Und genau hier ist auch die Lösung für unser Problem zu finden. Genau diesen Weg hat Gott beschritten.
Wie in Adam, so in Christus
In den Versen in Römer 5:12-21 wird nicht nur etwas über Adam gesagt, sondern auch etwas über den Herrn Jesus. „Denn wie durch den Ungehorsam des einen Menschen die vielen zu Sündern gemacht worden sind, so werden auch durch den Gehorsam des einen die vielen zu Gerechten gemacht.“ In Adam empfangen wir alles, was von Adam ist, und in Christus alles, was von Christus ist.
Die Begriffe „in Adam“ und „in Christus“ werden von vielen Christen nicht verstanden. Ich will daher, auch wenn ich mich wiederholen sollte, noch einmal die Bedeutung von Abstammung und Vererbung, die in dem Begriff „in Christus“ enthalten sind, an einem Beispiel verdeutlichen. Das Beispiel stammt aus dem Hebräerbrief. Ihr erinnert euch sicherlich, daß der Schreiber des Briefes uns im ersten Teil verdeutlichen will, daß Melchisedek größer ist als Levi. Ihr erinnert euch auch, daß der Beweis erbracht werden sollte, daß die Priesterschaft Christi größer ist als die Priesterschaft Aarons, der aus dem Stamm Levi kam. Um dies nun zu beweisen, mußte der Schreiber zunächst einmal zeigen, daß die Priesterschaft Melchisedeks aus dem einfachen Grund größer war als die Priesterschaft Levis, daß die Priesterschaft Christi „nach der Ordnung Melchisedeks“ (Hebr. 7:14-17), diejenige Aarons aber nach der Ordnung Levis war. Wenn es dem Schreiber gelingt, uns zu zeigen, daß Melchisedek in den Augen Gottes größer war als Levi, ist der ganze Beweis erbracht. Um diesen bemerkenswerten Beweis geht es in jenem Abschnitt im Hebräerbrief.
Der Schreiber führt in Hebräer Kapitel 7 an, daß Abraham eines Tages, als er von der Schlacht der Könige zurückkehrte, Melchisedek den Zehnten seiner Beute gab und von ihm gesegnet wurde (1.Mose 14). Weil Abraham Melchisedek den Zehnten gab, wurde er größer geachtet als Levi. Warum ist dies so? Weil Isaak „in Abraham“ Melchisedek den Zehnten gab, als Abraham dem Priester den Zehnten darbrachte. Und wenn dies gilt, dann brachte auch Jakob „in Abraham“ Melchisedek den Zehnten, und auch Levi gab „in Abraham“ Melchisedek den Zehnten. Es ist unumstritten, daß „das Geringere von dem Größeren gesegnet wird“ (Hebr. 7:7). Levi hat also einen niedrigeren Stand als Melchisedek, und aus diesem Grund ist Aarons Priesterdienst geringer als der des Herrn Jesus. An Levi dachte man zur Zeit der Schlacht der Könige noch nicht einmal, und doch war er „in der Lende seines Vaters“ Abraham und brachte „sozusagen durch Abraham“ den Zehnten dar (Hebr. 7:10, 9).
Genau dies ist die Bedeutung von „in Christus“. Als das Haupt der Glaubensfamilie schließt Abraham die ganze Familie in sich selbst ein. Als er Melchisedek den Zehnten darbrachte, gaben in ihm alle Glieder der Familie den Zehnten. Sie opferten zwar nicht als Individuen, aber sie waren in ihm, und aus diesem Grund schloß er seinen ganzen Samen mit ein, als er den Zehnten darbrachte.
Hier wird uns also eine neue Möglichkeit gezeigt. In Adam war alles verloren. Durch den Ungehorsam des einen Menschen sind wir alle zu Sündern geworden. Durch ihn kam die Sünde in den Menschen und durch die Sünde der Tod, so daß von jenem Tage an die Sünde im ganzen Menschengeschlecht zum Tode herrschte. Nun aber fällt ein Lichtstrahl in die Finsternis. Durch den Gehorsam eines anderen können wir gerecht gemacht werden. Wo die Sünde größer wurde, wurde die Gnade noch viel überströmender, und so, wie die Sünde zum Tode herrschte, so kann nun auch die Gnade herrschen durch Gerechtigkeit zum ewigen Leben durch Jesus Christus, unseren Herrn (Röm. 5:19-21). In Adam mußten wir verzweifeln, in Christus können wir wieder hoffen.
