I WO und sechs Männer der Flakbedienungen, die gesamte auf dem Turm und dem Wintergarten befindliche Besatzung. Auch die aus der Backbordrichtung kommenden Jäger feuerten ihre Waffen ab, der Turm des dritten Bootes wurde unterhalb der Brücke fast vollständig durchlöchert, so dass die auf dem Boden des Turmes in Deckung gegangen Männer noch einmal davonkamen und nach dem Überflug der Maschine sofort wieder ihre Flakwaffen besetzten. Die Geschosse des Flugzeuges hatten aber auch den Druckkörper an einigen Stellen durchschlagen, außerdem hatte eine ungelenkte Rakete unterhalb des Backbordsatteltankes eingeschlagen und ebenfalls Lecks im Druckkörper verursacht. Die tief von achtern anfliegenden Bomber gerieten schon bei 2.000 Meter Entfernung in das Feuer der durchschlagkräftigen 3,7 Zentimeter-Flak von Haberkorns und dem dritten Boot, und die Geschosse rissen der ersten Maschine die rechte Tragfläche ab, durchschlugen die gläserne Cockpitverkleidung und töten die Piloten. Die Maschine schmierte ab und stürzte ins Meer. Der zweite und der dritte Bomber waren aber nicht im Visier der Flakbedienungen gewesen, und obwohl die Flakbedienungen diese Flugzeuge dann sofort beschossen, konnten beide ihre unter den Tragflächen hängenden Bomben abwerfen. Diese segelten gut gezielt durch die Luft, eine detonierte an Steuerbord knapp 15 Meter neben dem Turm von Haberkorns Boot und zwei schlugen in der Nähe des Achterschiffes des dritten Bootes ein, zwei andere direkt auf dem Vorderschiff des ersten Bootes. Nach den Nahtreffern am dritten Boot musste dort die Ruderanlage ausgefallen sein, denn das Schiff lief nach Backbord aus der Kiellinie heraus. Die 3,7 und die 2-Zentimeter Flak schossen aber weiter und konnten den abfliegenden Jäger beschädigen, so dass dieser mit einer sich hinterherziehenden Qualmwolke abdrehte. Die beim ersten Boot durch die Bombentreffer verursachte steil aufsteigende Explosionswolke schleuderte Holzteile des Decks und Eisenstücke des Rumpfes hoch, aus der Einschlagsstelle schlug eine Flammenwolke auf und das Boot verlor sofort an Fahrt und sackte über das Vorderschiff nach unten. Beim Abflug hatten die Männer von Haberkorns Boot die linke Blenheim treffen können, diese hielt sich aber noch in der Luft und flog mit Backbordschlagseite und brennendem Motor ab. Der dritte Bomber und die zwei noch einsatzbereiten Jäger hatten sich wohl über Funk verständigt und entschieden den Angriff nicht weiter fortzusetzen, da offensichtlich noch etliche Flakwaffen der Deutschen einsatzbereit waren und sie bereits zwei Maschinen verloren hatten und sich zwei weitere mit erheblichen Schäden absetzen mussten.
Martin Haberkorn hatte die Angriffsgeräusche, das wütende Abwehrfeuer der eigenen Boote und die Detonationen deutlich gehört und gespürt. Er war zu dieser Zeit an seinem Platz in der Zentrale gewesen und darauf vorbereitet, eventuell doch das Alarmtauchen einleiten zu müssen. Er hatte hinter den nervösen Tiefenrudergängern gestanden und wollte gerade dem Zentralemaaten den Befehl geben, noch einmal den Druckluftvorrat zu überprüfen, als die Bombe an der Steuerbordseite einschlug und deren Detonationswucht das Boot ein Stück aus dem Wasser hob und weit nach Steuerbord überholen ließ. Haberkorn wurde von den Beinen gerissen, taumelte durch die Zentrale und prallte mit voller Wucht gegen die an der Backbordseite angebrachten Aggregate. Er spürte einen stechenden Schmerz im linken Oberarm und ging zu Boden. Als er sich aufrichten wollte konnte er den Arm nicht mehr benutzen und er sah auch, dass der Knochen über den Gelenk seltsam abgeknickt erschien. Einen Moment später wurde ihm schwarz vor Augen.
