Einmal brach die Sache offen aus. Volker überlegte: Wie war das doch gleich? Das muss im Juni dreiundfünfzig gewesen sein. Da schlugen sie den Brucks die Fensterscheiben ein. Der Vater tobte vors Haus und forderte den Rädelsführer zum Zweikampf. Nicht fairer Zweikampf entbrannte, sondern eine wüste Schlägerei. Die Randalierer zogen mit blauen Flecken und herben Brüchen ab. Der alte Bruck hatte eine Platzwunde am Kopf, die genäht werden musste. Zwei oder drei Tage später verhafteten sie fünf Mann aus Kerkow als Anstifter zum Umsturz. Der alte Bruck lobte sich die staatliche Macht. Ruhestörer gehören hinter Schloss und Riegel! Dingfest gemacht! Ein für alle Male!
Nur, da hatte er noch nicht mit der Logik der Praxis gerechnet. Eine Woche später oder waren es gar drei? Das erinnerte Volker nicht mehr genau. Es waren Sommerferien, die Kinder traten zur Erntehilfe an, die Frauen sammelten sich auf dem Feld, Vater teilte die Arbeit zu. Da fehlten genau fünf Männer für Lade- und Transportarbeiten. Der alte Bruck erfasste schlagartig die verheerenden Folgen einer Kette von Kurzschlussreaktionen. Seine Wunde am Kopf heilte sichtbar ab. Er musste die Männer zurückholen. Produktionsausfall konnte schwerwiegender sein als ein paar blaue Flecken. Die Stadt brauchte Nahrung, der Russe forderte Reparationen.
Der Vater rückte dem Kreisamt für Landwirtschaft auf die Bude und brüllte durch die Räume: „Ich will meine Leute wieder haben!“ Die distinguierten Sachbearbeiter versuchten zu schlichten, betonten die politische Tragweite, zumal im Schnellverfahren bereits einige Urteile gesprochen waren. Vater erhob ein riesiges Geschrei: Er würde den ganzen Laden zusammenschlagen und dann sein Amt als Vorsitzender niederlegen, wenn sie ihm seine Leute nicht zurückgeben. Am selben Nachmittag waren die fünf Männer wieder im Ort bei ihren Familien und am nächsten Tag bei der Arbeit. Vater beruhigte sich auch zu Hause noch lange nicht und sagte immer wieder: „Mir die besten Männer wegholen! Bei denen piepst es wohl! Wie soll man da den Plan erfüllen?“
Volker riss sich von seinen Gedanken fort und schaute sich im Raum um. Ein sauberes Zimmer, ein weiß bezogenes Bett, Blumen auf dem Tisch, zwei Stühle für Besucher … Das Letzte was einem Menschen bleibt. Mehr braucht man wohl nicht zum Sterben. Er schenkte dem greisen, stummen Vater einen mitfühlenden Blick und verließ das Pflegeheim. Die Frauen waren bereits heimgegangen. Er schlug die Richtung zu seinem Elternhaus ein. Der Hund Kira folgte unaufgefordert.
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