Aber was ganz wichtig ist, ich bin psychisch wieder ausgeglichen, ich habe meinen Begleiter akzeptiert. Es ist mir bewusst, dass diese Phase nicht zwingend auf ewig anhalten muss. Dies zeigen mir schon die Schwankungen welche ich immer wieder erlebe, Tage an denen es mir, was den kleinen James betrifft, sehr gut geht, dann aber wieder Tage, an denen er seinen Tribut einfordert.
Was die Zukunft bringt, das wird sich zeigen. Warten wir ab, was dem kleinen James noch so alles einfallen mag. Heute, nach nun bald sechs Jahren seit der Diagnose und den davor liegenden Zeiten, in denen James mich schon begleitete, kann ich nicht klagen.
Wie ein Schlag ins Gesicht
Das Vergissmeinnicht
Es war ein Tag wie jeder andere, als ich mit meinem Mann die Praxis eines Neurologen betrat, doch dieser Mittwoch sollte nicht nur mein Leben, sondern auch das meines Mannes total verändern.
Schon seit längerer Zeit suchte ich nach der Ursache meines Befindens, denn irgendetwas stimmte nicht mit mir.
Ich fühlte mich unwohl, war langsam wie eine Schnecke geworden, hatte Schwierigkeiten mit meiner Motorik und wurde wegen meiner komischen „Gangart“ des Öfteren auch schon angesprochen.
Also rannte ich von Arzt zu Arzt, doch alle Untersuchungen ergaben immer das gleiche Ergebnis: „Ihnen fehlt nichts.“
Bis zu dem besagten Mittwoch, kurz vor Weihnachten 2011.
Schon nach nur zwei kurzen Untersuchungen war er der Meinung:
„Sie haben mit aller Wahrscheinlichkeit PARKINSON.“
PENG. Das saß, es war wie ein Schlag ins Gesicht!!!
Er war sich ziemlich sicher, ich bekam aber dennoch einen Termin für weitere Untersuchungen, um alles andere auszuschließen.
Am 29.12.2011 bekam ich das Endergebnis: Parkinson!
Aber kommen wir zurück, an den besagten Tag X…
Kurz darauf verließen mein Mann und ich wie betäubt die Arztpraxis und fuhren, was wir nach dem Artbesuch auch vorhatten, in die Stadt zum Weihnachtsmarkt.
Schweigsam, Hand in Hand, irrten wir zwei dann durch die schön geschmückten Straßen, die wir aber nicht wahrnahmen, weil wir mit unseren Gedanken ganz wo anders waren.
In der nachfolgenden Zeit war das Wort: „Parkinson“ täglich präsent, ich ging mit den Gedanken schlafen und stand mit den gleichen Gedanken morgens auf.
Um das Ganze zu verarbeiten, begann ich Gedichte unter den Namen „Vergissmeinnicht“ zu schreiben. Und ich muss gestehen, es machte mir Spaß, es tat mir gut. Seit dieser Zeit habe ich mehr als 300 Gedichte verfasst, zu Beginn schrieb ich über die unheilbare Krankheit „Parkinson“, später gefiel es mir auch, über andere Themen zu schreiben und ich bin bis heute immer noch ein poetisches schreibendes „Vergissmeinnicht“.
Ich war, oder besser gesagt, bin immer noch ein sehr positiv denkender Mensch und glaube, alles im Leben hat einen Sinn, ganz egal was auch passiert!
Trotz Parkinson, glücklich wie nie zuvor
Tony
Begonnen hat es bei mir schon mit dreißig Jahren. Ich war damals im Außendienst für eine Firma als Radio- und Fernsehtechniker unterwegs. Ich hatte immer gerne und auch viel gearbeitet. Schließlich wollte ich meine Schulden von einer älteren Beziehung so schnell wie möglich los werden. Also sparte ich jeden Pfennig und lebte sehr spartanisch, eigentlich nur vom Trinkgeld. Dabei fiel meinen Lehrbuben auf, dass ich so gut wie nur am Kopf schwitzte. Das ging so weit, dass ich nur noch mit einem Schweißtuch (Geschirrtuch) unterwegs war, oder mit Stirnband. Irgendwann ist das zu meinem Markenzeichen geworden und es wurde zwar belächelt, doch akzeptiert.
