Was ich kann und was ich nicht kann
Zwischenzeitlich gab es auf meinem Weg auch mal den einen oder anderen Versuch als Lauftrainer zu fungieren. Das mag anmaßend klingen, ist jedoch naheliegend. Ich laufe halt jeden Tag. Und wer mit dem Laufsport beginnen möchte, benötigt Informationen, wie man am leichtesten damit anfangen kann. Ich erwähnte schon den Rallyefahrer Rudi, dann gab es noch Kathrin, die für den Aufnahmetest zur Polizei trainieren wollte. Mit ihr fing ich ganz langsam an zu laufen und eigentlich musste ich ihr nur die Angst vor dem Anfang nehmen. Dann lief sie von ganz alleine. Aufnahmetest bestanden. Sie macht heute also in Polizei. Das wars eigentlich schon mit meinem kurzen Ausflug in die Lauftrainerwelt. Nun - nicht so ganz, denn es gab in den Jahren viele Laufanfänger oder Gelegenheitsläufer, die ich motivieren konnte oder denen ich bestimmte Techniken beibrachte. Das machen vermutlich alle Läufer, wenn sie auf einen Einsteiger treffen. Auch Steffen wurde immer fitter. Wir machten weiterhin gemeinsam viele lange Läufe und auch Mountainbiketouren und fanden dabei immer wieder neue Routen kreuz und quer durch die bergischen Wälder. Beim Biken konnte mir Steffen was vormachen. Das war genau sein Ding. Für mich war es ein Ausgleich zum Laufen und ich fuhr ab und zu hinterher. Natürlich nur, weil ich den Weg nicht kannte. Eigentlich habe ich ja gar kein Talent zum Sport. Als Kind und Jugendlicher spielte ich mittelmäßig Fußball im Sportverein 09 Wermelskirchen, dann folgten bewegungslose Jahrzehnte bis ich den Weg zum Laufen und Radeln fand. Ja klar kann ich Radeln, aber wenn es so richtig bergab geht, also downhill, dann habe ich Angst, dass es mich zerbröselt. Das bremst mich total aus. Und so kann mich jede Fahrradtruppe als Bremser mitnehmen. Doch auch beim Laufen bin ich kein Spitzensportler. Ich bin langsam. Eine Geschwindigkeit unter 5 min/km kann ich mit meinem Restkörper gar nicht auf die Straße bringen. Besser kann ich so knapp unter 6 min/km oder knapp darüber. Dafür aber jeden Tag und im Schnitt etwas über Halbmarathon pro Tag.
Dieses Täglichlaufen hat mir also genau gezeigt was ich kann.
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Gemacht ist gemacht.
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Im Juni 2012 waren wir mit unserem Hund Paul mal wieder beim Tierarzt. Der stellte fest, dass Paul etwas zu viel auf den Rippen habe. Sonst wäre alles ok mit ihm, aber die Empfehlung war, dem Hund etwa 15% weniger Futter zu geben. Alter Verwalter. Wir sind doch keine Tierquäler. Dem Hund mal eben 15% weniger Futter geben? Nicht mit mir. Der Hund braucht mehr Bewegung. Und so entschied ich kurzerhand, ihn bei meinen morgendlichen Läufen mitzunehmen. Wenn Steffen dabei war, lief Paul sehr gut mit. Mit mir alleine hätte es besser laufen können, hätte er besser laufen können. Die Läufe mit Paul brachten mich aber auch dazu, noch aufmerksamer zu sein. Es war also nicht möglich, einfach so drauflos zu rennen. Der Hund macht ja hier und da mal was ganz anderes und wenn man das nicht mitbekommt, dann isser weg. Ich musste Paul hin und wieder auch zum Mitlaufen motivieren und dazu trug ich einen “Patronengurt”. Eigentlich war es ein Trinkgurt, in den ich anstatt