Henry Bocala - Vitalzeichen - Wohin geht die Reise Ihres Lebens?

Und wie steht es mit unserem Verlangen nach Freiheit, Unabhängigkeit, Respekt für Ehre und Würde? Und mit unserer angeborenen Neigung Wahrheit, Schönheit, Güte, Erfüllung, Sinn und Liebe anzustreben? Die geistige Seele ist jedermanns bessere Hälfte, für Männer und Frauen gleichermaßen, der edlere Teil des menschlichen Lebens. Der Primat des Geistigen über das Körperliche ist keine Propaganda. Es wird von der Heiligen Schrift bestätigt. „Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber sein Leben einbüßt?“ (Mt 16,26)

Diese andere Hemisphäre, die geistige Hälfte der menschlichen Person, braucht ebenfalls eine Art Nahrung. Wie es Nahrung für den Körper gibt, gibt es auch Nahrung für die Seele. Wenn Sie immer noch in der Buchhandlung sind, werfen Sie einen genaueren Blick auf die Abteilung mit Inspirations- und Motivationsbüchern. Dort werden sie höchstwahrscheinlich ein nett aussehendes Handbuch für Yoga, Scientology oder transzendente Meditation mit einer beiliegenden DVD entdecken, die ihnen zeigt, wie sie diese Techniken praktizieren können. Sie werden wie die sprichwörtlichen warmen Semmel verkauft, abgenommen von stark gestressten Leuten, die nach Wegen suchen, ihre überreizten Sinne zu stillen, ihre zerstreuten Gedanken zu sammeln und ihre ruhelosen Seelen zur Ruhe zu bringen. Hinter einem solchen Verlangen nach Frieden sehen wir das Streben zum Absoluten. Es ist der unbewusste Versuch der säkularen Welt, das Licht und den Sinn des Lebens inmitten von Dunkelheit und Wirrsal zu suchen.

Obwohl er sich dessen nicht bewusst ist, sucht der moderne Mensch nach Gott. Dieser Trend ist nicht wirklich neu, wenn wir einen Blick in die Geschichte werfen. Vor zweitausend Jahren hatten viele Heiden dasselbe Dilemma. Sie tasteten im Dunkeln, bis der heilige Paulus, der Apostel der Heiden, ihnen das Lumen Christi (Licht Christi) brachte. Während er in der Mitte des Areopags stand, sprach Paulus von Tarsus die Athener mit folgenden Worten an: „Athener, nach allem, was ich sehe, seid ihr besonders fromme Menschen. Denn als ich umherging und mir eure Heiligtümer ansah, fand ich auch einen Altar mit der Aufschrift: EINEM UNBEKANNTEN GOTT. Was ihr verehrt, ohne es zu kennen, das verkünde ich euch.“ (Apg 17,22-23)

Immer noch stehen Sie vor dem Regal, das pseudo-pschycho-religiöse Machwerke enthält. Viele von diesen sind nicht wirklich Nahrung für die Seele, sondern nur Gedächtnishilfen, dass Sie eine Seele haben. So gehen Sie nun weiter an den Regalen entlang. Gehen Sie an den Dingen vorbei, die Sie jetzt vielleicht nicht brauchen, wie Wasserfarben, Füllfederhaltern, Computerprogrammen und anderen Dingen, die in solch kolossalen Buchhandlungen angeboten werden.

Wenn Sie jedoch an der Abteilung vorbeikommen, die spirituelle und moralische Abhandlungen führt, dann halten Sie bitte inne und widmen Sie diesen Büchern Aufmerksamkeit. Nur wenig Aufmerksamkeit bekommt dieses Regal von den Kunden, wenn sie überhaupt stehen bleiben. Wir alle jedoch haben von der Weisheit und der reichen Erfahrung, die spirituelle Bücher enthalten, zu lernen. Wir sind nicht alle Künstler oder Computerexperten oder Führungskräfte, aber wir alle haben Gesinnungen, üben Gewohnheiten aus, entwickeln Charakterzüge und übernehmen Lebensstile, die oftmals nachjustiert werden müssen, wenn sie nicht sogar eine Generalüberholung brauchen. Nicht jeder interessiert sich für Kunst und Computerprogramme, aber jeder von uns – tatsächlich jeder einzelne – wird profitieren von allem, was uns hilft als Person, Leib und Seele, zu wachsen.

Wenn Sie sich nicht sicher sind, welches Material gut für Sie ist, dann sollten Sie einen Seelenführer zurate ziehen, der eine reichhaltige Erfahrung damit hat, oder auf vertrauenswürdigen Internetseiten durch die Kataloge wertvoller Bücher blättern. Es mag sein, dass Enzykliken oder Katechismen nicht ihre erste Wahl sind, aber legen Sie diese dennoch nicht zu schnell zur Seite. Diese Art Bücher enthält eine sichere Lehre. Sie müssen nur etwas tief gehender darüber nachdenken, um die reichhaltige Weisheit schätzen zu lernen, die sie uns darbieten. Auf jedem Fall können Sie mit leichter verständlichen, inspirierenden, beliebten Taschenbüchern beginnen, solange diese Sie bilden und nicht verbilden. (Letzteres schließt Bücher ein, welche die menschliche Eitelkeit pflegen und in erster Linie Reichtum, Schönheit und Ruhm als den Maßstab des Erfolgs verkünden. Ihre Botschaft ist, dass Geld und Macht uns erlösen, und nicht Gott.)