Der göttliche Weg der Befreiung
Es ist Gottes eindeutige Absicht, daß die in diesen Versen ausgedrückten Gedanken uns zur praktischen Befreiung von der Sünde führen. Paulus macht dies sehr klar, indem er das sechste Kapitel seines Briefes mit der folgenden Frage beginnt: „Sollen wir in der Sünde verharren?“ Sein ganzes Sein schaudert vor diesem Gedanken buchstäblich zurück: „Das sei ferne!“ , ruft er aus. Wie könnte ein heiliger Gott mit unheiligen und durch die Sünde gebundenen Kindern zufrieden sein! Daher sagt er: „Wie sollten wir ... noch in ihr leben?“ (Röm. 6:1-2). Gott hat zweifellos die beste Vorkehrung getroffen, daß wir von der Herrschaft der Sünde befreit werden können.
Doch genau darin liegt unser Problem. Wir wurden als Sünder geboren. Wie können wir nun unser Erbe der Sünde abstreifen? Wie sieht der Ausweg aus dieser Natur aus, nachdem wir erkannt haben, daß wir in Adam geboren wurden? Laßt mich euch gleich versichern, daß das Blut uns nicht aus Adam herausbringen kann. Es gibt nur einen Weg heraus: Da wir durch Geburt hineinkamen, müssen wir auch durch Tod wieder herausgebracht werden. Um unsere sündhafte Natur zu beseitigen, müssen wir erst unser Leben beenden. Die Bindung an die Sünde geschah durch Geburt, die Befreiung von der Sünde geschieht durch den Tod – und dies ist genau der von Gott bereitete Ausweg. Tod ist das Geheimnis der Befreiung. Römer 6:2 sagt, daß wir der Sünde gestorben sind.
Wie ist es jedoch möglich, daß wir sterben? Manche unter uns haben verzweifelt versucht, dieses sündhafte Leben loszuwerden, mußten aber feststellen, daß es sehr hartnäckig ist. Wie sieht dann also der Ausweg aus? Der Ausweg besteht nicht in dem Versuch, uns selbst zu töten, sondern darin, anzuerkennen, daß Gott uns bereits in Christus getötet hat. Diese Tatsache faßt Paulus in seiner folgenden Aussage zusammen: „... daß alle, die wir in Christus Jesus hineingetauft wurden, in seinen Tod hineingetauft sind“ (Röm. 6:3).
Wenn Gott uns aber „in Christus Jesus“ beseitigt hat, müssen wir in ihm sein, damit diese Tatsache auf uns angewendet werden kann. Dies wiederum scheint ein genauso unlösbares Problem zu sein. Wie kommen wir in Christus hinein? Auch an dieser Stelle kommt uns Gott zu Hilfe. Tatsächlich haben wir selbst keine Möglichkeit, in ihn hineinzukommen, doch was noch viel wichtiger ist, wir brauchen es auch gar nicht zu versuchen, denn wir sind bereits in ihm. Was wir selbst für uns nicht vollbringen konnten, hat Gott für uns getan: Er hat uns in Christus hineinversetzt. Ich möchte euch an 1.Korinther 1:30 erinnern. Ich glaube, daß dies einer der schönsten Verse im ganzen Neuen Testament ist. „Aus ihm (d. h. aus Gott) aber seid ihr in Christus Jesus.“ Gott sei gelobt! Nicht uns überließ er es, uns einen Weg in ihn hinein auszudenken oder zu bereiten. Nicht wir müssen uns darüber den Kopf zerbrechen, wie wir in ihn hineinkommen, Gott plante alles. Und er plante nicht nur, er führte seinen Plan auch selbst aus. „Aus ihm aber seid ihr in Christus Jesus.“ Wir sind bereits in ihm. Daher müssen wir uns nicht mehr bemühen, in ihn hineinzukommen. Gott hat gehandelt, es ist bereits vollbracht.
Wenn das wahr ist, hat es einige Konsequenzen. In dem Beispiel aus Hebräer 7, welches wir weiter oben betrachtet haben, sahen wir, daß in Abraham ganz Israel – und daher auch Levi, der noch nicht geboren war – Melchisedek den Zehnten darbrachte. Die Israeliten brachten Melchisedek nicht einzeln den Zehnten, aber sie waren in Abraham, als dieser den Zehnten darbrachte, so daß sein Darbringen seinen ganzen Samen mit einschloß. Dieses Beispiel ist daher ein wunderbares Bild dafür, daß wir in Christus sind. Als der Herr Jesus am Kreuz starb, starben wir alle – zwar nicht individuell, da wir ja noch nicht geboren waren –, aber, da wir in ihm eingeschlossen waren, starben wir in ihm. „... daß einer für alle gestorben ist und deshalb alle gestorben sind“ (2.Kor. 5:14). Als er gekreuzigt wurde, wurden wir alle mit ihm gekreuzigt.
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