dieser so entstandenen Bodenschätze in der Tiefe war der einzige Grund gewesen, neben der Zentralstadt weitere Orte anzulegen.
Erfahrungen im extraterrestrischen Bergbau hatte man bei den Unternehmungen auf dem Erdmond gesammelt. Die geringe Gravitation und der Mangel an einer Atmosphäre machte es notwendig, die Vorgehensweisen, die auf der Erde im Bergbau genutzt wurden, diesen besonderen Verhältnissen anzupassen. Die Techniker hier auf Astros waren vor allem für Wartung und Steuerung der Maschinen notwendig. Regelmäßig verkehrten die Raumtransporter, um die begehrten Bodenschätze, die hier gewonnen wurden, zur Erde zu bringen. Die Metalle wurden für die modernen elektronischen Systeme und die Waffentechnik benötigt. Waffentechnik hieß natürlich mittlerweile Freiheitssicherung. Doch für Mara machte dieser Wortwandel keinen Unterschied. Die übrigen Materialien wurden zur Energiegewinnung verwendet.
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