Lassen Sie sich nur einige – Ihnen sicher aus der Ausbildung bekannte – Übungsmöglichkeiten ins Gedächtnis zurückrufen und sie an einigen Beispielen verdeutlichen:
Atemübungen: Lokomotivenspiel
Rhythmische Sprechgesänge: Schokoladenspiel
Artikulation von Vokalen: Drei Chinesen-Lied
Stimmlagen ausprobieren: Hexeneinmaleins
Laut-Leise-Training: Dirigentenspiel
Alle Arten von Sprachspielen
Kleine Gedichte zum Auswendiglernen
Zungenbrecher
Sind Sie bereit? Dann kann es losgehen.....
Atemübung
Jahrgangsstufen: alle
Ziele: Atemvorgänge erfahren, Atemtechnik
verbessern
Benötigtes Material: keines
Ablauf:
Alle Kinder stehen im Kreis. Sie sollen sich vorstellen, sie wären Dampflokomotiven, die beim Fahren den Dampf auf den Laut „sch“ ausstoßen. Die Lehrerin macht vor:
Langsames Fahren: sssccchhh - - sssccchhhh...
Schnelles Fahren: sch-sch-sch-sch-sch....
Dabei sollen die Kinder eine Hand auf den Bauch legen und spüren, wie die Luft schnell oder langsam in den Bauch ein- und ausgeatmet wird.
Nach diesen Vorübungen wird gespielt, wie die Lok langsam anfährt, immer schneller und schneller wird und dann wieder - wenn sie in den Bahnhof einfährt – langsamer und langsamer wird, bis sie am Ende steht und nur nach langer Pause ein letztes Mal ganz langsam und leise zischt.
Rhythmisches Body-Percussion-Spiel, allein und mit Partner
Jahrgangsstufen: alle
Ziele: Schulung von Rhythmusgefühl und Stimme
Benötigtes Material: keines
Ablauf:
Alle Kinder sitzen im Kreis. Die Lehrerin macht vor, die Kinder wiederholen. Zuerst in kleinen Schritten (1 Zeile), später immer mehr Zeilen auf einmal, Zeilen zunächst auch wiederholen, am Schluss Zeile 4 bis 7 auf einmal.

Danach drehen sich die Kinder paarweise zueinander und klatschen bei „la“ gegen die Hände des Partners.
Diese Übungen können mit verschiedenen Variationen durchgeführt werden: leise oder laut, schnell oder langsam, mit anderen mehrsilbigen Wörtern, sinnlosen oder sinnvollen, immer längeren, oder mit neuen Körperbewegungen, zum Beispiel: Patschen, Stampfen, an den Kopf tippen, gegen die Brust klopfen. Ihrer und der Fantasie der Kinder sind dabei keine Grenzen gesetzt. Es geht nur darum, die Stimme auszuprobieren und dabei bestimmte Rhythmen einzuhalten. Besonders wichtig sind dabei auch die Pausen.
Jahrgangsstufen: alle
Ziele: deutliche Artikulation der Vokale
Benötigtes Material: keines (evtl. Buchstabenkärtchen der Vokale)
Ablauf:
Das bekannte Lied wird zunächst ganz normal gesungen:
„Drei Chinesen mit dem Kontrabass
Saßen auf der Straße und erzählten sich was.
Da kam die Polizei, ja was ist denn das?
Drei Chinesen mit dem Kontrabass.“
Jetzt werden die verschiedenen Vokale pro Strophe durch immer nur einen Vokal ersetzt, also es wird erst alles auf i gesungen, dann auf e, dann auf a, und so weiter.
Das ist für die Lippen eine oft nicht so ganz leicht zu bewältigende Aufgabe, daher eine gute Artikulationsübung und klingt zudem sehr lustig.
Variationen: laut und leise abwechseln; auf Hochhalten der Buchstabenkärtchen hin wird der Vokal auch zwischen den Strophen geändert; dasselbe mit anderen Gedichten oder Liedern durchführen.
Jahrgangsstufen: 3./4. Kl
Ziele: Text auf verschiedene Arten lesen oder vortragen, dabei mit der Stimme spielen und verschiedene Stimmlagen ausprobieren und die Stimme trainieren.
