„Was halten Sie von der Neuen?“, fragte die Leiterin in der Verwaltung ihre Assistentin.
„Ist ein Glücksfall für uns. Spricht gutes, verständliches Deutsch. Besucht wohl auch noch eine Abendschule. Hat beste Referenzen. Wieso die sich so gezielt bei uns beworben hat? Nun ist auch egal. Sie geht auf die Alten ein. Und die Kleine ist fast schon eine Therapie. Wo die auftaucht, ist sofort gute Stimmung.
Sieht auch noch nett aus, ist immer sehr sauber und adrett angezogen.“
„Ja, die beiden Mädels sorgen beide für gute Stimmung. Der alte Steiner hat mich doch gefragt, ob ich ihm nicht Viagra verabreichen könne. Die hat aber auch ein strammes Fahrgestell. Müssen wir wohl unsere Mannsbilder im Auge behalten.“
„Der Tod ihres Mannes hat sie wohl sehr getroffen. Glaub nicht, dass bei der einer landen kann. Von unseren Schlappis schon mal gar keiner.“
Die beiden Damen witzelten noch über den ein oder anderen Hosenträger. Gingen dann aber wieder zur Routinearbeit über.
Im Tschad gab es schon immer zwei Parteien. Eine Christlich-prowestliche, die sich an Frankreich als ehemalige Kolonialmacht hielt. Und eine muslimische Front zur Befreiung des Tschad (FROLINAT). Die wurde anfangs zaudernd von Libyen unterstützt. Bis sich im September 69 Gaddafi an die Macht putschte. Maßlos ehrgeizig, sprunghaft und ungeduldig wollte der gute alte Muammar alle arabischen Staaten zu einer großen islamischen Nation vereinen. Da er auch Umsturzversuche in diesen Staaten finanzierte, endete der Versuch oft im Krieg. Eine brüderliche Umarmung des Colonels konnte tödliche Folgen haben. Der Traum Libyen, Ägypten, Sudan, Tunesien, Marokko, Syrien und den Tschad zu vereinen, endete blutig in der Wüste. Seine Ambitionen im Tschad, den Aoutou-Streifen (Nord-Tschad bis zum 15ten Breitengrad) zu annektieren basiert auf einem nicht ratifizierten Vertrag aus der Kolonialzeit zwischen Italien und Frankreich. Dort sollte eine an Libyen gebundene islamische Republik entstehen. Als Ausgangspunkt für weiteres Vorstoßen ins Herz Afrikas. Bereits 1971 unterstützte Gaddafi einen Staatsstreich im Tschad, um eine Aussöhnung zwischen Christen und Muslimen zu verhindern. Die wollten sich die Sitze im Parlament teilen. Damit hätte er seinen Einfluss verloren. Er unterstützte die islamische GUNT (Groupement Unite National du Tschad) unter Goukouni Weddeye.
Während Hissène Habre mit seiner FANT (Force ARMEE National du TSCHAD) von Frankreichs Mitterrand und Amerikas Ronald Reagan Beistand bekam. Zumal einige Terroranschläge und Flugzeugentführungen (Rom, Wien) eine Reaktion verlangten. Libyen wurde von der Sowjetunion mit Waffen, Ausbildern und Beratern unterstützt. Da der große Revolutionsführer ein Anhänger des Sozialismus war. Waffen hatte er mehr als genug. Als reichstes Land in Nordafrika verfügte er über 3000 Kampfpanzer, die in den Depots mangels Personal vergammelten. Dieser Staat hat zwar Öl, ist aber bevölkerungsarm. Also gründete er eine islamische Legion. Rekrutiert wurde überall, wo Armut vorherrschte. Als Arbeitsvertrag für die Ölindustrie getarnt, unterschrieben gutgläubige Pakistani, Männer aus Bangladesch oder Inder und landeten im Kampfanzug in der Wüste. Die echten Freiwilligen waren eher rar, meist Armutsflüchtlinge aus Mali und anderen afrikanischen Staaten. Im Laufe der Zeit gab es mehrere Schlachten im Norden. Fada und die Oase von Faya Largeau waren Schauplätze der Gemetzel. Aber auch die Hauptstadt N`Djamena wurde mehrfach umkämpft. -
Säuberungsaktionen in den eigenen Reihen schwächten das Offizierskorps. Sein größter Fehler im Tschad war seine Arroganz. Er versuchte das Land mit Gewalt zu arabisieren. Die moslemischen Kämpfer der GUNT waren aber in erster Linie mal Afrikaner aus dem Tschad, überwiegend Toubou. Und die kannten erstens das Gebiet des BET (Biltin, Ennedi,Tibesti-Gebirges). Außerdem sind das harte Hunde. Die marschieren bei dieser Hitze barfuß 30 Km am Tag mit nur einer Flasche Wasser. Groß und hager sind das Furcht einflößende Kämpfer. Und die wandten sich nun gegen die islamische Legion und liefen zu Habre über. 1986/87 war die letzte große Schlacht bei Ouadi Doum. Die vereinten Streitkräfte des Tschad, ausgerüstet mit modernsten sandgeigneten Toyota-Pick-ups und MILAN-Panzerabwehrwaffen warfen die Libyer aus ihrem Land.