An der Wasseroberfläche zeigte sich ein apokalyptisches Bild. Das erste Boot war bereits durch die Wirkung der Volltreffer über den Vordersteven gesunken, in einem sich schnell ausbreitenden Ölfleck und umher treibenden Wrackteilen waren einige wenige schwimmende und vermutlich auch schon tote Männer zu erkennen. Das zweite Boot dümpelte führungslos vor sich hin, es war nicht klar, ob die Männer unten im Boot überhaupt mitbekommen hatten, dass die gesamte Brückenbesatzung im Feuer der angreifenden Flugzeuge gefallen war. Das dritte Fahrzeug war wegen der defekten Ruderanlage bereits ein großes Stück nach Backbord abgetrieben und krängte, eine breite Ölspur hinter sich herziehend, immer mehr nach Backbord. Die Durchschläge im Druckkörpers durch die Geschosse der Bordwaffen des Jägers waren sicher verkraftbar, aber der Raketentreffer hatte den Backbordsatteltank aufgerissen und danach noch ein Leck von gut acht Zentimeter Durchmesser in den Stahlmantel geschlagen. Bei Haberkorns Boot war nach einer ersten Sichtung der Schäden durch den Zentralemaat und den Dieselobermaschinisten festgestellt worden, dass unter anderem die Funkanlage ausgefallen war und es weitere Ausfälle an verschiedenen Aggregaten gab, aber der Druckkörper unbeschädigt schien und die Diesel nicht beschädigt worden waren. Der Kaleun ließ sofort auf die Untergangsstelle des ersten Bootes zusteuern und brüllte Befehle nach unten:
„Dalli, Nummer Eins, sofort mit fünf Männern nach oben! Rettungsleinen und Decken mitbringen. Schnell, verdammt noch mal! Und die Flüstertüte hochgeben, Beeilung!“
Der Rudergänger steuerte vorsichtig längsseits auf das zweite Boot zu. Dort waren einige Männer auf dem Turm zu sehen. Der Kommandant rief nach drüben:
„Wie ist die Lage?“
„Brückenbesatzung und Kommandant gefallen“ kam zurück.
„Können Sie manövrieren?“
„Ja.“
„Können Sie navigieren?“
„Ja.“
„Nehmen Sie die gefallenen Männer unter Deck und laufen Sie sofort ein Stück ab aber warten Sie dann mit alarmbereiter Flak. Sind Sie tauchfähig? Wer übernimmt das Boot?“
„Sind tauchfähig. Ich, Obersteuermann Krüger, übernehme.“
„Wir müssen noch sehen was aus dem anderen Boot wird. Eventuell müssen Sie Männer an Bord nehmen. Bleiben Sie in 2 Meilen Entfernung stehen.“
Der Kommandant von Haberkorns Boot musste davon ausgehen, dass die Schiffsführung im ersten und zweiten Boot wahrscheinlich komplett ausgefallen war, er würde später feststellen wie die Situation auf dem dritten Boot war. Jetzt musste er sich sofort um die Überlebenden des ersten Bootes kümmern, diese bergen und an Bord nehmen. Einige Seeleute waren nach oben gekommen und hatten sich auf dem Deck verteilt. Alle hielten Wurfleinen bereit. Ohne Fahrt näherte sich das Boot jetzt dem Pulk der im Wasser treibenden Männer, es waren ungefähr 10 zu erkennen. Einige hatten noch die Kraft auf das Boot zu zu schwimmen, und die Männer auf dem Deck zogen sie hoch. Andere waren offensichtlich verletzt und hielten sich mit letzter Anspannung über Wasser, ohne selbst näher kommen zu können. Die Nummer Eins hatte sich mit schnellen Bewegungen bis auf die Unterwäsche ausgezogen, dann ließ sich der Maat vom Deck ins Wasser gleiten und schwamm auf die Schiffbrüchigen zu. Er packte den ersten der Männer, nahm ihn in einen Klammergriff und paddelte mit ihm zum Boot zurück. Dort wurde der Mann von den Matrosen auf dem Deck übernommen und auf die Holzbohlen gelegt. Die Nummer Eins wiederholte sein Manöver noch einige Male, und zum Schluss lagen sieben in Decken eingehüllte Männer an Deck. Drei der mit den Köpfen nach unten hängenden Matrosen im Wasser waren ertrunken oder an ihren Verwundungen gestorben. Der Kommandant war vom Turm auf das Deck heruntergekommen. Die sonst so lautstarke und derbe Nummer Eins stand noch immer in tropfender Unterwäsche da und zeigte wort- und hilflos auf die durch den Wellengang in immer größer werdender Entfernung vom Boot auf und nieder wippenden Gestalten in ihren grauen U-Boot-Päckchen.
„Schon gut, Bergmann“ sagte der Kommandant „Sie haben getan, was noch getan werden konnte. Lassen Sie die überlebenden Männer unter Deck bringen und ziehen Sie sich selbst um, schnell raus aus den nassen Sachen. Den dreien dort kann niemand mehr helfen. Wir haben auch keine Zeit mehr sie an Bord zu nehmen, denn wir werden uns noch mit dem Boot von Wenzel absprechen und dann schnellstens von hier verschwinden.“
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