Benötigtes Material: Textvorlage
Ablauf:
Wenn die Übung nicht Teil eines umfangreicheren Hexenthemas ist, sollten die Kinder in einem Unterrichtsgespräch in das Thema eingestimmt werden: Wo hast du schon etwas von Hexen erfahren? Welche Hexen gibt es? Was tun sie? Wie/Womit zaubern sie?
Einführung des Zauberspruchs: Hexeneinmaleins von Johann Wolfgang von Goethe:
Du musst versteh’n!
Aus Eins mach Zehn,
Und Zwei lass geh’n,
und Drei mach gleich,
So bist du reich.
Aus Fünf und Sechs,
So sagt die Hex,
Mach sieben und Acht,
So ist´s vollbracht:
Und Neun ist Eins,
Und Zehn ist kein`s.
Das ist das Hexeneinmaleins!
Diesen Hexenspruch gilt es nun möglichst schaurig und geheimnisvoll aufzusagen. Als Hilfe werden dazu folgende Möglichkeiten der Gestaltung auf Wortkarten zur Auswahl angeboten:

Neben einer unterschiedlichen Gefühlslage beinhalten diese Variationsformen für Sprechen auch einen Laut-Leise-Kontrast. Weitere Gestaltungsmöglichkeiten ergeben sich dadurch, dass besonders wichtige Textzeilen verdoppelt werden oder auch durch Geräusche oder instrumentale Klänge untermalt werden.
Bei diesem Hexenspiel ergeben sich sehr mannigfaltige Möglichkeiten mit der Stimme zu experimentieren, sie zu schulen und zu trainieren.
Variation: die Übung kann mit anderen Hexenzaubersprüchen durchgeführt werden oder mit Gespenster- oder Tiergedichten.
Jahrgangsstufe: alle
Ziele: lautes und leises Sprechen trainieren, dabei deutlich artikulieren
Benötigtes Material: Text eines bekannten Liedes, z. B. „Trat ich heute vor die Türe“
Ablauf:
Die Kinder singen das Lied. Ein Dirigent, zunächst die Lehrerin, später ein ausgewähltes Kind, steht in der Mitte und bestimmt durch vorher verabredete Zeichen, etwa Heben und Senken der Hände, wann laut oder leise gesungen wird.
Variation: Es wird ein rhythmischer Sprechgesang oder ein Gedicht auf diese Weise dirigiert.
Jeder Erzähler braucht Zuhörer. Wenn wir die Erzählkultur in einer Schulklasse verbessern und kreativ gestalten wollen, so müssen wir dafür die ganze Schulklasse auch zum richtigen Hören und Zuhören führen - was dann übrigens auch für die allgemeine Atmosphäre im Klassenzimmer ein Vorteil sein wird.
Für eine Hörerziehung sind alle Arten von Stilleübungen grundlegend, denn die Erfahrung von Stille ermöglicht die Wahrnehmung von vielfältigen akustischen Reizen. In der Regel sind die Kinder sehr dankbar für solche Erfahrungen, die sie als wohltuend empfinden und ihnen auch die Möglichkeit bringen, besser gehört zu werden, wenn sie etwas sagen wollen.
Des weiteren dienen Hörübungen einer Sensibilisierung für die Wahrnehmung unterschiedlichster Geräusche einerseits und der Belastbarkeit der Ohren andererseits. Auch die sozialen Kompetenzen werden gefördert. Wer gelernt hat, den anderen zuzuhören, kann sich besser in andere einfühlen, kann möglicherweise die eigenen Bedürfnisse besser ausdrücken und entwickelt eine bessere Streitkultur.
Wie in den einleitenden Vorbemerkungen schon erwähnt, sind dafür nicht nur regelmäßige Hörübungen, sondern auch ein gutes, allgemein akzeptiertes Regelsystem erforderlich, wie zum Beispiel die allgemeinen Gesprächsregeln oder spezielle „Erzählregeln“ (siehe Anhang).
Aus der Fülle der möglichen Hörübungen, seien hier nur ein paar wenige ausgewählt. Alle drei sind dem folgenden Werk entnommen:
Binder, S.; Hagen, M.; Kahlert, J. GanzOhrSein. Ein fächerübergreifendes Grundschulprojekt. Braunschweig
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