Begeistert war ich von der Idee, diese in Form eines Buches herauszugeben und so der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die ersten Briefe zeigen nämlich in einfacher Form, dass den jungen Hensoldt zunächst noch in hohem Maße die elementaren Dinge des Lebens, also sein leibliches Wohl und andere Primärbedürfnisse beschäftigten.
Am Verlauf des späteren Briefwechsels zeichnet sich ganz lebensnah die Entwicklung des jungen Moritz Hensoldt vom Mechaniker-Gesellen zu einem sehr der Präzision verbundenen, auch wissenschaftlich interessierten Optik-Fachmann ab, der neben der Qualität der Arbeit, einer hohen persönlichen Arbeitsmoral auch stets den wirtschaftlichen Aspekt im Auge behielt; die Voraussetzungen zur Gründung eines eigenen erfolgreichen Unternehmens waren gegeben.
Für alle Leser ergibt sich hier die seltene Gelegenheit, den Weg eines jungen Mannes aus dem vorletzten Jahrhundert, verfasst in dessen persönlichen Worten und geschichtlich wie wissenschaftlich detailgenau kommentiert von dessen Urenkelin Dr.Christine Belz-Hensoldt, mitzuerleben.
Dieses spannende Werk wird eine Bereicherung für geschichtlich und technisch interessierte Leute sein. Es ist darüber hinaus ein hervorragender Beitrag zur weiteren Detaillierung unserer Firmengeschichte, nämlich das Heranwachsen eines später erfolgreichen Unternehmens.
Frau Dr. Belz-Hensoldt gebührt an dieser Stelle unser besonderer Dank und hohe Anerkennung für dieses gelungene Kleinod historischer Darstellung.

(Günter Modrich)
Vorstand der Hensoldt AG Zeiss Gruppe
Zu den Aufgaben eines Oberbürgermeisters gehört es, von Zeit zu Zeit Geleit- und Vorworte für alle möglichen Bücher und sonstige Druckerzeugnisse zu schreiben. Das ist manchmal Lust, aber auch manchmal Last.
Im vorliegenden Fall, nämlich bei den frühen Briefen des jungen Moritz Hensoldt an seinen Vater Heinrich Christoph Hensoldt, war es Lust deswegen, weil es Spaß machte, diese Briefe zu lesen, die Entwicklung eines jungen Menschen zu beobachten und den optischen Sachverstand zu bewundern. Übrigens – auch all das Private, das in den Briefen zum Ausdruck kommt, der freundschaftliche Umgang mit seinem Vater und die präzise Beobachtungsgabe des jungen Moritz Hensoldt – war ungemein interessant für mich.
Es ist das große Verdienst von Frau Christine Belz-Hensoldt, dass dieses Buch im Jahr des 150-jährigen Bestehens der Firma Hensoldt erscheinen kann. Für ihre Mühe und den Mut, dieses Buch anzubieten, gebührt ihr Dank, persönlicher Dank des Oberbürgermeisters und der Dank der Stadt Wetzlar, zu deren Entwicklung die Firma Hensoldt einen wesentlichen Beitrag geleistet hat und noch leistet.
Zum Glück gab es damals weder Telefon noch e-mail, so dass man Briefe schreiben musste, um von Ort zu Ort zu kommunizieren, und es ist fast ein Wunder, dass die hier veröffentlichten Briefe erhalten geblieben sind. Wir sehen einen jungen Mann, der zielgerichtet auf seine Firmengründung zuging, zum Glück für unsere Stadt und die gesamte Region.
Ich bedanke mich noch einmal bei der Herausgeberin und wünsche dem Buch die Beachtung, die es, nach meiner Einschätzung, unbedingt verdient.

(Wolfram Dette)
Oberbürgermeister der Stadt Wetzlar
Saalfeld am 10ten Febr. 1839
Lieber Vater!
Deinen lieben Brief erhielt ich heute so wie das Kistchen u. danke für das mir Gesandte. Anbei erhaltet ihr meine schwarze Wäsche und verschiedene alte u. noch gute Kleider.
Von den beiden Rippelschen Familienwappen schreibt sich das eine wie das andere, u. ist das eine Thüringisch, das andere Preußisch Geschlecht (nicht schwäbisch.)
Ich kann heute nicht weiter schreiben, denn meine Coll. sitzen um mich herum u. karten u. machen großen Spektackel.
