Die Idee eines vor allem von den neuen Typen und den furchteinflößenden „Tiger“-Panzern vorgetragenen Angriffes an der Spitze erschien einleuchtend, aber sie unterstellte mehr oder weniger eine relativ unvorbereitete Verteidigung des Gegners und eine kräftemäßige Überlegenheit der eigenen Streitkräfte. Beides musste einem objektiven Betrachter der aktuellen Lage als unrealistisch klar sein, aber Generaloberst Zeitzler, Generalstabschef des Heeres, der den Operationsplan ausgearbeitet hatte, konnte sich durch die Überzeugungsarbeit gegenüber Hitler letztlich durchsetzen. Jetzt, im Juli 1943, war der ursprünglich geplante Angriffsbeginn am 3. Mai längst hinfällig geworden (außerdem hatte die Schlammperiode länger als erwartet angedauert), und der Faktor Zeit hatte den Russen hervorragend in die Hände gespielt. Natürlich hatte der Gegner sich auf den leicht auszurechnen Operationsplan der Deutschen entsprechend eingestellt und es war auch zu berücksichtigen, dass in der deutschen Generalität vergleichsweise alte Männer das Sagen hatten. Bei den Russen standen aber militärische Praktiker an der Spitze, die die brutal schmerzhaften Niederlagen zu Beginn des Krieges nicht vergessen hatten und aus den katastrophalen Fehlern der Roten Armee die richtigen Schlüsse gezogen hatten. Dazu kam noch das gravierende quantitative Übergewicht der Sowjets in der technischen Ausrüstung. Möglicherweise waren die deutschen Waffen in einigen Bereichen den russischen qualitativ überlegen, aber sie konnten die deutlich geringere Anzahl dadurch nicht wettmachen. Außerdem war die russische Industrie mit aller Konsequenz auf die Kriegsproduktion umgestellt worden und spuckte ständig anwachsende enorme Mengen an Panzern, Geschützen, Flugzeugen und Munition aus. In Deutschland hingegen war immer noch der tief verankerte Gedanke einer Qualitätsproduktion vorhanden und die Stückzahlen der Waffen erreichten nur einen Bruchteil des russischen Ausstoßes. Dazu kam noch, dass man zwar schon vor dem Krieg einige bahnbrechende Entwicklungen wie die Strahltriebwerk- oder die Raketentechnik angestoßen hatte, aber im Glauben an einen schnellen Sieg nicht besonders forciert hatte. Auch der „Panther“ war mehr oder weniger von den grundsätzlichen Konstruktionsmerkmalen her gesehen eine gelungene Kopie des T 34 und dokumentierte so verpasste Entwicklungs- und Produktionszeit. Zweifellos hatte die deutsche Panzerwaffe mit diesem Fahrzeug eine mächtige Waffe erhalten aber es widersprach jeglichen militärischen Grundsätzen, dieses neue Modell ohne gründliche Erprobung – besonders im realen Einsatz – in so einer entscheidenden Operation einzusetzen, ohne die Schwachstellen genau festgestellt und beseitigt zu haben. Einige, wie das auch bei den anderen deutschen Panzern Probleme verursachende Seitenvorgelege oder die mangelhafte Motorraumkühlung, sollten dann auch recht zwangsläufig zu erheblichen Schwierigkeiten führen. Obwohl die deutsche Führung ganz speziell sehr hohe Erwartungen auf die „Panther“ setzte war deren Einsatzstärke eher bescheiden. Knapp 200 dieser Fahrzeuge waren in zwei Abteilungen des Panzerregimentes 39 der 10. Panzerbrigade zusammengefasst und der Division Großdeutschland unterstellt worden. Beyers Bataillon war von der erst im Norden liegenden Aufmarschstellung dann doch noch im Bahntransport in den Süden in die Nähe von Belgorod transportiert worden, um die neuen Panzer im Regiment 39 so konzentriert einsetzen zu können.
Am Nachmittag des 4. Juli 1943 waren einige deutsche Einheiten aus diesem Raum heraus zum Angriff auf die russischen Stellungen angetreten. Keineswegs war das die erst für den nächsten Tag vorgesehene Großoffensive, es ging vorerst nur um ein Abtasten der russischen Verteidigung im Rahmen gewaltsamer Aufklärungen. In Erwartung eines deutschen Vorstoßes hielten die Russen ihre Einheiten in ständiger Gefechtsbereitschaft und konnten so auch schnell einschätzen, dass es sich bei den Attacken der Deutschen nur um örtlich begrenzte Aktionen ohne große Wucht handelte, ein Großangriff würde anders aussehen. Die deutschen Truppen gingen schließlich wieder auf ihre Ausgangsstellungen zurück, sie sollten nach der Artillerievorbereitung am kommenden Morgen losschlagen und mit Schwung durch die gut ausgebauten russischen Verteidigungsstellungen stoßen. Fred Beyer saß mit seinen Männern am Abend dieses Tages gegen die Räder des Laufwerks gelehnt auf der Erde, keiner konnte schlafen. Sie waren mit ihrer Einheit jetzt noch 5 Kilometer von der Hauptkampflinie entfernt und würden in den nächsten Stunden den Versuch unternehmen, die tief gestaffelten Verteidigungslinien der Russen zu durchbrechen um der Infanterie damit auch Bewegungsraum für den Vormarsch zu schaffen. Alle waren sich der Tatsache bewusst, dass es kein Überraschungsmoment geben würde und die Rotarmisten sie ungeduldig und gut vorbereitet erwarten würden. Was Beyer Sorge bereitete war die immer besser gewordene Panzerabwehr der Sowjets und die schiere Masse der gegnerischen Panzer. Dennoch sagte er sich, dass sie mit einem Panzer ins Gefecht ziehen würden, der es erfolgreich mit jedem Gegner aufnehmen konnte.
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