Unsere geistigen Bedürfnisse sind nicht immer gleich. In der einen oder anderen Weise brauchen wir jedoch alle Umkehr, Vergebung, Veränderung und Reifung. Wir mögen schmerzhafte Wunden in der Vergangenheit erlitten haben, die eine Zeit der Heilung bedürfen. Vielleicht sind wir über einige kleine Tragödien im Leben nicht hinweg gekommen. Möglicherweise gab es auch Zeiten, in denen wir fühlten, dass unsere Bürde unerträglich schwer war. In solchen Zeiten klammerten wir uns jedoch an die fragilen Reste des Glaubens in uns; wir erneuerten die schwindende Hoffnung tief im Inneren unseres Herzens; wir erweckten unsere verborgene Fähigkeit zu lieben. Wir wollten es nicht zugeben; wir wollten nicht, dass die Menschen es merken, aber tief in unserm Inneren wussten wir, dass Gott uns nach Hause zurück rief. Wir standen dem Gebet sehr ablehnend gegenüber. Wir verabscheuten den Gedanken, dass wir Sünder sind. Aber jetzt, nach einer ziellosen Wanderung durch die Wüste der Weltlichkeit und des Unglaubens, haben wir eine Oase der Liebe in Gott, der Quelle des lebendigen Wassers, entdeckt. Es ist der einzige Ort, an dem das Leben dauerhaft bestehen kann. Es ist uns aufgegangen, dass unsere irdische Reise nur dadurch wertvoll ist, dass wir mit der Perspektive der Ewigkeit gehen. Wir haben lange Zeit unserer Seele den inneren Frieden genommen – den Frieden, den nur Christus uns geben kann – bis die Enttäuschungen die Glut der Liebe Gottes in uns erneut entfacht haben.

Letztendlich haben wir die Courage gefunden, die Kurven und Wendungen, die Verzerrungen und Knicke unseres Lebens zu begradigen. Wir sind jetzt bereit, unser Herz zu reinigen, uns dem Arzt der Seelen zu nähern, uns von den Fehlern unserer Jugend loszusagen, unser altes Ich zurückzulassen, unser Leben umzuformen, unsere Gesinnung zu ändern, unsern Lebensstil umzustellen, schlechte Gewohnheiten auszurotten, menschliche und christliche Tugenden zu kultivieren, einen frischen Start zu machen, unsere Pläne umzustellen, Gottes Verzeihen und Erbarmen zu suchen: kurz gefasst, eine neue Person zu werden, im Bewusstsein unserer Würde als Kind Gottes.

Umkehr ist jedoch nicht das Ende dieses Prozesses. Es ist der Anfang, der Beginn eines neuen Lebens. Dieses Leben ist dafür vorgesehen worden zu wachsen: durch das Praktizieren von Tugenden, durch die Angewohnheit des Gebets und durch ein aktives sakramentales Leben (falls Sie Christ sind) – drei Fäden, die verwoben mit unserem Arbeitsalltag sozusagen das engmaschige Gewebe eines reifen menschlichen und christlichen Lebens sind. Wir sind mündig geworden, wenn wir tun, was wir tun sollen und meiden, was wir meiden sollen, wenn wir nicht mehr wie unmündige Kinder handeln, „hin und her getrieben von jedem Widerstreit der Meinungen, dem Betrug der Menschen ausgeliefert, der Verschlagenheit, die in die Irre führt.“ (Eph 4,14)

Ich sage nicht gerne das Offensichtliche, aber es muss dennoch gesagt werden. Kinder gehen in die Spielsachen-Abteilung, weil sie Spielzeuge mögen. Vater und Mutter gehen vermutlich dorthin, um ihren Kindern Spielsachen zu kaufen, und nicht, weil sie Hubschrauber oder Legosteine haben wollen. Wenn vier oder fünfjährige Jungen und Mädchen vor einem Erotikmagazin zu finden sind, dann haben sie höchstwahrscheinlich im Gewirr eines Kaufhauses den Weg verloren. Wenn Zwanzig- oder Dreißig- oder Vierzigjährige sich dort aufhalten, ist es anders. Die Chance ist recht groß, dass ihre niederen Triebe sie dorthin führten – um ihre Neugierde zu befriedigen und ihren Leidenschaften nachzugeben. Kinder, die in diesen Bereichen zu finden sind, mögen ihre geographische Orientierung verloren haben, falls sie eine hatten; aber „mündige“ Menschen, die an denselben Stellen umher irren, müssen ihre moralische Ausrichtung verloren haben, falls sie jemals eine hatten.