Grüßend
Moritz
Rückseite
Herrn
Sekretair Hensoldt
Wohlgeboren
in
Sonneberg mit
1 Kistchen
an der Seite, mit des Vaters Schrift:
Saalfeld 10./2. 39
Moritz
Unter der Adresse, mit Bleistift (schwer leserlich):
28/5 38 1 Pfd. Eisen à ??
1 a 3 ?) neu
1 a 2 ?) Guß ...
1 Einsatz..... zu 1 f 2 h
Betrachtet man diesen ersten von insgesamt 17 erhaltenen Briefen, die Moritz Hensoldt in der Zeit zwischen dem 10. Februar 1839 und dem 20. März 1843 an „den lieben Vater“ bzw. die lieben Eltern schreibt, ist an ihm vielleicht das Bemerkenswerteste, dass er vom Vater aufgehoben worden ist. Es ist, sieht man einmal von seiner Mitteilung zum Rippelschen Familienwappen ab, ein Brief, wie er seinerzeit gewiss von Hunderten junger Leute in gleichen Verhältnissen an die Eltern geschrieben wurde: die Eltern haben den Sohn mit frischer Wäsche und Nahrhaftem versorgt, der Sohn bedankt sich dafür und verschickt im Gegenzug getragene Wäsche und Kleidung — die Mutter wird's schon richten!
Wie im folgenden zu lesen sein wird, schien auch dieser erste Brief mir eines ausführlichen Kommentars würdig, denn er erzählt “zwischen den Zeilen“ unendlich viel mehr, als der Schreiber selbst uns in dürren Worten wissen lässt.
Carl Hensoldt, Moritz Hensoldts jüngster Sohn, hat in seiner Schrift „Das Hensoldt-Werk und seine Beziehungen zur allgemeinen Fernrohrtechnik“ [2] eine Abschrift des Lehrbriefes wiedergegeben, den der in Saalfeld ansässige H.S.M., also Herzoglich Sächsisch Meiningensche Münzmechanicus und Graveur Georg Andreas Wiskemann seinem Vater Moritz Hensoldt am 22.August 1841 ausgestellt hat. Es heißt darin u.a., dass
Bild 1: Wohn-und Verwaltungshaus der Saline Friedrichshall
„Carl Moritz Hensoldt aus Sonneberg bey mir vom 1. May 1837 bis heute als Mechanicus und insbesondere im mathematischen, physikalischen und optischen Fache, Unterricht erhalten hat und in diesen Wissenschaften ausgebildet worden ist.“
Als Moritz Hensoldt seinen Brief schrieb, war er etwas mehr als 17 Jahre alt. Geboren ist er in Friedrichshall beim thüringischen Lindenau am 11. November 1821. Damals war sein Vater Heinrich Christoph Hensoldt (*5.9.1781, +29.09.1859) Verwalter des Herzogs zu Sachsen-Hildburghausen an der dortigen Saline. Seine Mutter, Karoline Margarethe Engel (*8.10.1787, +1.3.1848) aus Hilkersdorf im südlich von Coburg gelegenen Itzgrund, war die zweite Ehefrau des Vaters, Carl Moritz Hensoldt ihr gemeinsamer dritter Sohn.
Bild 2: Inneres der Taufkirche M. Hensoldts in Lindenau
Bei seinem Lehrherren Georg Andreas Wiskemann ist er gemäß Lehrbrief seit knapp zwei Jahren, hat also seine Lehre in Saalfeld mit 15 ½ Jahren angetreten.
Moritz Hensoldt richtet seinen Brief an den Vater, „Herrn Sekretair Wohlgeboren in Sonneberg“, in allen folgenden Briefen tituliert er ihn „Verwaltungsamtssekretair“. Jetzt steht der Vater in den Diensten des Herzogs zu Sachsen-Meiningen und bezeichnet sich so selbst in den zahlreich erhaltenen Schriften jener Zeit.
Der Titel beschreibt nur recht ungenau die Tätigkeiten, denen Heinrich Christoph Hensoldt in Sonneberg alle nachgegangen ist, er selbst bezeichnet sich außerdem nämlich als „Verwaltungsamts-, auch Kirchen und Schulamtssecretair“[3]. Um diese Zeit ist er auch noch mit dem Verfassen eines Buches über Sonneberg beschäftigt [4].
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