1 ...6 7 8 10 11 12 ...18 „Oh verdammt, ich sollte mich ja sofort beim Captain melden“, fiel ihr dabei ein.
Sie griff in ihre Handtasche, holte das Mobiltelefon heraus und wählte die Nummer, die unter dem Namen „Reinigung“ eingespeichert war. Nach dreimaligem Klingeln war die brummige Stimme von Mancini zu vernehmen.
„Joe's Reinigung, worum geht es?“
„Ich bin allein, wir können reden“, informierte sie ihn.
„Gott sei Dank“, murmelte der Captain erleichtert. „Es gibt schon viel zu viele Schauspieler in dieser Stadt. Also, ich höre.“
„Ich war in der Galerie und hatte das Vorstellungsgespräch bei Graham. Es lief alles rund. Ich habe den Job. Er hat sofort zugesagt.“
„Sie haben ihn? Und schon sicher?“
„Ja, am Montag fange ich an.“
„Gute Arbeit, Williams“, lobte er sie. „Was brauchen Sie noch alles bis dahin?“
„Nun ja, die Wohnung und ein Auto wäre ganz gut. Ich habe Graham erzählt, dass meines gerade in der Werkstatt ist. Ach ja und er hat, wie befürchtet, auch etwas von Geschäftsreisen erwähnt, also werde ich auch noch den Pass brauchen.“
„Okay, dann werde ich denen mal kräftig in den A … Ich meine, den Marsch blasen, damit Sie alles rechtzeitig bekommen. Was ist mit einer Waffe?“
„Ich habe meine Dienstwaffe. Vielleicht wäre noch eine kleine Pistole hilfreich, die sich gut verstecken lässt. Ach ja und etwas Geld … Ich muss mir etwas zum Anziehen kaufen, nur für den Anfang. Ich kann nicht mit Jeans und T-Shirt in einer Galerie arbeiten und ich habe kaum andere Sachen.“
„Na schön, aber nicht, dass Sie in Zukunft zu Fuß zum Tatort müssen, weil das Geld für einen neuen Dienstwagen in Ihrem Kleiderschrank hängt.“
Sarah musste lachen.
„Ganz sicher nicht, versprochen, Sir.“
„Noch was?“
„Nein, ich habe mich heute nur darauf konzentriert, den Job zu bekommen. Alle weiteren Ermittlungen beginne ich dann am Montag.“
„Das war richtig so. Passen Sie auf! Sie gehen um 15.00 Uhr zur Pazzo Pizzeria am Olympic Boulevard. Ich werde Officer Wilkins dort hin schicken. Er wird Ihnen die Wohnungsschlüssel, die Pistole und das Geld da lassen. Danach können Sie noch alles aus Ihrer eigenen Wohnung holen, was Sie brauchen. Alles andere bekommen Sie nächste Woche. Verstanden?“
„Alles klar, Sir.“
„Und sobald es Neuigkeiten gibt, melden Sie sich wieder. Ansonsten sprechen wir uns am Montag nach Ihrem ersten Arbeitstag.“
„Wird gemacht, Sir.“
Sie hörte ihn noch etwas Unverständliches brummen und dann hatte er auch schon wieder aufgelegt. Kopfschüttelnd steckte sie das Telefon ein und trank ihren Espresso aus. Sie hatte noch rund zwei Stunden Zeit, bis sie in der Pizzeria sein musste und beschloss, den Weg dorthin zu Fuß zurückzulegen. Vielleicht würde ihr die Bewegung dabei helfen, ihre Gefühle weiter zu entwirren.
Sarah gab dem Kellner einen Wink, bezahlte ihren Espresso und machte sich dann auf den Weg. Da die Pizzeria keine zwei Stunden Fußweg von dem Café entfernt war, lief Sarah einen Umweg und blieb unterwegs ab und zu vor einigen Schaufenstern stehen. So betrat sie erst wenige Minuten nach 15.00 Uhr die Pazzo Pizzeria und ließ ihren Blick über die zahlreichen Tische schweifen. In ihren Augen leuchtete es kurz auf, als sie Officer Wilkins entdeckte.
„Hallo“, grüßte sie ihn, als sie ihm gegenüber Platz nahm.
Der Mann lächelte.
„Hallo Detective Williams. Ich habe Sie fast nicht erkannt.“
„Das freut mich“, entgegnete Sarah schmunzelnd. „So sollte es ja auch sein. Und Sie haben etwas für mich?“
Er nickte und schob ihr eine Tüte zu, in der sie einen Karton erkennen konnte.
„Danke. Ist alles drin?“
Bevor Officer Wilkins antworten konnte, wurden sie von einem Kellner unterbrochen.
