Nancy Salchow - Das Haus der Luftblumen

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Das Haus der Luftblumen: краткое содержание, описание и аннотация

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Wäre die Liebe ein Mensch, dann vermutlich ein übergewichtiger kleiner Mann, der mit Pfeil und Bogen auf die Herzen von Menschen schießt.
Wäre sie ein Ort, dann wahrscheinlich ein Haus.
Das Haus, in dem ich lebe.
Als professionelle Songtexterin könnte Tina es sich aussuchen, welche Aufträge sie annimmt. Trotzdem gelingt es ihr nicht, das Angebot von Piets Band abzulehnen – Piet, der Mann, der einst ihr Herz gebrochen und inzwischen ein Kind mit einer Anderen hat. In einem Ferienhaus an der Ostsee, ihrer alten Heimat, versucht sie, in völliger Abgeschiedenheit an den Texten für das Album der Band zu arbeiten. Doch beim Schreiben suchen Tina seltsame Ahnungen heim. Fast scheint es, als läge eine Energie in der Luft, die all die Emotionen auffängt, die je von Menschen in das kleine Haus am Meer getragen wurden. Und während die Geschichten des Hauses unerklärlichen Einfluss auf Tinas Texte nehmen, überkommt sie eine unfassbare Erkenntnis: Es ist die Liebe höchst selbst, mit der sie unter einem Dach lebt. Und die hat einiges mit ihr vor.

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Ich klickte erneut auf Pause, um den Worten die Chance zu geben, sich in Ruhe zu sammeln. Noch bevor ich mir Gedanken über das Thema des Songs machen konnte, tauchten die ersten Zeilen wie eine Offenbarung vor meinem inneren Auge auf.

Ich hab zu lange gefehlt

In deinen Zukunftsskizzen

Viel zu lange gewartet

Auf einen Platz im Sitzen

Ich atmete tief ein. Die Detailliertheit, in der sich die Worte zu einem Textanfang gesammelt hatten, irritierte mich. Woher war der Einfall dazu gekommen, so plötzlich und ohne jede Vorankündigung? Lag der Grundstein dieser Zeilen womöglich in bereits existierenden Textbausteinen, die ich vor längerer Zeit geschrieben und nun unbewusst abgerufen hatte?

Ich versuchte, mich zu erinnern. Nein, diese Worte waren neu. Noch dazu auf seltsame Weise fremd, fast so, als hätte ich sie irgendwo anders aufgeschnappt. Ohne weiter darüber nachzudenken, schrieb ich die Zeilen, die in meinem Kopf herumschwirrten, in das offene Dokument meines Laptops.

Ich hab zu lange gefehlt

In deinen Zukunftsskizzen

Viel zu lange gewartet

Auf einen Platz im Sitzen

Nur ein Stehplatz am Fenster

In stickigen Massen

Um am Ende mich selbst

Auf der Strecke zu lassen

Mit offenem Mund starrte ich auf den blinkenden Cursor unter dem Text. Waren das wirklich meine Worte? Und was hatten sie zu bedeuten?

Für gewöhnlich schrieb ich die ersten Zeilen aus einer Laune heraus, um sie dann später in Richtung eines bestimmten Themas zu lenken. Hier war jedoch nur allzu deutlich, dass das Thema bereits feststand, ohne dass ich mir vorher Gedanken darüber gemacht hatte.

Doch meine Verwunderung hielt nicht lange an, viel zu fordernd überkamen mich die nächsten Textzeilen, die ich wie automatisch in das Dokument schrieb.

Es tut mir leid, Mella. Ich war ein gefühlskaltes Arschloch. Was auch immer geschehen ist, rechtfertigt nicht die Art und Weise, wie ich dich in den letzten Monaten behandelt habe.

Ich stockte. Was um Himmelswillen hatte das zu bedeuten? Woher kamen diese seltsamen Zeilen? Und wer war Mella? War ich überarbeitet und nicht mehr in der Lage, mich von äußeren Einflüssen zu lösen?

Doch welche Einflüsse sollten das sein? Ich hatte weder ferngesehen noch im Internet gesurft. Es war der erste Abend in meinem Schreibexil, außerdem erst kurz nach 21 Uhr. Somit fiel auch das Argument der Übermüdung weg. Aber wie sonst erklärten sich die fragwürdigen Worte?

Gerade als ich die sonderbaren Zeilen löschen wollte, blinkte das Display meines Handys auf. Irritiert griff ich danach, um beim Blick auf den aufleuchtenden Namen für einen Moment den Atem anzuhalten.

Piet.

Ich spielte mit dem Gedanken, nicht ranzugehen. Gleichzeitig war die Vorstellung, ihn zu ignorieren, unerträglich.

„Nanu. So spät noch ein Lebenszeichen vom Meister aller Gitarristen?“

„Du weißt, dass ich es hasse, wenn du mich so nennst.“

„Nein, Piet. Du liebst es.“

Sein Lachen versetzte mir einen kurzen Stoß.