der Trinkfläschchen Tannenzapfen einsteckte. In jede der vier Halterungen steckte ich zwei Tannenzapfen. Paul spielt für sein Leben gerne mit Tannenzapfen und so kam er immer bei Fuß, wenn ich einen der Tannenzapfen aus dem “Halfter” zog. Um Himmelswillen, wenn uns dabei jemand gesehen hätte. Bitte erzählen Sie es nicht herum. Das machten wir eine ganze Weile so, bis ich spürte, dass es Paul irgendwie nicht so recht Spaß machte, diese weiten Distanzen zu laufen. Er ist eben eher ein Sprinter. Ich ließ keinen Versuch aus, meinem Hund zu erklären, welche Wahl er hat. Hier ein Beispiel vom 4. Juli 2012:
“Mein lieber Paul… wir müssen uns mal darüber unterhalten, wie das mit uns weitergeht mit dem Laufen. Du erinnerst Dich bestimmt schon nicht mehr daran, aber der Tierarzt hat Dir vor Wochen weniger Futter verordnet und wir haben Dich deshalb in unser Trainingsprogramm aufgenommen. Weniger Futter – wo gibt's denn sowas. Du bist doch ein Hund und Hunde bewegen sich gerne, laufen rasant durch die Wälder und spielen mit Bällen oder Tannenzapfen. Das machst Du doch auch gerne oder? Mein lieber Paul – warum machst Du dann morgens so ein Drama daraus, wenn wir zum Laufen aufbrechen? Warum bleibst Du stehen und verweigerst Deine Bewegung? Laufen ist gut für Dich und Du bist so auch den ganzen Tag viel ausgeglichener und ruhiger als sonst. Ich könnte es verstehen, wenn Du nach 10 km anfangen würdest zu streiken. Doch Du willst gar nicht erst los und je länger unser Lauf andauert, desto aktiver und munterer wirst Du. Zum Schluss willst Du meist gar nicht aufhören, wenn ich schon müde werde. Mein lieber Paul, ich mache Dir jetzt einen Vorschlag. Du musst nicht mehr jeden Tag mit zum Laufen, aber wenn ich durch den Wald renne, begleitest Du mich weiterhin – OK? Das wird also bestimmt so jeden zweiten Tag sein – vielleicht auch mehr. Ich kann auch nachvollziehen, wenn Du nicht gerne auf der Balkantrasse läufst, aber musst Du mich dann gleich so ärgern wie heute morgen? Rechts ins Gebüsch – links ins Gebüsch – hier eine Tote Maus anknabbern – da schnüffeln bis ich schon mehrere Hundert Meter voraus war? Sogar der Blickkontakt ist mehrmals abgerissen und das nur, weil Du Dich so dusselig anstellst. So gar nicht wie ein Hund… Mein lieber Paul Du hast doch auch die anderen armen Geschöpfe Tag für Tag gesehen, die nur mal kurz zum Geschäft machen ein paar Schritte vor die Tür machen dürfen. Sonst sitzen sie in der Wohnung, meist alleine und warten auf ihre Herrchen. Du, mein lieber Paul, hast ein gutes Leben, so finde ich. Wir kümmern uns um Dich und nehmen Dich immer mit auf unseren Streifzügen durch die Natur. Morgen kannst Du beim Laufen erst mal zu Hause bleiben, ausschlafen und ich drehe mit Steffen alleine unsere Runde. Dann gehen wir danach zusammen nach Radevormwald wandern. OK? Lieber kleiner Hund – meinst Du nicht auch, dass wir uns auf mehr gute Zusammenarbeit einigen sollten? Mich würde es sehr freuen, denn Du bist uns doch sehr wichtig.”
Es war einen Versuch wert, doch Paul entschied sich, eher mit Anja zum Walken zu gehen. Etwas kürzer und als Begleiter der Frau des Hauses. So soll es sein. Das war dann das Ende für das Laufen mit Paul und mir.
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