„Guten Tag, Signorina. Möchten Sie etwas bestellen?“
„Oh, ja“, erwiderte sie und stellte fest, dass sie tatsächlich ziemlich hungrig war. „Bringen Sie mir bitte eine Cola light und eine große Pizza mit Mozzarella und Sardellen. Ich habe seit dem Frühstück nichts mehr gegessen.“
„Sehr gern, Signorina.“
Der Kellner verschwand eifrig in Richtung Küche und Sarah wandte sich wieder Officer Wilkins zu.
„Also, ist alles in dem Karton?“
„Ich weiß zwar nicht, was da drin ist, aber Captain Mancini sagte, es ist alles drin, was er mit Ihnen abgesprochen hat.“
„Sehr gut“, war sie zufrieden und sah, wie er unruhig auf seine Uhr schaute.
„Haben Sie noch einen anderen Auftrag?“
„Nein, es ist nur, ich hatte ja vorhin eigentlich Dienstschluss und ich sollte mit meiner Freundin gleich einkaufen gehen und …“
„Und dann sitzen Sie noch hier?“, unterbrach sie ihn grinsend.
„Na ja, ich kann Sie doch nicht einfach so … allein essen lassen.“
Sarah lachte.
„Oh keine Angst, das werde ich schon schaffen. Ich weiß nicht, ob es Ihrer Freundin gefallen würde, wenn Sie sie versetzen, um mir beim Essen zuzuschauen.“
„Sicher nicht“, murmelte er zerknirscht.
„Na also. Nun gehen Sie schon!“
Sie sah ihn gleich darauf zum Ausgang stürmen und schüttelte schmunzelnd den Kopf.
***
Nachdem sie gegessen hatte, ließ sich Sarah mit dem Taxi zu ihrer Wohnung fahren. Dort packte sie die Sachen ein, die sie mitnehmen wollte. Mir mehreren Koffern ging es anschließend weiter zu ihrer neuen Unterkunft, die für die Zeit ihres Auftrags ihr Zuhause sein würde. Das Apartment war ebenfalls recht klein, aber hell und freundlich. Sarah verbrachte den Abend damit, sich dort häuslich einzurichten. In dem Karton, den Officer Wilkins ihr gegeben hatte, lagen außer dem Wohnungsschlüssel noch eine kleine Pistole und verschiedene Holster, um die Waffe an den unterschiedlichsten Stellen des Körpers tragen zu können. Zu ihrer größten Überraschung fand sie auch noch 3.000 Dollar in bar in einem Umschlag und beschloss sofort, am Samstag einkaufen zu gehen.
Nach dem Abendessen machte sie es sich auf dem Sofa gemütlich und schaute Fernsehen, bis sie ins Bett ging. Zuerst machte sie die ungewohnte Umgebung dafür verantwortlich, dass sie nicht einschlafen konnte, aber immer wieder tauchten die dunklen Augen und das Lächeln von David Graham in ihren Gedanken auf und die Erinnerung an seine Berührungen ließen ihren Körper erzittern. Unruhig wälzte sie sich im Bett hin und her. Es war bereits weit nach Mitternacht, als sie endlich vom Schlaf übermannt wurde.
Am nächsten Morgen war Sarahs Laune alles andere als gut. Das lag nicht nur am Schlafmangel, sondern auch an der Erkenntnis, dass ihre verstörenden Träume von Benny durch neue ersetzt worden waren. In diesen fühlte sie sich sich offenbar von einem kaltblütigen Mörder und gerissenen Verbrecher angezogen. Sarah duschte lange, machte sich dann Frühstück und setzte sich an den Computer. Sie wollte den Tag nutzen, um ihre Kenntnisse der Kunstszene aufzufrischen.
Auch in der nächsten Nacht gelang es David Graham, sie sehr lange wach zu halten, ohne dass dieser dafür jedoch persönlich anwesend war. Sarah war mehr als erleichtert, als sie am Samstag die Wohnung verließ, um sich mit einem ausgiebigen Einkaufsbummel abzulenken.
Sie durchstreifte am Vormittag zahllose Boutiquen und Schuhgeschäfte und als ihre Füße zu schmerzen begannen, beschloss sie, den Nachmittag in einem Einkaufszentrum zu verbringen. Das Bündel mit den 3.000 Dollar schrumpfte unaufhaltsam zusammen und Sarah entschied irgendwann, dass sie erst einmal genug Sachen zum Anziehen für ihren neuen Job hatte. Gerade wollte sie sich wieder auf den Heimweg machen, als ihr Handy zu klingeln begann. Verwundert zog sie es aus der Tasche und nahm den Anruf entgegen.
„Hallo? Was gibt es denn, Sir?“, fragte sie.
„Sir? Das ist aber nicht mein Vorname.“
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