„Du hast recht“, antwortete er. „Ich liebe es. Aber nur aus deinem Mund.“

„Warum rufst du an?“

„Ich hab an dich denken müssen.“

Gerade als ich gegen seine unangebrachten Anspielungen protestieren wollte, setzte er seinen Satz fort: „Besser gesagt, an dich und das, was du wohl zu unseren Demos sagst.“

„Ich bin heute erst angekommen, Piet. Was erwartest du?“

„Ich erwarte nichts. Ich hoffe nur. Dass dir die Songs gefallen. Dass sie dich inspirieren. Dass sie …“

„Es ist viel zu früh, um mir einen ersten Eindruck zu verschaffen. Ich habe die Zeit bisher in erster Linie genutzt, um meine Gedanken zu sortieren.“

„Heißt das, du hast noch gar nicht reingehört?“

„Doch. Den ersten Track habe ich gehört, zumindest so lange, bis mich der Anruf eines ungeduldigen Gitarristen unterbrochen hat.“

Dasselbe Lachen. Derselbe Stoß, den es mir versetzte.

„Tut mir leid“, antwortete er. „Ich bin unverbesserlich, ich weiß. Vermutlich liegt es daran, dass ich noch immer ziemlich aufgeregt bin, weil du endlich wieder mit im Boot sitzt.“

„Das Boot, in dem ich sitze, ist im Moment ein Einzelboot, Piet. Und das ist auch gut so.“

„Ich weiß. Ich wollte nur …“

„Du wolltest nur fragen, ob ich nicht vielleicht bereits an der ersten Hitsingle eures neuen Albums arbeite.“

„Sozusagen.“

„Bisher kann ich leider mit keinem Ergebnis dienen.“

„Das habe ich auch nicht erwartet. Vielleicht wollte ich einfach nur, dass du weißt, dass wir es lieben werden. Was auch immer du fabrizierst.“

„Pass auf, dass du deinen Honig nicht zu früh verteilst. Am Ende enttäusche ich euch noch.“

„Das ist ausgeschlossen.“

„Nichts ist ausgeschlossen. Das wissen wir beide, Piet.“

„Vielleicht ist es besser, wenn ich dich jetzt in Ruhe arbeiten lasse.“

„Vielleicht.“

„Mach’s gut, Tina. Und wenn du irgendetwas brauchst oder reden willst …“

„Ich weiß.“

Ich hielt das Telefon noch eine ganze Weile, nachdem ich aufgelegt hatte, in der Hand. Der Klang seiner Stimme machte ihn für einen kurzen Moment wieder allgegenwärtig. Wie elektrisiert von den eigenen Emotionen versuchte ich, jedes Wort des Gesprächs zu rekonstruieren, jede Antwort zu deuten. Warum hatte er ausgerechnet jetzt angerufen, wo ich gerade dabei war, meine ersten zaghaften Ideen umzusetzen? War ihm denn noch immer nicht klar, dass mich jedes Gespräch mit ihm für Stunden aus der Bahn warf?

Unfähig, mich weiteren Versuchen von Produktivität hinzugeben, klappte ich den Laptop zu und ließ mich rücklings auf das Sofa fallen. Jede Zeile, jeder Gedanke, der mich im Laufe des Tages beschäftigt hatte, alles war von einem Moment auf den anderen vergessen.

Warum verdammt nochmal hatte er angerufen? Und warum gab es trotz meines Strebens, unseren Kontakt auf Sparflamme zu halten, nichts, das ich mir sehnlicher wünschte als den Mut, ihn auf der Stelle zurückzurufen?

Ich fühlte mich wie in einem Laufrad: Trotz größter Anstrengung schaffte ich es nicht, von ihm loszukommen. Von dem Mann, den ich seit dreieinhalb Jahren liebte. Dem Mann, der mich stets als seine Seelenverwandte bezeichnet hatte.

Dem Mann, der jetzt glücklicher Familienvater war.

Kapitel 2

Die Tatsache, dass das Ferienhaus als Inbegriff von Ruhe und Abgeschiedenheit eine Türklingel besaß, erschütterte meine Illusion des Einsiedlerdaseins bereits um neun Uhr morgens.

Wer um Himmels willen trieb sich um diese Uhrzeit schon vor meiner Tür herum? Wer wusste überhaupt, dass ich hier war?

Nach einem flüchtigen Blick in den Spiegel, der nichts Gutes verhieß, zurrte ich den Gürtel meines Bademantels zusammen und öffnete die Tür.

„Tiiiina! Ich glaub's nicht, du bist es wirklich!“

Es dauerte einige Momente, bis ich dem Gesicht und der schrillen Stimme einen Namen zugeordnet hatte. Vor mir stand Celine, eine ehemalige Mitschülerin, die ich über vierzehn Jahre nicht gesehen hatte.

„Celine“, murmelte ich irritiert, während sie mir in der Euphorie ihrer Umarmung beinahe die Luft abschnürte. „Woher weißt du, dass ich hier bin?“

„Na hör mal, du kannst doch nicht einfach in deiner alten Heimat auftauchen, ohne dass es jemand mitbekommt.“

Fragend schaute ich sie an.

„Um ehrlich zu sein, weiß ich es von meiner Schwiegermutter.“

„Deiner Schwiegermutter?“

„Ja, seit mittlerweile zwei Jahren.“ Triumphierend hielt sie mir ihren Finger samt protzigem Ehering unter die Nase. „Du erinnerst dich doch sicher noch an Udo Lessing, den großen blonden Handballer, der zwei Klassen über uns war?“

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