Ich lernte meine jetzige Frau Christiane kennen, wir heirateten und wir wurden Eltern. Es war keine Zeit um krank zu sein, schließlich hatte ich jetzt Verantwortung. Ich war immer gut versorgt mit allem, was die „Apotheke meiner Frau“ für welches Zipperlein auch immer, hergab. Ich war ein williger Abnehmer und erster Tester der sogenannten Nahrungsergänzung. Nur irgendwie passte es nicht. Ich war abgeschlagen, müde, einfach kraftlos. Nur bei Stress blühte ich förmlich auf. Doch dieses Auf und Ab meiner Leistungsfähigkeit wurde langsam zum Problem und ich versuchte meine Zeit mehr zuhause zu verbringen. Durch Zufall ergab sich ein Wechsel in den Verkauf und somit hatte ich erst mal eine bessere Position, auch innerhalb der Firma. Nur meine Zipperlein wurden immer häufiger und ich wurde von Doktor zu Doktor geschickt.
Da ich immer noch als Berater und Planer von hochwertigen HiFi-Anlagen im Außendienst unterwegs war, ließ sich das gut integrieren. Meine Aufgaben wurden jedoch schnell mehr und mehr. Wenn mich mal kein Kunde oder Lehrling benötigte, baute ich, zum Teil im Laden, High-End Autoradio Anlagen ein. Nur irgendwie wurde es immer schlimmer. Meine Bewegungen wurden unmerklich langsamer, meine Oberlippe gehorchte mir nicht mehr so hundertprozentig und meine Stimme wurde immer rauer, vor allem abends. Dadurch wurde meine Aussprache immer unverständlicher und ich musste mich oft wiederholen.
Dann der nicht verstandene Schock.
So mit rund achtunddreißig Jahren die Diagnose: Parkinson…
Erstmal nur eine Feststellung und gleichzeitig Erleichterung und Schock. Ich bin doch noch jung, das ist doch eine Krankheit von Opas!
Die Diagnose behielten wir ca. ein Jahr für uns, das mit der Arbeit klappte dank der Medikation auch wieder besser und ich wurde Abteilungsleiter der damals wichtigen Telekom-Abteilung. Meinem Chef wurde irgendwann zugetragen, dass ich einen Schwerbehindertenausweis habe und als er wissen wollte warum, habe ich es ihm gesagt.
Ab dem Zeitpunkt stand ich unter ständiger Beobachtung und es wurde immer wieder überlegt, ob und wie ich zu ersetzen wäre. Ich hatte ein sehr gutes Verhältnis zu meinen Kollegen. Wenn diese vom Chef angesprochen wurden, kamen sie postwendend zu mir, um zu berichten. Dann kam ein Freund des Chefs darauf, mich mit Zustimmung der Behörden zu kündigen. So passierte es dann auch, nur hatte ich am Schluss nicht mehr die Kraft, auch noch für mich zu kämpfen und somit trennten wir uns „einvernehmlich“, nach mehr als achtzehn Jahren. Da ich mich nicht gegen ihn stellte und auch nicht gegen die Behörden vorgegangen bin, habe ich den Eindruck, ist bei mir die Rente relativ schnell genehmigt worden, unbefristet. Es hat lange gedauert, bis ich die Krankheit akzeptieren konnte, aber mittlerweile bin im achten Jahr Rentner und immer noch glücklich.
Ja, ich bin glücklich, glücklicher denn je!
Warum?
Eine Frau an meiner Seite zu haben, die mich unterstützt und die ich lieben darf.
Eine Tochter zu haben, die mich in meinem Sein akzeptiert.
Ein Leben zu leben, ohne Arbeitsstress und zu wissen, ich habe was erreicht.
Dem ein oder anderen Menschen zu helfen sich zu entscheiden, die THS nicht als die letzte Möglichkeit zu sehen, sondern seine Angst zu beherrschen.
Denn wer kann schon von sich behaupten, erfolgreich im Beruf gewesen zu sein und sein Kind aufwachsen zu sehen? Und das nicht wie ein Außenstehender, sondern live mitzuerleben. Das einzige, was ich schade finde ist, dass ich meiner Frau nicht der Mann sein kann, den sie verdient hätte und meiner Tochter nicht immer der Vater sein kann, den sie sich wünschen würde.
Und irgendwann, ja ich glaube daran, dass die Medizin einen Weg finden wird, uns Parkis zu helfen und ich es noch erlebe.
Outing
Man(n) fällt aus der Norm
Beate
Outing steht für „anders sein“ – „nicht der Norm entsprechen“. Es ist, als ob man beispielsweise homosexuell wäre. Sie outen sich auch. Muss man sich outen? Herr Wowereit, ehemaliger Bürgermeister von Berlin, stellte sich hin und sagte: „Ich bin schwul und das ist gut so“. Er hat für Aufsehen und Zündstoff gesorgt.
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