Der Aouzou-Streifen kam 1994 endgültig nach einem Urteil des IGH zum Tschad.
Frank Neumann war ein Kind der DDR. Er hatte einen Bilderbuchwerdegang hingelegt. Beide Eltern waren Mitglied der SED und absolut vom Sozialismus überzeugt. Der kleine Frank war also von der Krippe an zu dem erzogen worden, was er nun war. Mit Einschulung kam er zu den Jungpionieren, ab der 4. Klasse dann zu den Thälmannpionieren. Seine schulischen Leistungen waren hervorragend, und von Haus aus hatte er eine zweifelsfreie Gesinnung. Sportlich gehörte er ins Spitzenfeld und war auch von seinen Mitschülern anerkannt. Er war Gruppenratsvorsitzender (Klassensprecher) und arbeitete mit dem Gruppenpionierleiter (Vertrauenslehrer) zusammen. Er wurde sogar Freundschaftsratsvorsitzender. Seine Ferien durfte er auf Grund seiner guten Leistungen im Vorzeige-Pionierlager Werbellinsee, von Wilhelm Pieck persönlich am 16. Juli 1952 eröffnet, verbringen. Dort traf man Schüler und Pioniere aus anderen Staaten. Sprachen lagen ihm, er hatte ein musikalisches Gehöhr, aber vor allem ein Adlerauge. In der FDJ (Freie Deutsche Jugend) tat er sich beim Kleinkaliberschießen hervor. Die FDJ wurde 1951 in der BRD verboten. Von seinem Vater Oskar kannte er die Geschichte des Philipp Müller. Dieser wurde bei einer verbotenen Demonstration in Essen von einem Polizisten erschossen. Der damalige Vorsitzende der FDJ in Westdeutschland wurde wegen angeblichem Hochverrat zu fünf Jahren Zuchthaus verurteil. Das Strafverfahren gegen den Beamten wurde aber eingestellt, dieser Todesschütze freigesprochen. Soviel zu unserem Rechtsstaat, von dem Frank absolut nicht viel hielt. Mit 16 Jahren trat er der GST (Gesellschaft für Sport und Technik) bei. Das war eine paramilitärische Vorbereitung für die NVA (Nationale Volks-Armee). Nach mit Auszeichnung bestandenem Abitur ging er nach Kamenz an die OHS der LSK/LV Franz Mehring (Offiziershochschule der Luftstreitkräfte/Luftverteidigung). Als Hochschulingenieur im Range eines Leutnants verließ er diese nach vier Jahren. Wer solange ausgebildet und gedrillt wurde, den juckt es auch, das angestaute Wissen und Können umzusetzen. Insofern war es nur natürlich, dass Frank N. zu den etwa 3000 NVA-Soldaten im Ausland und im Einsatz zählte. Nach der Sowjetunion und Kuba war die DDR an dritter Position mit Militärberatern, Experten und Ausbildern in sozialistischen Bruderländern vertreten. Die FSLN (Frente Sandinista de Liberacion Nacional) in Nicaragua wurde genauso unterstützt, wie etliche afrikanischen Staaten wie z. B. Nigeria, Angola, Südjemen, Kongo, Äthiopien und natürlich Libyen. Tja, Erich der Wüstenfuchs und sein Afrikakorps. Es ging um Unterstützung, Waffenlieferungen, Ausbildung und solche Sachen. Was man nicht alles so für den Weltfrieden halt tut. Eigentlich ging es um ein sozialistisches Europa. Und seit der Wiederbewaffnung Westdeutschlands befand man sich nun auf dem sogenannten weiten Weg über Asien und Afrika.
Und gerade in Afrika bekam man gerade Sand ins Getriebe. Genau gesagt im Norden des Tschad. Und der größte Feind war eigentlich der eigene Verbündete. Der unberechenbare Gaddafi. Erst war alles so gut angelaufen. Doch dann kehrten die Kämpfer der GUNT unter Oueddeye den Libyern den Rücken, und liefen massenweise zur Gegenseite über. Schuld war die Borniertheit des guten Muammars. Der wollte die Arabisierung, seine Leute nahmen sich Frauen aus dem Tschad. Andersrum gab es das aber nicht. Zum Kämpfen waren die Afrikaner gut genug, aber ansonsten zog er die Fanatiker seiner islamischen Legion vor. Nach großen Gebietsgewinnen, so der Einnahme der wichtigen Oase Faya-Largeau, ging es hin und her. In letzter Zeit nur noch her. Es gab Tage, da war der Wüstensand mit Blut getränkt. Die vereinigten Kräfte des Tschad wurden immer stärker. Waren besser ausgebildet, motivierter und hatten
Читать дальше