Der Bewerber muss elementare Zusammenhänge in Festigkeitslehre, Statik und Dynamik kennen, Verfahren im Kfz-Bau, Funktion der Fahr- und Antriebsaggregate, Reifenkonstruktion und vieles mehr.
Daneben muss der Bewerber seine persönliche Zuverlässigkeit und Unabhängigkeit nachweisen und sich der Satzung und Ehrenordnung unterwerfen. Die Verbände fordern laufende Weiterbildung und unterstützen ihre Mitglieder mit dem Angebot eigener Seminare. Sie fördern auch die Bemühungen um eine öffentliche Bestellung durch die zuständigen Kammern und bieten Fachseminare an, die auf die Prüfung vorbereiten.
1.6 LEISTUNGSPROFIL UND AUFGABEN
Sachverständige werden benötigt zur Begutachtung von Schäden an Kraftfahrzeugen, Ermittlung von Schadensursachen und für die Rekonstruktion von Verkehrsunfällen. Hinzu kommt eine beratende Tätigkeit des Sachverständigen.
Die Unfallbegutachtung umfasst die Ermittlung der Instandsetzungskosten, die Festlegung einer eventuell eingetretenen Wertminderung bzw. Feststellung von Totalschäden mit Errechnung von Zeitwerten und Wiederbeschaffungskosten. Die Rekonstruktion des Unfallhergangs erlegt dem Sachverständigen eine besondere Verantwortung auf, weil vom Gutachten häufig der Ausgang gerichtlicher Strafverfahren und erhebliche wirtschaftliche Belastungen des Schuldigen abhängen.
In wesentlich geringerem Umfang wird der Sachverständige auch zur Beurteilung technischer Mängel herangezogen. Gutachten werden z.B. dann nötig, wenn bei Neuwagen während der Garantiezeit auftretende Mängelfragen mit der Lieferfirma oder dem Hersteller zu klären sind, um berechtige Ansprüche des Autokäufers durchsetzen zu können. Auch nach Werkstattreparaturen mit anschließend auftretenden Mängeln, die auf unsachgemäße Reparatur schließen lassen, können Sachverständige zur Entscheidungsfindung gerufen werden.
Kfz-Sachverständige können nicht über alle Fahrzeuge in gleichem Maße Detailkenntnisse besitzen. Daher findet man auch hier Spezialisierungen auf bestimmte Fahrzeugklassen oder -typen oder auf Teilbereiche der Fahrzeugtechnik. In der Praxis sind Sachverständige unter anderem mit den folgenden Spezialkenntnissen tätig:
Baumaschinen,
Krananlagen,
Container,
Kunststoffeinbauten,
Ölanalyse,
Oldtimer,
Reifen,
Schaustellereinrichtungen,
Schienenfahrzeuge,
Sonderfahrzeuge,
Sportboote,
Wohnmobile,
Caravans.
Einzelne Gutachter beschäftigen sich auch mit Randgebieten der KfzTechnik wie Arbeitssicherheit, Ausfallschäden, Lichttechnik, Betriebseinrichtungen oder Waschanlagen.
1.7 ERSTELLUNG VON GUTACHTEN
Bei der Erstellung von Gutachten oder der Sachverständigen-Aussage vor Gericht werden vom Sachverständigen neben der besonderen Kenntnis der fachlichen Zusammenhänge auch Klarheit und Präzision im Sprachgebrauch gefordert. Ganz einfach ist es für den Sachverständigen nicht, sich Laien verständlich zu machen; ein Problem, das er mit vielen Technikern teilt.
Der Kunde erwartet vor der Erstellung eines Gutachtens, dass ihm Erfolgschancen und Kostenrisiko klar aufgezeigt werden. Aufwendige Materialprüfungen für die Feststellung eines Fertigungsmangels oder Materialfehlers sind sinnlos, wenn rechtliche Ersatzansprüche an den Hersteller des betreffenden Teils keine Aussicht auf Erfolg haben. Dabei muss der Sachverständige darauf achten, keine unzulässige Rechtsberatung vorzunehmen.
Ein Gutachten in der Kfz-Bewertung enthält:
genaue Angaben über die Art des Auftrages, den Auftraggeber etc.,
genaue Angaben über die Besichtigung, Zustand des besichtigten Fahrzeugs (repariert oder nicht),
technische Daten des Fahrzeuges und alle Angaben, die den Zustand des Fahrzeuges vor dem Unfall betreffen,
Stellungnahme zum Fahrzeugwert vor dem Schadensfall zu einem anzugebenden bestimmten Stichtag,
Feststellung der Unfallschäden, voraussichtliche unfallbedingte Instandsetzungskosten, voraussichtliche Reparaturdauer bzw. Dauer der Wiederbeschaffung in Arbeitstagen,
Stellungnahme zur Wertminderung mit Begründung, Fragen, die bei der Regulierung ggf. zu beachten sind.
