Der Weg zum Kraftfahrzeug Sachverständigen
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Der Weg zum Kraftfahrzeug Sachverständigen
Der Kfz-Sachverständige, Band 1
Nico Michaelis
books@dwzks.com
Copyright: © 2013-2018 Nico Michaelis
ISBN: 978-3-955773-04-5
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Dieses Werk, einschließlich aller darin enthaltenen Teile, unterliegt dem Urheberrechtsschutz. Alle Rechte vorbehalten.
1. DIE TÄTIGKEIT DES KFZ-SACHVERSTÄNDIGEN
1.1 CHANCEN UND RISIKEN
Schätzungsweise 5.000 selbständige Kfz-Sachverständige aller Fachrichtungen sind derzeit in der Bundesrepublik tätig. Der überwiegende Teil dieser Sachverständigen ist nicht öffentlich bestellt und vereidigt, etwa 1.500 sind in den Berufsverbänden organisiert.
Obwohl die Konkurrenz (besonders von Vereinigungen wie TÜV und DEKRA, aber auch von angestellten Prüfern der Versicherungsgesellschaften) nicht unerheblich ist, geben Fachleute dem erfahrenen Kfz-Experten durchaus Chancen. In besonderem Umfang gilt das für den Aufgabenbereich "Unfallrekonstruktion". Nur 5% der Kfz-Sachverständigen sind ausschließlich auf diesem Gebiet tätig, das auch erhöhte Anforderungen an die Fachkenntnisse stellt.
Die Fahrzeug- bzw. Schadensbewertung dagegen reizt zahlreiche Führungskräfte aus dem Kfz-Gewerbe, die in ihrem angestammten Tätigkeitsfeld in Handwerk und Industrie keinen angemessenen Arbeitsplatz finden. Die meisten Existenzgründer versuchen, eine wirtschaftlich tragfähige Existenz allein auf diesem Feld der Sachverständigentätigkeit aufzubauen. Zum einen lässt der Gebrauchtwagenmarkt einiges für den Sachverständigen erwarten, wie zum Beispiel verstärkte Kontrollaufgaben im Rahmen der verschärften Umweltschutzgesetzgebung. Auch die Bewertung von Leasingfahrzeugen nach Ablauf der Verträge, deren Zahl ebenfalls ständig steigt, fällt in dieses Aufgabengebiet. Hier sind nicht nur Pkws, sondern auch kostspieligere Lkws und Sonderfahrzeuge auf dem Markt.
Zum anderen sehen Praktiker in der Öffnung des § 29 und des § 19 der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) für freiberufliche Sachverständige neue Chancen. Der § 29 legte bisher die regelmäßige Untersuchung von Kraftfahrzeugen in die Hände des TÜV oder von ihm beauftragter Werkstätten. Schon die Einführung der unter TÜV-Hoheit ausgeführten freiwilligen Kfz-Überwachung hatte gezeigt, dass die Kunden durchaus bereit waren, den TÜV mit anderen Institutionen zu vertauschen. Aus der Öffnung des Par. 29 StVZO ergibt sich nun, dass die freien Sachverständigen ebenfalls die Kfz-Kontrolle und die Vergabe der Plakette vornehmen dürfen. Vor allem in ländlichen Regionen, wo die Kontrollstellen für den TÜV unrentabel sind, können freie Gutachter diese Aufgabe schneller und effizienter durchführen.
1.2 INFOS ZUM EUROPÄISCHEN BINNENMARKT
Für Fragen im Zusammenhang mit dem Europäischen Binnenmarkts ist das "Europa-Telefon" im Bundesministerium der Finanzen eingerichtet worden, bei dem Sie auch Adressen von EU-Beratungsstellen in Ihrer Region erfahren können.
Auch über die Banken erhält man Informationen über den Europäischen Binnenmarkt. GEBI, die EU-Beratungsstelle des Genossenschaftlichen Finanzverbundes, wurde für die Bedürfnisse der kleineren und mittleren Unternehmen gegründet. Die GEBI gibt diverse Broschüren und Monatsbriefe heraus und unterstützt Unternehmer bei der Beschaffung von Informationen über Märkte und Branchen in Europa, Investitionsmöglichkeiten und Fördermittel in den europäischen Ländern, Adressmaterial, Kontaktaufnahme mit Lieferanten und Abnehmern.
1.3 RECHTLICHE VORAUSSETZUNGEN
Die Bezeichnung Kfz-Sachverständiger oder Gutachter ist nicht gesetzlich geschützt. Jeder kann ohne besondere behördliche Erlaubnis oder Prüfung diese Bezeichnung führen. Der öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige dagegen, der Fachwissen, Unabhängigkeit und Unparteilichkeit gewährleisten soll, muss sich einer Prüfung bei der zuständigen Industrieund Handelskammer oder Handwerkskammer stellen.
Die Voraussetzungen für eine Vereidigung sind:
Vollendung des 30. Lebensjahrs,
Qualifikation als Kfz-Meister oder Diplom-Ingenieur bzw. eine vergleichbare Ausbildung,
ausreichende Praxiserfahrung im Fachbereich und als Sachverständiger
Prüfung der Fachkenntnisse durch einen Ausschuss der Kammer (sofern die Sachverständigenordnung dies vorsieht),
Vorlage bereits erstellter Gutachten.
Die Bestellung erfolgt auf Widerruf und wird von der zuständigen Körperschaft periodisch verlängert, wenn dem nichts entgegensteht. Ein Widerruf der Vereidigung kann zum Beispiel wegen eines Verstoßes gegen das Werbeverbot ausgesprochen werden oder auch, wenn gegen den Sachverständigen ein Strafverfahren angestrengt wird.
Die gewerberechtliche Einordnung des Kfz-Sachverständigen ist derzeit umstritten. Diplom-Ingenieure in dieser Funktion werden in der Regel als Freiberufler im Sinne des "beratenden Ingenieurs" eingestuft. Selbständige, die ihre Qualifikation im Handwerk erworben haben, werden von Finanzämtern aber aufgrund eines Urteils des Bundesfinanzhofs vom 18.6.1980 zunehmend als Gewerbetreibende behandelt und damit auch bei der Gewerbesteuer zur Kasse gebeten.
Ob man im Einzelfall ein Gewerbe anmelden muss oder nicht, sollte man beim zuständigen Finanzamt klären. Die Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit muss dem Gewerbeamt mitgeteilt werden. Zuständig ist die Stadt- oder Gemeindeverwaltung. Das Finanzamt muss über die Aufnahme der Geschäftstätigkeit informiert werden. Es erteilt dem Betrieb daraufhin eine Steuernummer. Freiberufler müssen also lediglich das Finanzamt benachrichtigen.
Werden Angestellte beschäftigt, so muss innerhalb von acht Tagen nach Betriebseröffnung die Berufsgenossenschaft verständigt werden, die alle Beschäftigten gegen Unfall und Berufskrankheiten versichert.
1.4 BERUFSBILD UND QUALIFIKATION
Die Bewertung eines Unfallschadens, die Rekonstruktion des Unfallgeschehens und damit die Ermittlung der Unfallursache sowie die Bewertung des technischen Zustands eines Fahrzeugs im weitesten Sinne gehören zu den Aufgaben von Kfz-Sachverständigen. Zur Erfüllung ihrer Pflichten benötigen sie umfassende technische Fachkenntnisse, verkehrs- und versicherungsrechtliches Wissen und die Fähigkeit, ihre Ermittlungen und Berechnungen in klarer, dem Laien verständlicher Sprache weiterzugeben. Insbesondere für die Klärung von Sachverhalten in gerichtlichen Auseinandersetzungen werden Sachverständige herangezogen.
Im Allgemeinen bringen Kfz-Sachverständige eine Ausbildung zum Kfz-Meister oder das Ingenieurstudium der entsprechenden Fachrichtung mit und haben schon Erfahrungen in der Praxis gesammelt, bevor sie sich selbständig machen. Die Praxis zeigt, dass Kfz-Meister oder Techniker hauptsächlich in der Bewertung von Unfallschäden oder in der Wertermittlung von Gebrauchtfahrzeugen tätig werden, während der Bereich Unfallrekonstruktion mathematische und physikalische Fachkenntnisse aus dem Hochschulstudium erfordert.
1.5 AUFNAHMEBEDINGUNGEN DER BERUFSVERBÄNDE
Ordentliches Mitglied in den Verbänden kann nur werden, wer sein fachliches Können nachgewiesen hat oder eine Prüfung vor einem verbandsinternen Fachausschuss abgelegt hat.
Bei der Sachkunde wird im Hinblick auf die späteren Tätigkeitsfelder zwischen "Kfz-Schäden", "Kfz-Bewertung" und "Unfallrekonstruktion" unterschieden.
Es werden Kfz-spezifische Kenntnisse im technischen Bereich, Fahrdynamik, Fahrzeug- und Karosseriebau, Richtmöglichkeiten, Lackierung, aber auch juristische und versicherungstechnische Grundkenntnisse verlangt.
Im Bereich Unfallrekonstruktion kommen naturwissenschaftliche Fragen hinzu.
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