Für die Wert- bzw. Schadensermittlung werden die bekannten Marktberichte von DAT (Deutsche Automobil Treuhand GmbH) und Audatex und die Schwacke-Liste benutzt.
Ein Gutachten für die Rekonstruktion von Unfällen enthält:
genaue Angaben über den Auftrag und den Auftraggeber,
eine Aufstellung der für die Bearbeitung des Gutachtens verwendeten Unterlagen wie Polizeiskizze, Unfallfotos, Spurenverläufe etc.,
Daten des Unfalls, Daten des Fahrzeugs, der beteiligten Personen und die Untersuchung des Fahrzeugs, der Unfallphase, der Situation,
Fotos und Skizzen mit charakteristischen Positionen der beteiligten Fahrzeuge bzw. Personen und deren Geschwindigkeiten,
die Angabe und Erläuterung der für Berechnungen getroffenen Annahmen, z.B. Grenzwerte der Reibungswerte zwischen Reifen und Gegenständen und Fahrbahn, Grenzwerte der Beschleunigung und Verzögerung,
Wertung anderer objektiv gesicherter Feststellungen wie Fahrtenschreiber-Auswertung, Spurlängen, die Diskussion des vorliegenden Materials und etwaiger Diskrepanzen in der Aussage.
Erstellen eines unabhängigen und eigenverantwortlichen KfzSchadensgutachten, nach der Besichtigung bei der Reparaturwerkstatt, unter Beachtung der Verwertung für die Kfz-Werkstatt, Versicherung und natürlich des Kunden oder Anspruchstellers.
Dabei müssen in der Regel für alle Interessenten folgende Information aus dem Gutachten herauslesbar sein. Schlussendlich richten sich die Angaben und Untersuchungsergebnisse des Gutachtens jedoch nach der Aufgabenstellung oder dem Beweisbeschluss.
Art des Schadens (Haftpflichtschaden etc.)
Datum der Schadensentstehung (Unfallentstehung)
Schadenshöhe
Restwert
Wertminderungsansprüche des Geschädigten
Dauer der Reparatur
Dauer der Wiederbeschaffung
Kalkulation der benötigten Teile
Zu erwartender Arbeitsaufwand
Unfallrekonstruktion (je nach Sachlage)
Zustand des Fahrzeugs
Protokoll der Ortsbesichtigung (Besichtigungsort, Datum etc.)
Vorschäden
Plausibilität der Schäden
Benennung des Anspruchstellers und Versicherungsnehmers
Regulierende Versicherung oder Behörde
Versicherungsnehmer und Policennummer
Unterschrift und Stempel des Sachverständigen
Lackierkosten (sofern Lackschäden)
Die Rechnung selbst ist kein fester Bestandteil des Gutachtens. In vielen Fällen, vor allem bei einer Abtretung der Ansprüche des Auftraggebers an den Gutachter, wird die Rechnung über das Gutachten jedoch diesem beigefügt, damit die Versicherung die Gutachterkosten direkt an den Gutachter überweisen kann.
1.7 / 1 DIE BEGUTACHTUNG VON STRAßENVERKEHRSUNFÄLLEN
Staatsanwaltschaften und auch Straf- und Zivilgerichte sind oft die Auftraggeber für die Begutachtung von Straßenverkehrsgutachten. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die Feststellung der Geschwindigkeiten der Unfallbeteiligten. Denn nicht oft werden von den Unfallbeteiligten vollkommen unbefriedigende und falsche Angaben gemacht. Nicht immer ist der vordergründig schuldhafte Verkehrsteilnehmer am Unfall allein schuld.
BEISPIEL
An einer gleichberechtigten Kreuzung findet eine Kollision zweier Fahrzeuge statt. Der Verkehrsteilnehmer, der dem von rechts kommenden PKW die Vorfahrt genommen hat, ist vorerst an der Unfallentstehung schuld. Der Gutachter kann nun aber anhand von physikalischen Gesetzmäßigkeiten nachweisen, dass der von rechts kommende Verkehrsteilnehmer sich der Kreuzung mit einer unzulässig hohen Geschwindigkeit genähert hat. Somit trifft diesen Verkehrsteilnehmer eine Mitschuld.
1.7 / 2 GESCHWINDIGKEITSRÜCKRECHNUNG
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